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Deswegen landete erste Frau am elektrischen Stuhl

Der elektrische Stuhl war gerade einmal zehn Jahre alt, als die erste Frau darauf hingerichtet wurde. Martha Place beging zuvor einen grausamen Mord.

Martha Place wurde 1899 für den Mord an ihrer Stieftochter zum Tode verurteilt. (Polizeibild aus dem Gefängnis Sing Sing)
Martha Place wurde 1899 für den Mord an ihrer Stieftochter zum Tode verurteilt. (Polizeibild aus dem Gefängnis Sing Sing)
PD

Als am 20. März 1899 im berüchtigten Gefängnis Sing Sing im US-Bundesstaat New York zum zwölften Mal der elektrische Stuhl unter Strom gesetzt wurde, machte das Schlagzeilen im ganzen Land. Denn erstmals wurde eine Frau auf diese Art hingerichtet, was die Scharfrichter vor besondere Herausforderungen stellte. Es war die verurteilte Mörderin Martha Place, die von der Presse auch "Brooklyn Murderess" genannt wurde.

Martha Place, die zum Zeitpunkt ihrer Hinrichtung 49 Jahre alt war, wuchs in Millstone im US-Bundesstaat New Jersey auf. Mit 23 Jahren erlitt sie ihren ersten Schicksalsschlag. Sie wurde am Kopf von einem Schlitten getroffen und verletzt. Davon soll sie sich laut ihrem Bruder nie mehr so richtig erholt haben. Trotzdem heiratete Martha und brachte einen Sohn zur Welt. Doch ihr Mann verließ die Familie bald und starb später, wodurch Martha gezwungen war, ihren Sohn zur Adoption freizugeben.

Martha Place heiratet zum zweiten Mal

Martha fand schließlich Arbeit als Haushälterin bei einem Witwer namens William Place im New Yorker Stadtteil Brooklyn. Als die beiden heirateten, wurde Martha Place die Stiefmutter von Williams Tochter Ida. Damit nahm das Unglück seinen Lauf. Denn Martha Place wurde zunehmend eifersüchtig auf ihre Stieftochter.

"Sie glaubte, dass ihr Mann seine Tochter mehr liebte als sie", schrieb die "New York Times". Ihre Eifersucht sei dann schnell in Hass auf das kleine Mädchen umgeschlagen. "Als das Kind zur attraktiven jungen Frau und der Gegensatz zu ihr immer größer wurde, nahm der Hass eine aktive Form an", so die Zeitung. Bald ging Martha Places Missgunst in Gewalt über.

Ein fataler Streit bricht aus

Am Morgen des 7. Februar 1898 brach im Hause Place ein Streit aus, in dem Ida sich auf die Seite ihres Vaters stellte. Als William schließlich zur Arbeit musste, war es um Ida geschehen. Martha Place gab später zu Protokoll, dass Ida wie immer für ihren Vater Partei ergriffen und ihr die Türe vor der Nase zugeschlagen habe. "Das machte mich so wütend, dass ich Säure vom Schreibtisch meines Mannes holte und sie ihr ins Gesicht schüttete."

Daraufhin will Martha Place sie in Ruhe gelassen haben. Doch eine Obduktion ergab, dass sie Ida wohl anschließend mit einem Kissen erstickte. Nach der Tat ergriff Martha Place eine Axt, die sie im Keller gefunden hatte, und wartete auf die Rückkehr ihres Mannes. "Ich hatte Angst, dass er mir etwas antun würde", sagte sie der Polizei.

Kaum war William wieder zu Hause, griff sie ihn mit der Axt an. Während William blutend auf die Straße flüchtete und um Hilfe schrie, versuchte sich die Mörderin in der Küche mit Gas das Leben zu nehmen. Ohne Erfolg. Die Polizei war schnell vor Ort und verhaftete sie.

Der Mordprozess sorgt für Schlagzeilen

Ihr Prozess im Juli 1899 schlug hohe Wellen. Reporter aus den ganzen USA berichteten vom Sensationsprozess und hielten sich auch mit wenig schmeichelhaften Charakterisierungen von Martha Place nicht zurück. So beschrieb sie die "New York Times" als ungerührt und mit einem Gesicht, das "an eine Ratte erinnert". Place wurde schließlich des Mordes schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt. Ihr Verteidiger bat den neuen Gouverneur von New York, den späteren US-Präsidenten Theodore Roosevelt, um Gnade, doch der wollte nichts davon wissen.

Und so kam es am 20. März 1899 in Sing Sing zu einer Premiere. Zwar waren seit der Einführung des elektrischen Stuhls 1890 bereits elf Männer darauf hingerichtet worden, aber noch nie eine Frau. Für die Scharfrichter war es denn auch nicht ganz einfach, Place für die Exekution herzurichten. Sie mussten zuerst ihr dichtes, grau meliertes Haar zurückschneiden, damit sie die Elektroden an ihrer Stirn anbringen konnten. Ihren langen Rock schnitten sie so auf, dass sie die Elektroden an ihren Knöcheln anbringen konnten, ohne diese zu entblößen, was damals noch als anrüchig galt. Die Hinrichtung vor 18 Zeugen sollte schließlich sittsam ablaufen.

1.760 Volt beenden Leben von Martha Place

Die letzten Worte von Place waren: "So helfe mir Gott", dann durchfuhren 1.760 Volt ihren Körper, Sekunden später war sie tot. Die "Times" aus Washington berichtete am nächsten Tag in einem ausführlichen Bericht, dass es die "bisher erfolgreichste Hinrichtung in Sing Sing" gewesen sei und dass sie "menschenwürdig getötet" worden sei.

Martha Place mag die erste Frau gewesen sein, die auf dem elektrischen Stuhl starb, doch es folgten ihr viele mehr. Insgesamt wurden in den USA zwischen 1890 und 2010 4.374 Personen auf diese Art hingerichtet, wie eine Studie von 2014 zeigt. Die bisher letzte Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl fand im Februar 2020 in Tennessee statt.