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Der neue "Joker", ein Schlächter Scherz

Klopfklopf. Wer da? Joaquin Phoenix als tickende Zeitbombe im Stil von "Taxi Driver".

Heute Redaktion
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Eine Gesellschaft definiert, worüber sie lacht. "Joker" spielt zwar in der Zeit der flimmernden Schwarz-weiß-Fernseher, doch die TV-Shows gibt es schon, die arme Teufel zur allgemeinen Belustigung bloßstellen. Und die Halbstarken sowieso, die sich köstlich darüber amüsieren, Fremde auf offener Straße niederzuprügeln.

Arthur Fleck (brillant, aber auch anstrengend: Joaquin Phoenix) ist in dieser Welt ein Fußabtreter. Weil er als Berufsclown Freude schenken will und dafür nur Hohn erntet. Weil er seine irre Lache nicht unter Kontrolle hat – vielleicht ein Andenken an ein Hirntrauma, vielleicht ein Indiz dafür, dass man lachen muss, wenn man nicht mehr weinen kann.

Als ihn seine "negativen Gedanken" zu verschlingen drohen, sucht Arthur verzweifelt nach Hilfe, doch niemand hört zu. Die kranke Mutter (Frances Conroy) und die hübsche Nachbarin (Zazie Beetz) haben ihre eigenen Sorgen. Dem Sozialdienst fehlt das Geld, um Medikamente und Therapiestunden zu bezahlen. Die hohen Tiere in der Stadtverwaltung scheren sich ohnehin nicht um den Pöbel. Arthur driftet ab. Seine neuen Gags schreibt er mit einer Pistole im Hosenbund.

Der Trailer von "Joker":

DC, realitätsnah und makaber wie nie

Die Comicwurzeln von "Joker" machen in den Händen von Regisseur und Co-Drehbuchautor Todd Phillips Platz für eine grausig aktuelle Version von "Taxi Driver". Damals spielte Robert De Niro (in "Joker" in einer Nebenrolle als Talkshow-Host zu sehen) den schrägen Außenseiter, der seine aufgestaute Wut mit einer Magnum entlädt und dafür schließlich sogar als Held gefeiert wird.

Während der Taxler Travis bereitwillig in den Abgrund sprang, klammert sich Clown Arthur mit aller Kraft an der Kante fest. Als man ihm dann auf die Finger trampelt, reißt er eine ganze Stadt mit sich nach unten. Die heißt wie schon in "Taxi Driver" New York, spielt neben Joaquin Phoenix die zweite Hauptrolle und ist so unverkennbar, dass die Gotham-Straßenschilder fast schon befremdlich wirken.

New York als Gotham ist eine Parade-Megacity, ein seelenfressender Moloch, ein gut gedüngter Nährboden für Elend und Hass. Hier wächst der grausamste aller Bösewichte heran. Nicht einer, der keinen Spaß versteht. Sondern einer, der nur noch Spaß versteht. Dass die blutigste Szene des Films zugleich die witzigste ist, kann kein Zufall sein. Achtung: Zum Totlachen!

Die Comicwurzeln

Obwohl man den neuen "Joker" selten als Comicverfilmung erkennt, ist er auch eine (vom Quellmaterial abweichende) Origin-Story. Ein Sequel wird man sich voraussichtlich zwar verkneifen, doch der Film funktioniert als universelle Grundlage für alle Joker, die bisher im Kino zu sehen waren – Jared Letos Version des Schurken in "Suicide Squad" vielleicht ausgeschlossen.

Da ergibt es durchaus Sinn, auch den jungen Bruce Wayne (Dante Pereira-Olson) in das Drama einzubauen. Dass er an der Feuerwehrstange von seinem Baumhaus rutschen darf, dürfte vor allem Fans der klassischen Bat-Cave ein Schmunzeln entlocken.

Papa Thomas Wayne (Brett Cullen) hat schon eine größere Rolle, sammelt als Gothams stinkreicher Bürgermeister-Anwärter aber nicht gerade Sympathiepunkte. Kurz tauchen noch Butler Alfred (Douglas Hodge) und das Arkham Asylum auf, ansonsten stechen keine Comic-Referenzen ins Auge. Vor dem Finale zumindest...

Fazit:

"Joker" startet am 11. Oktober in den österreichischen Kinos.

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