Österreich

Die Zeitung als Waffe des Proletariats

Im Karl-Marx-Hof dreht sich alles um das Thema "Presse und Proletariat" und die Bedeutung von Medien für die junge Arbeiterbewegung.

Heute Redaktion
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Die eigene Zeitung war für die Arbeiterbewegung nicht nur Informationsmedium. Sie fungierte als Werkzeug der Organisation, als Verheißung einer "besseren Welt" – und als Waffe.

Über die Medien der Sozialdemokratie und ihre Bedeutung gibt es derzeit eine Sonderausstellung im Waschsalon im Karl-Marx-Hof (Döbling). Unter dem Motto "Presse und Proletariat. Sozialdemokratische Zeitungen im Roten Wien" läuft die Schau bis 8. April 2018.

Start für die "Arbeiter-Zeitung"

Nach Inkrafttreten des liberalen "Preßgesetzes" im Jahr 1848 entstanden in ganz Österreich innerhalb kürzester Zeit mehr als 300 periodische Druckwerke – darunter 86 Tageszeitungen. Die ersten Zeitungen, die sich mit Arbeiterfragen beschäftigten, trugen so klingende Namen wie "Der Ohnehose", "Der Proletarier" oder "Der Radikale". Doch erst mit der "Arbeiter-Zeitung" gelang es Victor Adler ab 1889 ein Blatt herauszugeben, das den Titel "Zentralorgan der österreichischen Sozialdemokratie" auch verdiente...

"Kampf gegen die Ausbeuterklasse"

"In jedem Lande ist die Leistung eines Arbeiterblattes unausgesetzter Kampf: Kampf gegen die Ausbeuterklasse und ihre Organe, Kampf gegen die Übergriffe einzelner Ausbeuter, Kampf gegen den Feind, den wir am tiefsten hassen, gegen den systematisch gezüchteten, mit allen gesetzlichen und ungesetzlichen Mitteln aufrechterhaltenen Unverstand der Massen", erklärte Victor Adler die politische und erzieherische Aufgabe der Arbeiterpresse. In der Ersten Republik entwickelte sich die "Arbeiter-Zeitung" unter ihrem Chefredakteur Friedrich Austerlitz zum politisch führenden und auch international beachteten Blatt, zum "Herz, Hirn, Zentralnervensystem der gesamten Bewegung", so der Autor Jacques Hannak.

Publikationen für verschiedene Zielgruppen

Daneben entstand im neuen "Vorwärts-Verlag" an der Rechten Wienzeile eine Reihe weiterer Publikationen: Für die weibliche Leserschaft gab es die "Arbeiterinnen-Zeitung", "Die Frau" und "Die Unzufriedene" mit dem Motto "In der Unzufriedenheit liegt der Fortschritt der Menschheit!". Für den "kleinen Mann" erscheint "Das Kleine Blatt" mit der Comicfigur Tobias Seicherl, dem Prototyp des rabiaten, antimarxistischen und zutiefst opportunistischen Kleinbürgers, für Kinder gibt es das Kinderland. Die Bilderzeitung "Der Kuckuck" avanciert bald zur mit Abstand modernsten Illustrierten des Landes, theoretische Aufsätze finden sich in der Monatsschrift "Der Kampf".

Victor Adler definierte im ersten Heft die Ziele: "Wir haben kein Bedürfnis, eine Arena für theoretische Turniere zu eröffnen, aber wir brauchen dringend ein Organ der Selbstverständigung, einen Boden für unbefangene und nicht verpflichtende Meinungsäusserung, für den Austausch von Gedanken, die noch lange nicht bindende Parolen sind, eine Werkstatt für die innere Arbeit der Partei an sich selbst."

Darüber hinaus verfügten auch die einzelnen Gewerkschaften sowie die zahlreichen der Sozialdemokratie nahestehende Vorfeld- und Unterorganisationen – wie die Naturfreunde, die Arbeiter-Esperantisten oder die Arbeiter-Radfahrer – über eigene Publikationen.

Kuratoren-Führungen im Waschsalon

Kuratoren-Führungen gibt es am 28. September, am 12. Oktober und am 19. Oktober, der Eintritt plus Führung kostet sieben Euro.

Alle Infos zur Ausstellung unter: www.dasrotewien-waschsalon.at

(gem)