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"Destiny 2: Lightfall" im Test – Schatten über Shooter

Der Kampf zwischen Licht und Dunkelheit geht mit dem Shooter-DLC "Destiny 2: Lightfall" ins Finale. Zum titelgebenden Licht kommt aber auch Schatten.

Rene Findenig
"Destiny 2: Lightfall" im Test – Schatten über Shooter
"Destiny 2: Lightfall" im Test – Schatten über Shooter
Bungie

"Destiny 2" schreibt unbestritten seit 2017 eine Erfolgsgeschichte und versorgt die Shooter-Fans immer wieder mit großen Updates und spannenden Erweiterungen. "Destiny 2" machte im Vergleich zum Vorgänger vieles neu und fast alles besser. Das begann schon bei der Missionsauswahl, bei der man nicht Punkte auf einer Karte auswählte, sondern auf die man beim tatsächlichen Erkunden einer lebendigen Umgebung stieß. Das Game bekam dadurch einen ganz neuen Open-World-Stil, wie er bisher nur wenigen Titeln vorbehalten war. Das Gameplay bestand nicht mehr aus einem Abarbeiten von Missionszielen.

Andererseits hatte das digital-atmende Open-World-Szenario auch einen zusätzlichen Reiz: Es macht die Welt von "Destiny 2" glaubwürdiger. Der Kampf tobte um den Spieler herum, auch wenn er sich gerade nicht daran beteiligte, und sorgte immer wieder für Überraschungen. Etwa, wenn man sich durch die Europäische Todeszone schoss und plötzlich ein Event startete, das eine neue Fraktion in den Kampf warf. Bei "Destiny 2" war nichts vorhersehbar, aber alles actiongeladen. Dazu gehörte auch, dass sich in Solo-Missionen einfallende Fraktionen nicht nur gegen den Spieler, sondern auch gegeneinander stellten.

Erweiterungen führten die Story konsequent weiter

Vorbei war auch die Zeit, in der Gegnerwellen als simples Kanonenfutter herhielten. In "Destiny 2" wurde gehörig an den Kampfmechaniken geschraubt. Feinde in Massen gab es zwar noch immer, die Kämpfe zeigten sich aber fordernder und gleichzeitig realistischer. Feinde waren aktiver, suchten Deckung und griffen aus dem Hinterhalt an, statt stur auf den Spieler zuzurennen und Schaden zu schlucken. Gleichzeitig brauchte es kein Dauerfeuer mehr, die flinken Feinde wurden mit gezielten Salven in die Knie gezwungen. Neue Super-Angriffe brachten zusätzliche Action-Würze ins grandiose Spiel.

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    "Destiny 2: Lightfall" bringt nicht nur eine ganz neue Handlung, sondern krempelt auch das Gameplay des Shooters anständig um. Neue Ausrüstungen, ein neues Element, ...
    "Destiny 2: Lightfall" bringt nicht nur eine ganz neue Handlung, sondern krempelt auch das Gameplay des Shooters anständig um. Neue Ausrüstungen, ein neues Element, ...
    Bungie

    In der Story von "Destiny 2" war die Menschheit einer Invasion der Kabale unter ihrem Anführer Dominus Ghaul in die Hände gefallen, dem Kommandanten der brutalen Rotlegion. Er hatte den Hütern der Stadt ihre Macht entzogen und die Überlebenden in die Flucht geschlagen. Die Spieler bereisten mehrere Planeten des Sonnensystems, gewannen Verbündete, entdeckten ein Arsenal an Waffen und neuen Kampffertigkeiten. Um ihre Heimat zurückzuerobern, musste die Rotlegion fallen. Sechs Erweiterungen steigerten nicht nur die Charakter-Levels des Spielers, sondern spannen auch die Story fort.

    "Lightfall" krempelt das "Destiny"-Gameplay ordentlich um

    Besonders beachtenswert war dabei "Shadowkeep", die erste Erweiterung von Entwickler Bungie nach der Trennung von Activision.  Dieser Erweiterung startete die bis heute anhaltende Geschichte des Kampfes des Lichts gegen die Dunkelheit. Mit den späteren Erweiterungen durften Spieler dabei auch die "dunklen" Mächte nutzen und nicht nur auf ihre "Licht"-Kräfte zurückgreifen. Nun ist die Erweiterung "Lightfall" erschienen und schickt den Kampf Licht gegen Dunkelheit in sein Finale. Die Erweiterung öffnet Spielern den Neptun als Schauplatz und startet die Offensive der "Zeugen" auf das Sonnensystem. 

