Politik

Die Mietpreisbremse fällt im Ausland komplett durch

Wohnungsmieten dürfen in Österreich pro Jahr nur noch um fünf Prozent steigen. In der Schweiz ist nicht einmal der Mieterverband davon begeistert.

20 Minuten
Obwohl die Mieten in der Schweiz hoch sind, findet eine Mietpreisdeckelung wie in Österreich dort kaum Anklang.
Obwohl die Mieten in der Schweiz hoch sind, findet eine Mietpreisdeckelung wie in Österreich dort kaum Anklang.
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Die österreichische Regierung hat die Preise für Mietwohnungen gedeckelt: Sie dürfen 2024, 2025 und 2026 pro Jahr nur noch um maximal fünf Prozent steigen. Ohne die Maßnahme (siehe Box) würden die Mieten für einige Wohnungen um 15 Prozent steigen, sagt die Regierung, die so gegen die Inflation ankämpft.

1,2 Millionen Menschen sollen von Mietpreisdeckel profitieren
"Wir wollen die Menschen entlasten und das Leben leistbar halten", sagt Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zum Mietpreisdeckel. Er werde für 75 Prozent aller Mietverhältnisse gelten. Die österreichische Mietervereinigung erklärte, 425.000 Mieterhaushalte fielen nicht unter den Deckel. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) zufolge profitieren rund 1,2 Millionen Haushalte von der Maßnahme.

Wäre ein solcher Mietpreisdeckel auch in der Schweiz sinnvoll? Unsere Kolleginnen und Kollegen von "20 Minuten" haben sich in der Immo-Branche umgehört – das sagen der Mieterverband, der Hauseigentümerverband und ein Chefökonom zur Begrenzung von Mieten.

Das sagt der Mieterinnen- und Mieterverband

Der Mieterinnen- und Mieterverband findet es positiv, dass sich die Behörden in Österreich gegen hohe Mieten einsetzen, aber:

- Die Genehmigung von Mieterhöhungen bis zu fünf Prozent sei für die Schweiz nicht die ideale Lösung, sagt Verbandspräsident Carlo Sommaruga.
- Schuld an den hohen Mieten in der Schweiz seien in erster Linie die überhöhten Renditen.
- Ein weiteres Problem sei, dass es in der Verantwortung der Mieterinnen und Mieter liege, sich gegen die steigenden Mieten zu wehren – doch diese seien damit oft überfordert.
- Viele Mietparteien getrauten sich gar nicht, ihre Rechte einzufordern, so komme es zu missbräuchlichen Mieten.
- Die Schweiz brauche darum einen automatischen Kontrollmechanismus der Mietzinse und der Renditen.
- Auch die Schaffung von mehr gemeinnützigem Wohnraum sei sinnvoller als ein Mietpreisdeckel.

Das sagt der Hauseigentümerverband

Der Hauseigentümververband findet eine Mietpreisdeckelung aus folgenden Gründen nicht sinnvoll:

- Ein jährliches Plus von über fünf Prozent bei den Mieten gebe es in der Schweiz nur sehr selten und dann auch nicht flächendeckend, sagt Verbandsökonom Adrian Spiess auf Anfrage.
- Das hiesige System sehe auch Mietzinsreduktionen bei Kostensenkungen vor, zum Beispiel bei einer Senkung des hypothekarischen Referenzzinssatzes.
- Die Bestandesmieten seien schon jetzt gut geschützt und gingen nur rauf, wenn der Referenzzinssatz steige, oder bei wertvermehrenden Investitionen.
- Lege man fest, dass man die Miete pro Jahr um maximal fünf Prozent erhöhen dürfe, setze das für die Vermieterinnen und Vermieter einen Anreiz, das auch zu tun.
- In Genf und Basel habe es schon ähnliche Experimente gegeben, doch die hätten zu einer tieferen Bauaktivität geführt, was sich für die Mietenden am Ende negativ ausgewirkt habe.
- Eine Deckelung könnte dazu führen, dass die Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer weniger in Sanierungen investieren, die Mieterschaft wolle aber moderne und gut ausgebaute Wohnungen.

Das sagt der Chefökonom

Auch Fredy Hasenmaile, Chefökonom von Raiffeisen Schweiz, gibt sich auf Anfrage skeptisch:

- Eine Deckelung habe nur kurzfristig den gewünschten Effekt, langfristig führe sie zu höheren Mieten, da weniger in Neubauten investiert würde.
- Das Hauptproblem – das knappe Angebot an Wohnungen – löse eine Mietpreisdeckelung eben gerade nicht.
- Ein Mietpreisdeckel führe zwangsläufig zu einer Rationierung, denn künstlich tiefe Preise bewirkten eine Übernachfrage. Wer würde über die Zuteilung entscheiden?
- Der Bund könnte Haushalte mit geringem Einkommen auch direkt finanziell unterstützen, das sei effizienter und zielgerichteter.
- Die Schweiz sei föderal organisiert, eine landesweite Regelung für alle Kantone sei kaum zielführend.
- Der Bundesrat könnte eine Mietpreisdeckelung nicht einfach verordnen, es bräuchte dafür eine Anpassung des Mietrechts, und es gäbe sicher eine Referendumsabstimmung.

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    Verena B. (2 v. li. hinten) mit zehn weiteren Betroffenen.
    Verena B. (2 v. li. hinten) mit zehn weiteren Betroffenen.
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