Politik

Passwörter nicht lesbar: Die Fehler der "Soko Ibiza"

Die Aussagen eines Staatsanwalts vor dem Ibiza-U-Ausschuss werfen kein gutes Licht auf die Polizei.

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Der Ibiza-U-Ausschuss tagt im Parlament.
Der Ibiza-U-Ausschuss tagt im Parlament.
Florian Schroetter / EXPA / picturedesk.com

Nach etwas weniger als einem Jahr Ermittlungsarbeit gelang der "Soko Tape" im Bundeskriminalamt, auch "Soko Ibiza" genannt, der Durchbruch: Die Sicherstellung des Videomaterials, eingemauert hinter einer Steckdose in einer Wohnung. Justizministerin Alma Zadic und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), von der die Ermittler mit der Sicherstellung beauftragt wurden, wussten wochenlang nichts von dem brisanten Fund. Die Justiz erfuhr erst davon, als die Soko an die Medien ging. Einer mehrerer Fehler, wie Staatsanwalt Matthias P. von der WKStA am Dienstag vor dem Ibiza-U-Ausschuss aussagte.

Probleme begannen mit Straches Handy

P. sprach vor den Abgeordneten von Fehlern der Soko, die ihm anfangs "Bauchweh" bereitet hätten. Nach einer anonymen Anzeige in der Causa Casinos (FPÖ-Mann Peter Sidlo soll durch einen Deal mit der Novomatic in den Casinos-Austria-Vorstand gehievt worden sein, für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung) wurden mehrere Hausdurchsuchungen durchgeführt – unter anderem bei Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Die Soko-Beamten stellten dessen unversperrtes Handy sicher. Laut P. hätten sich die Ermittler aber nicht um das Smartphone gekümmert und es liegen lassen. Nach einer Weile versperrte es sich wieder. In Zusammenarbeit mit Straches Anwalt wurde das Problem gelöst, doch die WKStA war sehr verärgert. Schließlich hatte man alles so gut vorbereitet, so P.

Und es geht auch um den Anschein der Befangenheit. Denn mindestens ein Ermittler der Soko – N. R. – war in der ÖVP aktiv und dürfte Strache-Fan sein. Am 18. Mai 2019, also noch am Tag des Rücktritts vom Amt des Vizekanzlers, verfasste R. eine SMS an "HC": "Lieber HC, ich hoffe auf einen Rücktritt vom Rücktritt ... die Politik braucht dich! Alles Gute für alles Weitere! LG." Strache bedankte sich ebenfalls per SMS. Dieser Beamte vernahm später auch den Beschuldigten Walter Rothensteiner, Vorstandsvorsitzender der Casag. Laut Staatsanwalt P. liegt eine Anscheinsbefangenheit vor.

Viele Fragen sind noch offen.
Viele Fragen sind noch offen.
HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com

Nachrichten entschlüsselt

Auch anderen Beschuldigten im Casag-Verfahren wurden die Handys abgenommen. Die Soko hat laut P. noch keinen einzigen Datenauswertungsbericht an die WKStA geliefert. Er selbst habe bereits zehn geschrieben. Und: Im Bundeskriminalamt habe man die Nachrichten des Messengers "Signal" nicht entschlüsseln können, der WKStA sei es dann gelungen.

In der Schredder-Affäre um Festplatten aus dem Kanzleramt, die ein ÖVP-Mitarbeiter unter falschem Namen vernichten ließ, kam wieder der Strache-Fan und Ex-ÖVP-Politiker N. R. zum Einsatz. Er beschlagnahmte weder Handy noch Laptop jenes Mannes, der unter Angabe des Fake-Namens "Walter Maisinger" zur Schredder-Firma Reisswolf gefahren war. R.s Begründung: Beim Eingang der ÖVP-Zentrale sei er von Kurz-Berater Stefan Steiner gesehen worden. Etwaige Beweise wären also sowieso bereits vernichtet worden. "Wir hätten uns eine Rücksprache erwartet", so Staatsanwalt P.

Passwörter nicht lesbar

Auch an jenen Unterlagen, die von der Soko übermittelt wurden, hatte die WKStA etwas auszusetzen. Von Papieren, die bei den Hausdurchsuchungen sichergestellt wurden, übermittelte die Soko Scans an die Staatsanwaltschaft. "Uns hat es die Augen rausgehaut", so schlecht sei die Qualität gewesen, so P. Bei einem Kalendereintrag von Rothensteiner habe ein Schatten einen Termin verdeckt. Man habe dann festgestellt, dass es sich um ein Treffen zum Thema einer Holdinglösung zwischen Rothensteiner, Ex-ÖVP-Chef und Casag-Aufsichtsrat Josef Pröll und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) handelte. Auch ein Blatt mit einer Passwortliste von Johann Gudenus (Ex-FPÖ) sei unleserlich gewesen.