    "Lightfall" bringt aber nicht nur eine ganz neue Handlung, sondern krempelt auch das Gameplay des Shooters anständig um. Neue Ausrüstungen, ein neues Element, ein härterer Schwierigkeitsgrad, ein neues Mod-System, ein überarbeitetes Herstellungs-System für Waffen und Loadouts stellen das gewohnte Gameplay auf den Kopf. Doch zuerst zur eigentlichen Handlung: Zu Beginn der Kampagne stellt sich der Traveler – die mysteriöse Kraftquelle der von den Spielern gesteuerten Guardians – selbst dem neuen Gegner, dem "Zeugen" und der Armee von Anführer Calus. Das geht natürlich gehörig schief.

    Der actiongeladenen Geschichte fehlt eindeutig der Tiefgang

    Mit der Gefangennahme des Travelers stehen nur noch die Guardians auf der Seite des Lichts, um den Zeugen aufzuhalten und eine Katastrophe zu verhindern. Die letzte Hoffnung scheint dabei am Neptun zu finden zu sein, wo ein mysteriöser Schleier entdeckt wurde. So spannend sich die Handlung der Kampagne auch anhört – mit den bisherigen Erweiterungen kann sie dieses Mal qualitativ nicht mithalten. Die Geschehnisse in "Lightfall" wirken zu bemüht actiongeladen und lassen gleichzeitig die spannenden Wendungen und kleinen Mysterien vermissen. Motive, warum Figuren so handeln, gibt es kaum.

    Lichtblick der Story bleibt das große Comeback des Schurken Calus aus dem Hauptteil von "Destiny 2", der Rest wirkt wie ein eher schlecht als recht aufgesetztes Gerüst auf diesen Plot. Dabei wären die Grundzutaten für eine hervorragende Geschichte vorhanden: Ein rätselhafter Schleier als Superwaffe? Leider fehlen die Details, was ihn so besonders macht. Die neue, futuristische Stadt Neomuna? Wirkt seltsam unbewohnt und mit generischen Gebäuden gefüllt. Einige neue Charaketere? Bleiben durch belanglose Dialoge und fehlende Hintergrundgeschichten vollkommen blass. Schade, schade.

    Auch die neue Klasse ist nicht ganz konsequent umgesetzt

    Wobei nicht alles Schatten in "Lightfall" ist, denn ausgezeichnet spielen sich die neuen Missionen und Herausforderungen. Die neuen Level sind abwechslungsreich und bieten einen guten Mix aus Shooter- und Plattformer-Passagen. Hinzu kommen die wöchentlichen Aktivitäten und Strikes, die frischen Wind in die Aktivitäten bringen. Auch wenn es hier spielerisch keine großen Neuerungen gibt, bekommt man mehr vom tollen Alten. Aber: Das Shooter-Gameplay trägt zwar einen großen Teil des DLCs und macht auch viel Spaß, doch braucht man dafür nicht unbedingt die neue Erweiterung.

    Etwas mehr Konsequenz hätten wir uns schließlich beim neuen Element, der Strang-Klasse gewünscht. Statt Granaten dürfen Spieler nun auf einen Enterhaken setzen, mit dem sie durch die Level schwingen oder sich zu Gegnern ziehen können. In der Kampagne funktioniert das dank extra für diesen Einsatz umgesetzte Schauplätze auch fantastisch, mit überraschend schneller Fähigkeits-Auslösung. Davon ist aber nach der Kampagne, wenn man die neue Klasse für die übrigen Modi freigeschaltet hat, nichts mehr zu sehen. Die Abklingzeit der Fähigkeit ist plötzlich hoch, der Einsatz ziemlich eingeschränkt.

    "Destiny 2: Lightfall" im Test – Schatten über Shooter

    Die Loadout-Funktion von "Lightfall" ermöglicht es nun, sich die Klasse jeweils nach Spielstil anzupassen. So kann man auch den Enterhaken gegen klassische Granaten austauschen und Gegner damit kurzzeitig lähmen. Das offenbart aber auch ein Balancing-Problem: Einerseits gibt man dadurch selbst die Spezialfähigkeit der neuen Charakter-Klasse auf, andererseits schränkt man sie aber auch bei gegnerischen Spielern fast komplett ein. Ganz warm werden wir dadurch mit der neuen Klasse noch nicht – und würden uns eine Balancing-Nachbesserung seitens der Entwickler wünschen.

    Vieles neu, aber nicht alles überzeugend – "Destiny 2: Lightfall" kommt insgesamt leider nicht an die Qualität der bisherigen Erweiterungen und des Hauptspiels heran. Zu uninspiriert wirkt die Handlung, zu oberflächlich die Umsetzung. Und auch der neuen Charakter-Klasse fehlt die letzte Konsequenz. Dabei wären in allen Bereichen die Zutaten für eine exzellente Shooter-Erweiterung vorhanden gewesen. So bleiben die Stärken von "Lightfall" die Missionen und Herausforderungen – das solide und spektakuläre Gameplay kann man aber auch ohne die Erweiterung mit dem Hauptspiel und den anderen DLCs erleben.