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Diese strittigen Punkte enthält der Migrationspakt

Keine Staatsgelder für hetzerische Medien, tiefere Visa-Hürden und günstige Geldüberweisungen: Darum geht?s im UNO-Pakt.

Heute Redaktion
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Weltweite Mindeststandards für den Umgang mit Zuwanderern: So lässt sich das Ziel des umstrittenen UNO-Migrationspakts umreißen. Kritiker wie Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) befürchten, dass mit dem Pakt faktisch ein "Menschenrecht auf Migration" geschaffen und die Souveränität Österreichs untergraben würde. Die Regierung wird den Pakt deshalb nicht unterzeichnen, das will man heute im Ministerrat offiziell verkünden – lesen Sie mehr dazu hier.

Doch worum geht es in der Vereinbarung im Detail? Wir haben 10 Kernaussagen für Sie zusammengefasst.

Hauptziel des Pakts ist es, eine "sichere, geordnete und reguläre Migration" zu erleichtern. Migranten sollen also mehr Möglichkeiten erhalten, auf legalem Weg in ein anderes Land zu gehen und dort Arbeit zu finden.

Rechtlich nicht bindend

In voller Länger heißt der UNO-Vertrag "Globaler Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration". Er beinhaltet eine Reihe von abstrakteren Leitlinien sowie 23 konkrete Maßnahmen. Rechtlich ist der Pakt allerdings nicht bindend – auch für die Staaten, die ihn tatsächlich unterschreiben.

Dazu beitragen sollen unter anderem Freizügigkeitsabkommen zwischen den Staaten oder Visa-Liberalisierungen. Auch die Entwicklung spezieller Arbeitsprogramme für Migranten ist vorgesehen. Insbesondere in Bereichen, in denen Arbeitskräftemangel herrscht, sollen Zuwanderer bessere Chancen auf einen Job erhalten – befristet oder auch unbefristet.

Im Gegenzug sollen die Auswirkungen der irregulären Migration bekämpft werden.

Migrationspolitik soll nicht auf Emotionen, sondern auf Fakten basieren. Darum werden die Staaten aufgefordert, detaillierte Daten zur Zuwanderung zu erheben –aufgeschlüsselt nach Geschlecht, Alter, Migrationsstatus und weiteren relevanten Faktoren. Ziel: Migrationstrends genauer zu erkennen und Vergleiche zwischen den Ländern anstellen zu können.

Auch in der öffentlichen Debatte sollen nicht die Emotionen den Ton angeben. Deshalb sollen etwa Journalisten dafür sensibilisiert werden, objektiv und unabhängig über die Migrationsthematik zu schreiben. Dies unter "voller Achtung der Medienfreiheit", wie es im Pakt heißt. Allerdings wird dafür plädiert, dass Medien, die "systematisch Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und andere Formen der Diskriminierung gegenüber Migranten fördern", keine öffentlichen Fördergelder (mehr) erhalten.

Ziel sei ein Diskurs, der zu einer "realistischeren, humaneren

und konstruktiveren Wahrnehmung von Migration und Migranten führt", schreiben die Verfasser des Pakts.

"Migration sollte nie ein Akt der Verzweiflung sein", heißt es im Pakt. Es gelte, in den Herkunftsländern politische, wirtschaftliche und soziale Bedingungen sowie Umweltbedingungen zu schaffen, unter denen die Menschen in Würde leben können. Ein besonderes Augenmerk legt die Vereinbarung dabei auf die Verhinderung von Naturkatastrophen und die Eindämmung des Klimawandels.

Auch die Migranten selber sollen zum Aufschwung ihrer Länder beitragen. Dies, indem sie ihre Kenntnisse weitergeben und sich in der Heimat politisch beteiligen – aber auch mit finanziellen Zuwendungen. Aus diesem Grund sollen die Transaktionskosten für Geldüberweisungen gesenkt werden. Heute fallen für Überweisungen ins Heimatland oft happige Zuschläge an – künftig sollen die Gebühren auf unter drei Prozent gesenkt werden.

