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Arzt kritisiert Wien-"Tatort": "Deshalb sterben Leute"

Bei ihrem letzten TV-Einsatz bekamen es Neuhauser und Krassnitzer mit der Organ-Mafia zu tun. Nun kritisiert ein deutscher Profi den Austro-"Tatort".

Heute Redaktion
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Das erfolgreiche "Tatort"-Duo Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) bekommt es mit illegalem Organhandel zu tun.<br>
Das erfolgreiche "Tatort"-Duo Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) bekommt es mit illegalem Organhandel zu tun.
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Während "Tatort"-Fans am vergangenenen Wochenende beim neuen Fall von Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) mitfieberten, hinterlässt die Krimifolge beim Mediziner Prof. Bruno Meiser laut "Bild"-Zeitung einen fahlen Nachgeschmack. Die TV-Cops in der Episode "Unten" bekamen es diesmal mit illegalem Organhandel zu tun, dem vor allem Obdachlose zum Opfer fielen.

Fachärzte kritisieren "Tatort"-Folge

Nach Meinung des Facharztes nach würden "solche reißerischen Filme" nicht nur "große Verunsicherung" in der Bevölkerung schüren, sondern auch die Bereitschaft zur legalen Organspende deutlich mindern und gefährden. Wegen solcher Filme würden "indirekt" auch viele Tausend Menschen "auf der Warteliste versterben", erklärt der Mediziner drastisch.

Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) untersucht in der "Tatort"-Folge "Unten" den Tod eines Obdachlosen, der in die Fänge der Organ-Mafia kam.<br>
Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) untersucht in der "Tatort"-Folge "Unten" den Tod eines Obdachlosen, der in die Fänge der Organ-Mafia kam.
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Außerdem sei ihm ein Fall, wie er in dieser "Tatort"-Episode gezeigt werde, bislang noch nie unter gekommen. "Dann müssten die Täter eine eigene Intensivstation und OPs haben, die Tötung müsste dort erfolgen", so Meiser im "Bild"-Interview. Ein Szenario, das für den Transplantations-Experten "völlig ausgeschlossen" ist.

ORF verteidigt fiktive Erzählung

Auch seine Kollegin Birgit Blome von der Deutschen Stiftung Organtransplantation ist der gleichen Meinung. "Ich persönlich finde es sehr schade, dass Organspende in solchen Filmen immer gerne mit in den Kontext von Kriminalität und Organhandel gebracht wird", kritisiert sie, während eine ORF-Sprecherin daran erinnert, dass es sich bei "Tatort" um eine fiktive Erzählung handelt. Konkret heißt es gegenüber "Heute": "Es ist ein fiktionaler Film, der – wie jede andere fiktionale Produktion – die Möglichkeit der erzählerischen Überhöhung bietet, die Frage nach dem Realismus am Ende des Films ist daher dementsprechend zu beantworten." In der Geschichte gehe es parabelhaft darum, wie sehr und wie rasch der wegfallende soziale Status dazu führt, dass Personen aus der gesellschaftlichen Wahrnehmung geraten. "Dass Menschen in ihrer gesamten Existenz immer weniger als Individuen mit Bedürfnissen und Rechten angesehen werden, sobald ihnen Status, Wohlstand, Bleibe und Würde genommen sind, steht im Zentrum dieses Falls und wird im Showdown dramatisch zugespitzt", so das Statement.

Bei einer solchen Produktion kann zur Unterhaltung des Publikums schon mal bei der Erzählung und Darstellung übertrieben werden. Den "Tatort"-Fans dürfte es trotzdem gefallen haben: Immerhin schalteten laut teletest 926.000 gestern Abend ein. Mit durchschnittlich 9,23 Millionen Zuseherinnen und Zusehern und einem Marktanteil von 26 Prozent avanciert „Unten“ beim deutschen Publikum übrigens zum beliebtesten der 2020 gezeigten ORF-„Tatort“-Krimis.

Die beiden TV-Cops Bibi (Adele Neuhauser, re.) und Moritz (Harald Krassnitzer, li.) verhören Jonathan "Indy" Lechner (Michael Steinocher).<br>
Die beiden TV-Cops Bibi (Adele Neuhauser, re.) und Moritz (Harald Krassnitzer, li.) verhören Jonathan "Indy" Lechner (Michael Steinocher).
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