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Deshalb richtet Facebook nun Ethik-Komitee ein

Um richtig mit Hassrede und Fake News auf seiner Plattform umzugehen, hat Facebook ein unabhängiges Ethik-Komitee eingerichtet. 

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Facebook Symbolbild
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Im Kampf gegen Fake News auf seiner Website hat Facebook dieses Jahr ein sogenanntes Oversight Board, also ein Ethikkomitee eingerichtet, welches sich mit Härtefällen auseinandersetzen soll. Die ersten 20 Mitglieder des Gremiums hat Facebook bereits im Mai bekannt gegeben, darunter die ehemalige dänische Premierministerin Helle Thorning-Schmidt, der frühere «Guardian»-Chefredaktor Alan Rusbridger, die Friedensnobelpreisträgerin Tawakkol Karman und der kenianische Menschenrechtsaktivist Maina Kiai.

Im Dezember hat das Oversight Board offiziell seine Arbeit aufgenommen. Ziel ist es, dass sich Nutzer in Streitfällen an das Gremium wenden können, wenn sie glauben, dass einer ihrer Posts zu Unrecht von Facebook entfernt worden ist. Das Board bespricht daraufhin diese Fälle und hat 90 Tage Zeit, um der Entscheidung von Facebook recht zu geben oder allenfalls die Löschung des Posts rückgängig zu machen.

Erste sechs Fälle

Seit Oktober haben Nutzer rund 20.000 Fälle beim Gremium eingereicht. Nun hat das Board aus dieser Fülle an Einsendungen erstmals sechs ausgewählt, die es näher betrachten möchte. Da es sich um die ersten Fälle handelt, die offiziell vom Gremium beurteilt werden, hat es sich dazu entschlossen, die Fälle zu anonymisieren und öffentlich zu machen, damit Inputs von Internet-Usern eingeholt werden können. Bei der Auswahl habe man vor allem darauf geachtet, dass diejenigen Einsprüche berücksichtigt wurden, die für möglichst viele Nutzer aus aller Welt relevant sind oder eine entscheidende Bedeutung für den öffentlichen Diskurs haben.

Zu diese Fällen gehört beispielsweise ein Post, der ein Nutzer aus Brasilien auf Instagram geladen hatte. In diesem waren acht Bilder zu sehen, die verschiedene Brustkrebssymptome aufzeigen. Fünf dieser Bilder zeigten deutlich erkennbare und nicht abgedeckte weibliche Brustwarzen. Auf den restlichen Bildern war zwar eine nackte Brust, nicht aber die Brustwarze zu sehen. Facebook hat den Beitrag entfernt, da er gegen die Richtlinien zu Nacktdarstellung und sexuellen Handlungen von Erwachsenen verstößt. Der Nutzer, der das Bild hochgeladen hatte, stellt gegenüber dem Oversight Board aber klar, dass der Beitrag im Rahmen der Brustkrebs-Informationskampagne "Rosa Oktober" veröffentlicht worden ist.

Kritik an Behörden

Ein weiterer Nutzer meldete einen Beitrag zum Thema Covid-19, der von Facebook gelöscht worden war. Video und Text enthielten die Beschreibung eines angeblichen Skandals um die französische Regulierungsbehörde für Gesundheitsprodukte. Die Behörde habe angeblich die Genehmigung für den Einsatz von Hydroxychloroquin und Azithromycin bei Covid-19-Infektionen verweigert, aber Werbemails für Remdesivir erlaubt.

Der Nutzer kritisierte das Fehlen einer Gesundheitsstrategie in Frankreich. Das Video wurde etwa 50.000 Mal aufgerufen und weniger als 1000 Mal geteilt. Facebook hatte den Beitrag entfernt, da er gegen die Richtlinie zu Gewalt und Anstiftung zu Gewalt verstoße. Auf der Website des Komitees heißt es: "In seiner Stellungnahme an das Oversight Board sagte Facebook, der Fall zeige exemplarisch die Probleme, die auftreten, wenn Offline-Schäden durch Falschinformationen über die Corona-Pandemie verhindert werden sollen."

"Hassrede" und "gefährliche Personen"

Ein weiterer Post, der dem Gremium gemeldet wurde, zeigt Screenshots zweier Tweets, in denen der ehemalige malaysische Premierminister Mahathir Mohamad sagte, Muslime hätten "das Recht, wütend zu sein und Millionen von Franzosen für die Massaker der Vergangenheit zu töten". Facebook hat den Beitrag entfernt, da er gegen die Richtlinie zu Hassrede verstößt. Der Absender des Posts wandte jedoch ein, dass er mit dem Post nicht seine eigene Meinung habe verbreiten, sondern darauf hinweisen wollen, wie "schrecklich die Worte des ehemaligen Premierministers" gewesen seien.

Als vierten Post stellt das Komitee zwei Fotos eines toten Kindes an einem Strand vor. Im Begleittext wurde gefragt, warum China nicht für seine Behandlung uigurischer Muslime zur Verantwortung gezogen werde. Außerdem wurde auf die syrische Flüchtlingskrise verwiesen. Facebook hat den Post entfernt, da er gegen die Richtlinien zu Hassrede verstoße. Der Nutzer gibt jedoch an, sein Beitrag sei als Kritik an denjenigen gedacht, die den Mörder des Kindes verteidigen, und er wolle unterstreichen, dass Menschenleben wichtiger als religiöse Ideologien seien.

Die zwei letzten Posts, die das Gremium veröffentlicht hat, zeigen einerseits angebliche historische Fotos von Kirchen in Baku und werfen die Frage auf, was mit den Kirchen passiert sei, andererseits beinhalten sie ein angebliches Zitat des NSDAP-Reichspropagandaleiters Joseph Goebbels. Der Nutzer, der das Zitat gepostet hatte, wendet ein, dass der Inhalt des Zitats wichtig sei, egal, wer es gesagt habe. Facebook entfernte es allerdings, weil es gegen die Richtlinie zu gefährlichen Personen und Organisationen verstoße.

Bis 8. Dezember

Jeder dieser Fälle wurde einem fünfköpfigen Panel zugewiesen, das nun innerhalb von 90 Tagen eine Entscheidung fällen muss. Sobald dies geschehen ist, ist Facebook verpflichtet, diese umzusetzen – also gegebenenfalls die Löschung der Posts wieder rückgängig zu machen. Außerdem muss das Unternehmen öffentlich zu den Vorschlägen des Boards Stellung nehmen.

Auf der Website des Gremiums heißt es: "Ein wesentlicher Bestandteil des Überprüfungsverfahrens des Oversight Boards ist die Einholung von weiteren Informationen und Meinungen von Experten und Organisationen, die zur Entscheidungsfindung beitragen können." Dem Gremium sei es wichtig, eine Vielfalt an externen Perspektiven in den Überprüfungsprozess einzubringen. Zu diesem Zweck habe man das öffentliche Kommentarsystem eingerichtet, über das man Experten zum Thema und interessierte Gruppen einlade, relevante Forschungsergebnisse und Informationen beizutragen, die dem Oversight Board bei der Überprüfung konkreter Fälle helfen könnten.

Diese öffentliche Kommentarfunktion ist sieben Tage lang, also bis am 8. Dezember 2020 aktiv.

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