Den Tod von Migranten verhindern – auch dafür sprechen sich die Unterzeichner des Pakts aus. Vorgesehen sind Such- und Rettungseinsätze, "deren primäres Ziel es ist, das Recht von Migranten auf Leben zu schützen". Gefährliche Migrationsrouten sollen erkannt und die nötigen Gegenmaßnahmen getroffen werden.

Kommt es zu Todesfällen, sollen die Leichen identifiziert und entsprechend der Wünsche der trauernden Familien ins Herkunftsland zurückgebracht werden.

Schlepper müssen laut dem Pakt strafrechtlich verfolgt und bestraft werden. Auch Maßnahmen zur Prävention von Menschenhandel sind vorgesehen. Gleichzeitig appelliert die UNO an die Regierungen, Hilfe aus rein humanitären Gründen nicht als rechtswidrig zu erachten. Dies steht im Kontrast zur Position von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), welcher die privaten Seenotretter faktisch mit Schleppern gleichgesetzt hatte.

Migranten dürfen grundsätzlich nicht eingesperrt werden. Ein Freiheitsentzug ist nur als "letztes Mittel" vorgesehen, wenn es keine andere Alternative gibt. Kommt es in Einzelfällen zu einer Internierung, darf diese nicht willkürlich erfolgen und auf keinen Fall der Abschreckung dienen. Der Freiheitsentzug muss möglichst bald wieder beendet werden, zudem haben die Migranten Anrecht auf eine kostenlose – oder zumindest bezahlbare – unabhängige Rechtsberatung.

Die Staaten sollen sicherstellen, dass alle Menschen über die notwendigen Dokumente verfügen, um sich auszuweisen. Dazu gehören auch Personenstands-, Geburts- und Heiratsurkunden. Der Pakt schlägt vor, die Reisedokumente international zu vereinheitlichen, um so die Anerkennung zu erleichtern und Identitätsbetrug zu verhindern.

Die Zuwanderer sollen zu "aktiven Mitgliedern" der Gesellschaft werden. Vollständig integrierte Migranten seien besser in der Lage sind, zum Wohlstand eines Landes beizutragen, heißt es im Pakt. Die Staaten sollen dafür sorgen, dass die Eingliederung in den Arbeitsmarkt gelingt und Familienzusammenführungen möglich werden.

Ein spezielles Augenmerk legt die Vereinbarung auch auf die Rolle von Frauen und Mädchen. Sie sollen in ihrer "Unabhängigkeit, Handlungsfähigkeit und Führungsrolle" gestärkt werden. Politik und Gesellschaft sollen davon wegkommen, Migrantinnen primär aus der Opferperspektive zu sehen.

Der Zugang zum Gesundheits- und Bildungswesen sowie zu anderen "Grundleistungen" muss gewährleistet sein. Wer in einem Land arbeitet, hat dort Anrecht auf Sozialleistungen – und soll auch nach der Rückkehr ins Heimatland davon profitieren können. Zu diesem Zweck sollen zwischen den Ländern die notwendigen Abkommen abgeschlossen werden.

Zudem sind auch zahlreiche weitere Maßnahmen zum Schutz vor Ausbeutung auf dem Arbeitsmarkt und anderen prekären Situationen im Pakt vorgesehen. Personen, die das Arbeitsrecht verletzen, sollen streng bestraft werden – insbesondere in Fällen von Zwangs- und Kinderarbeit.

Kein Land könne die Migrationsproblematik allein bewältigen, lautet eine der zentralen Aussagen des Pakts. Deshalb soll die internationale Zusammenarbeit verstärkt werden. Dabei hält der 32-seitige Pakt explizit fest, dass die nationale Souveränität der einzelnen Staaten gewahrt wird. So haben alle Regierungen weiterhin das Recht, ihre nationale Migrationspolitik selber zu bestimmen und innerhalb ihrer Landesgrenzen etwa "zwischen regulärem und irregulärem Migrationsstatus" zu unterscheiden. Eine Bedingung gilt dabei aber immer: Das Völkerrecht muss beachtet werden. (jbu)