Petrol-Head-Bekehrer

Der Kia EV6 GT bietet Porsche-Power zum halben Preis

Der neue Kia EV6 GT leistet 585 PS und kostet rund 75.000 Euro. Doch ist der Koreaner sein Geld wert? "Heute" hat den Elektro-Bomber getestet.

Maxim Zdziarski
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    Der Kia EV6 GT kostet rund 75.000 Euro.
    Der Kia EV6 GT kostet rund 75.000 Euro.
    Heute

    Der Kia EV6 wurde als elektrischer Crossover für Familien konzipiert. Doch die Koreaner haben der Familienkutsche einen 585 PS starken Elektroantrieb, ein modifiziertes Fahrwerk und 21 Zoll große Räder spendiert. Die brachiale Kraft wird auf alle vier Räder übertragen – wer auf das Ganze gehen will, kann sogar einen versteckten Driftmodus aktivieren. Ungeübte Autofahrer sollten davon aber lieber die Finger lassen – es hat einen Grund, warum der Fahrmodus nur mit einer bestimmten Tastenkombination einschaltbar ist.  

    Hingucker mit voller Ausstattung

    Außen präsentiert sich der EV6 GT futuristisch. Die aggressive Front sorgt auf Autobahnen für Überholprestige auf der linken Spur – bei der Heckansicht scheiden sich allerdings die Geister. Während einige die durchgezogene Lichtleiste feiern, runzeln andere ihre Stirn. Fakt ist jedoch: Niemand geht an diesem Auto gleichgültig vorbei. Nicht umsonst hat das Design mehrere Awards gewonnen. 

    Die Serienausstattung ist für 75.390 Euro sehr umfangreich: Wer sich für den Kia EV6 GT entscheidet, bekommt von Haus aus eine 360-Grad-Kamera, zwei 12,3-Zoll-Bildschirme, das Meridian-Soundsystem und 21-Zoll-Alufelgen spendiert. Kollisionswarner, Spurhaltesysteme, adaptive LED-Scheinwerfer und Sportsitze mit giftgrünen Nähten sind ebenfalls an Bord. Da bleiben kaum noch Wünsche übrig. Einzig und allein das Glasschiebedach (1.500 Euro) und diverse Lackierungen (700-800 Euro) kosten Aufpreis.

    Guter Grund zum Bremsen: Man kann wieder beschleunigen!

    Aber kommen wir zu den Fahreindrücken, denn wegen ihnen entscheidet man sich schließlich dieses Auto zu kaufen. 585 PS und 740 Newtonmeter Drehmoment katapultieren den Kia in 3,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h – erst bei 260 ist dann Schluss. Die Leistung wird aus zwei E-Motoren an den beiden Achsen gespeist. Der Hintere hat übrigens eine eigene Wasser- und Ölkühlung.

    Beim Kick-Down sollte man genügend Platz auf der Straße haben, denn man glaubt nicht, wie schnell sich der EV6 GT dem vorderen Fahrzeug nähern kann. Bereits im Fahrmodus "Normal" sollte hier mit Bedacht beschleunigt werden, sonst wird's unter Umständen teuer. Der Kia hat bei Vollgasstellung nämlich noch so viel Kraft, dass bei etwa 50 km/h leichter Schlupf (trotz Allrad) am Lenkrad spürbar ist. Die 740 Nm pressen die Insassen schlagartig in den Sitz und lösen bei ihnen regelrechte Glückshormone aus. Achterbahn-Feeling pur!

    Wer es etwas ruhiger angehen möchte, kann im Eco-Modus ganz entspannt dahingleiten. Den sollte man im Alltagbetrieb bei nasser oder schneebedeckter Fahrbahn auch vorzugsweise wählen. Alles andere macht aufgrund des rutschigen Untergrunds schlichtweg wenig Sinn. 

    Reichweite: Genug.

    Rund 420 Kilometer Reichweite sollte der EV6 GT schaffen – im realen Leben sind es bei winterlichen Verhältnissen eher 300. Gönnt man sich dann auch noch einige Beschleunigungsorgien, schmilzt die Reichweite natürlich. Aber das soll hier nur der Form halber erwähnt werden. In Wahrheit interessiert es nämlich spätestens nach dem ersten Gaspedal-Stoß niemanden mehr, ob er nun 280, 300 oder 350 Kilometer schafft. Der Spaß steht hier im Vordergrund. Und wenn man den Kia dann doch aufladen muss, geht dies an einer Schnellladesäule dank des 800-Volt-Systems in 18 Minuten von 10 auf 80 Prozent. Noch Fragen?

    Das sportlich-straff abgestimmte Fahrwerk lässt den Kia gut auf der Straße liegen, ohne dass sein Besitzer einen Bandscheibenvorfall bekommt. Die Sportsitze bieten ausreichend Seitenhalt und geben dem Fahrer das Gefühl, im Auto integriert zu sein. Leider lassen sich diese nur manuell verstellen. Im Innenraum geht es mit dem modernen Design weiter – trotzdem sind die Funktionen und Schalter alle ergonomisch angeordnet. Auch bei der Verarbeitungsqualität kann man nicht meckern: Alcantara, veganes Leder und hochwertige Kunststoffe machen einen guten Eindruck. 

    Besonders positiv überrascht hat uns der Platz im Fond, denn von außen glaubt man kaum, wie viel Beinfreiheit in der zweiten Riehe tatsächlich gewährleistet wird. Im Kofferraum setzt sich das üppige Volumen mit 480 Litern Fassungsvermögen fort. 

    Fazit: Der EV6 GT kann zum Bekehrer werden

    Eingefleischte Petrol-Heads behaupten oft, Elektroautos seien emotionslos fahrende Staubsauger. Dem muss an dieser Stelle vehement widersprochen werden: Jeder von ihnen sollte sich einmal in den Kia EV6 GT setzen und ihn ausgiebig fahren. Die negative Einstellung gegenüber der E-Technik dürfte sich nach einer kurzen Spritztour sehr schnell ändern.

    Die rote Elektro-Rakete aus Korea beweist nämlich, dass Elektroautos alles andere als langweilig sein müssen. Sie können gut aussehen, hervorragend verarbeitet sein und unfassbar viel Spaß machen. Der EV6 GT ist nicht nur der stärkste Kia aller Zeiten, er bietet auch noch Porsche-Perfomance zum halben Preis. 

    zdz
    Akt.
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