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Der ICE-Täter arbeitete bei Verkehrsbetrieben Zürich

Der Mann, der am Montag einen Bub vor einen einfahrenden ICE gestoßen hat, war bei den Verkehrsbetrieben Zürich VBZ angestellt.

Heute Redaktion
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Ein Eritreer mit Wohnsitz im Kanton Zürich soll am Montag einen achtjährigen Jungen vor einen einfahrenden ICE gestoßen und getötet haben. Nun zeigen Recherchen von unserem Partnermedium "20 Minuten": Bei dem dreifachen Familienvater handelt es sich um den 40-jährigen H.A.*, der seit über zehn Jahren in der Schweiz lebt. Dieser arbeitete bei den Verkehrsbetrieben Zürich (VBZ) in einer Werkstatt.

Im Jahresbericht 2017 einer Integrationsorganisation wird H.A.* porträtiert. Horst Seehofer verwies in seiner Pressekonferenz auf die Publikation. Aus Sicht der Schweizer Behörden sei er gut integriert gewesen.

Laut dem Porträt hat A. in der Schweiz eine Familie gegründet und fast sechs Jahre lang in einer Bauschlosserei gearbeitet, dann aber wegen schlechter Auftragslage den Job verloren. Dank eines Coachings durch die Organisation kam er bei den VBZ unter.

In einem Interview mit der Betreuungsorganisation spricht A. über seine Zukunft: Privat wünsche er sich, dass seine drei Kinder ein besseres und leichteres Leben hätten als er. "Bei der Arbeit haben mir die VBZ eine Chance gegeben und ich möchte diese nutzen. Es wäre schön, wenn ich in 25 Jahren noch hier bin."

Er haben den Großteil seines Lebens mit Metall gearbeitet. "Metall ist Metall, aber die Technik war in Eritrea ganz anders." In Eritrea habe er die Arbeiten wie das Schweißen gelernt, indem er sie gemacht habe. An der Schweiz gefalle ihm fast alles: "Hier ist die erste Welt." Jeder könne essen und die Existenz sei gesichert.

Auch sein Jobcoach kommt im Heft zu Wort. Die Betreuerin erzählt, sie sei von seinen Deutschkenntnissen mit Niveau B1 beeindruckt gewesen. Der Wille und die Motivation des Familienvaters wieder eine Festanstellung zu finden, seien spürbar gewesen. Sie charakterisiert ihren Schützling: "Vom Charakter her ist er zurückhaltend und ein wenig schüchtern. Zusammen haben wir reflektiert, wie das auf Arbeitgebende wirken kann."

Der Jobcoach erinnert sich im Interview auch an die Verlängerung eines sogenannten Qualifizierungsprogramm bei der VBZ, von dem sie ihn überzeugen wollte: «Ich spürte bei ihm plötzlich eine Programm-Müdigkeit und auch eine Resignation, weil seine vielen Bemühungen erfolglos blieben. Er sagte zu mir: ‹Ich kann nicht mehr.›» Mit Gesprächen habe sie ihn auch unterstützt, als er niedergeschlagen war. «Während dieser schwierigen Zeit hat er seinen Gemütszustand übrigens nie am Arbeitsplatz gezeigt.»

Für die NGO war A.H. das Musterbeispiel einer gelungenen Integration. "Dass nun ausgerechnet eine so gut integrierte Person eine solche Tat verübt haben soll, schockiert uns", sagt die Sprecherin.

Der mutmaßliche Täter lebt seit 2008 legal in der Schweiz, er hatte Asyl gewährt bekommen. Auch war er im Besitz einer Niederlassungsbewilligung. Dazu muss man mindestens fünf Jahre in der Schweiz leben. In der Schweiz soll er zuletzt allerdings seine Nachbarin bedroht, sie eingesperrt und gewürgt haben. Sein Aufenthalt in Deutschland lege laut Polizeipräsident Dieter Romann die Vermutung nahe, dass er auf der Flucht war.

Weder die VBZ noch die Kantonspolizei Zürich gaben gegenüber "20 Minuten" eine Stellungnahme ab.

* Name der Redaktion bekannt

(mr/20 Minuten)