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Die "Swing States": Hier fällt die Entscheidung

Heute Redaktion
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Bild: EPA

Abendliche Anrufe, Besuche an der Haustür und endlose Fernsehspots: Im Finale des US-Wahlkampfs konzentrieren sich die Helferteams der beiden Kandidaten auf eine überschaubare Zahl von Wählern. Nach diversen Berechnungen dürften es landesweit letztlich 900.000 Wahlberechtigte sein, deren Votum für die landesweite Entscheidung von ausschlaggebender Bedeutung ist. Kurz gesagt: die "Swing States" entscheiden über sein oder nicht sein.

Abendliche Anrufe, Besuche an der Haustür und endlose Fernsehspots: Im Finale des US-Wahlkampfs konzentrieren sich die Helferteams der beiden Kandidaten auf eine überschaubare Zahl von Wählern. Nach diversen Berechnungen dürften es landesweit letztlich 900.000 Wahlberechtigte sein, deren Votum für die landesweite Entscheidung von ausschlaggebender Bedeutung ist. Kurz gesagt: die "Swing States" entscheiden über sein oder nicht sein.

Nach Schätzungen der Politologin Lynn Vavreck von der Universität von Kalifornien und anderer Wahlrechtsexperten macht der Anteil der noch immer unentschiedenen Wahlberechtigten etwa 3 Prozent aus. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit sind sogenannte "Swing States" wie Ohio oder Florida. Im Gegensatz zum demokratisch geprägten Kalifornien oder dem republikanischen Texas dürfte in den "Swing States" die Entscheidung der Mehrheit äußerst knapp und unberechenbar ausfallen.

11 von 50 Bundesstaaten könnten entscheiden

Nach allgemeiner Einschätzung werden die Staaten Florida, Ohio, Virginia, Colorado, Iowa, Pennsylvania und New Hampshire zu den entscheidenden "Swing States" gezählt. Zusammengenommen gibt es dort etwa 34 Millionen Wahlberechtigte. Ein Teil von ihnen dürfte bereits im Vorfeld der Wahl abgestimmt haben. Der Rest summiert sich nach Vavrecks Berechnungen auf 900.000 Wahlberechtigte. Zum Vergleich: Bei der Wahl 2008 gab es landesweit insgesamt etwa 230 Millionen wahlberechtigte US-Bürger.

Die umkämpften 11 der 50 US-Staaten stehen für 146 der insgesamt 538 Wahlmänner. Präsident wird, wer mindestens 270 von ihnen für sich gewinnt. Relevant sind dafür vor allem die bevölkerungsreichen "Swing States", denn sie stellen besonders viele Wahlmänner: Florida (29), Pennsylvania (20) und Ohio (18). Die Erfahrung zeigt: Wer nicht mindestens zwei dieser Staaten gewinnen kann, wird nicht Präsident. Obama holte 2008 alle drei Staaten.

Die Schlüsselrolle von Ohio

Unter den Swing States kommt Ohio eine herausgehobene Bedeutung zu. Der letzte Präsident, dem es gelang, ohne einen Sieg in Ohio ins Weiße Haus einzuziehen, war John F. Kennedy im Jahr 1960. Im aktuellen Wahlkampf hat der Amtsinhaber Barack Obama seit Jahresbeginn mehr als ein Dutzend Mal Ohio besucht. Herausforderer Mitt Romney verbrachte im Oktober eine ganze Woche dort. Mit 11,5 Millionen Einwohnern und einer Mischung aus städtischen und ländlichen Gebieten ist der Staat im mittleren Westen ein Mikrokosmos der USA.

Die Demoskopen erfassen stets zwei Elemente: den nationalen Trend und den in den einzelnen Bundesstaaten. Ersterer ist wichtig für die Wahlkampfzentralen, um eventuelle Schwächen im Image der Kandidaten ausmachen und ändern zu können. Die Wahl aber wird eben in den Bundesstaaten entschieden.

Was passiert bei "too close to call"?

Fällt ein Wahlergebnis eng aus, gelten in den "Swing-States" unterschiedliche Gesetze: In Florida und Colorado müssen Stimmen nachgezählt werden, wenn der Unterschied zwischen den beiden Kandidaten 0,5 Prozent oder weniger beträgt. In Ohio muss der Abstand dagegen nur bei 0,25 Prozent liegen. Das könnte umgerechnet eine Differenz von weniger als 20.000 Stimmen sein. In Iowa, New Hampshire, Nevada, Virginia und Wisconsin müssen dagegen die Kandidaten eine Nachzählung selbst in Gang setzen.

Viele Freiwillige laufen für ihren Kandidaten

In Virginia sind demokratische Freiwillige aus der benachbarten, demokratischen Hauptstadt Washington, D. C. unterwegs, um 13 Wahlmännerstimmen zu sichern. In Wisconsin wollen Obamas Leute die seit 1988 demokratisch wählenden Wahlmänner halten. Und in Michigan (16 Wahlmänner) hofft Obama auf Dankbarkeit für die Autoindustrie-Rettung.

Kleinste Veränderungen in Umfragen und Prognosen entscheiden über die Vergabe von Millionen US-Dollar für TV-Spots oder Telefonaktionen. Wer im republikanischen Georgia, in South Dakota oder Tennesse wohnt, wird weder Obama noch Romney zu Gesicht bekommen – so wenig wie die Bürger der demokratischen Staaten Kalifornien, Illinois oder New York. Dort findet der Wahlkampf 2012 so gut wie nicht statt. Demokraten wie Republikaner legen ihre ganze Kraft in die "Swing States".