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Armut und Flucht als verkitschter Märchenfilm

Heute Redaktion
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"Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Kleiderschrank feststeckte" dreht sich um Aja, der mehr oder weniger durch Zufall die halbe Welt bereist.

Obwohl Romain Puértolas' Roman "Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Ikea-Schrank feststeckte" (2013) in den Beststeller-Listen landete, kam er bei den Kritikern nicht gut an. Nun wurde das Werk von dem kanadischen Regisseur Ken Scott ("Delivery Man") als Kinofilm adaptiert.

Erzählt wird in der französisch-amerikanischen Koproduktion die Geschichte des jungen Ajas (Bollywood-Star Dhanush), der in Mumbai als Fakir und Taschendieb sein Geld verdient. Sein größter Traum ist es eines Tages seinen Vater zu treffen. Doch seine Mutter will mit der Sprache nicht herausrücken, wer sein Erzeuger ist. Erst nach ihrem Tod entdeckt er eine Spur, die nach Paris führt.

Mit gefälschtem Reisepass und einem 100-Euro-Schein macht sich Aja kurzerhand auf den Weg in die französische Hauptstadt. Seine erste Station ist das schwedische Einrichtungshaus Ikea, in der er sich Hals über Kopf in die Amerikanerin Marie (Erin Moriarty) verliebt. Doch so schnell sehen sie sich die beiden nicht wieder, denn Aja schläft in einem Kleiderschrank ein, der per Lastwagen nach London transportiert wird. Von dort geht es dann weiter nach Barcelona, Rom und Libyen.

Trailer zum Film

Seichter Märchenfilm ohne Tiefgang

Was am Anfang noch amüsant und witzig ist, entpuppt sich als große Enttäuschung. Schauspielerisch überzeugt der Film genauso wenig wie storytechnisch.

Nahezu jedes Klischee wird erfüllt: Der französische Taxifahrer Gustave hat in seinem Wagen einen Schalter für Touristen und Einheimische, der italienische Ex-Mann der Filmdiva Nelly ist ein eifersüchtiger italienischer Macho und die indischen Straßenkünstler bestehlen Touristen.

Bollywood im Flüchtlingslager

Auch ansonsten ist der Film an Abstrusität nicht zu überbieten. Besonders skurril wird es, als das Thema Migrationsproblematik aufgriffen wird. Die Situation der Flüchtlingslager in Libyen wird völlig verharmlost. Da wird gemeinsam gesungen, Karten gespielt und gelacht - von Elend und Armut keine Spur.

"Hauptsache man hat einander" so die Botschaft. Irgendwann treibt dort zwar eine böse Bande sein Unwesen, doch das Problem ist gelöst, als ein Flüchtling die Übeltäter erschlägt (... und wieder ein Klischee). Regisseur Ken Scott legt noch einen drauf, als Aja an Flüchtlinge Geldscheine verteilt, deren Probleme danach alle gelöst sind.

Kein Ikea-Werbefilm

Absurd ist auch Ajas übertriebene Liebe zu dem schwedischen Möbelhaus, die im Film immer wieder thematisiert wird. Wer übrigens glaubt, dass in dem Film fleißig Werbung für das Einrichtungshaus Ikea gemacht wird, irrt sich. Der Möbelgigant hat nämlich keine Einwilligung gegeben und wird daher im Film nie namentlich erwähnt.

Fazit: Ein seichter Märchenfilm ohne Tiefgang, der bei ernsten Themen wie der Migrationsproblematik kläglich versagt.

"Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Kleiderschrank feststeckte" startet am 30. November in den österreichischen Kinos. (LM)

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