Stürze bei älteren Menschen sind nicht nur häufig, sondern können auch tödlich sein. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind Stürze weltweit die zweithäufigste Ursache für verletzungsbedingte Todesfälle bei Menschen über 65 Jahren. Diese Statistik ist zwar alarmierend, doch neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass ein einfacher Gleichgewichtstest helfen könnte, Risikopersonen zu identifizieren, bevor sie einen lebensverändernden Sturz erleiden.
Besteht der Verdacht auf ein erhöhtes Sturzrisiko, ist es gängig, die Balance der betroffenen Person auszutesten. Das erfolgt in vier verschiedenen Körperpositionen zu je 10 Sekunden:
1. mit parallelen Füßen: Beide Füße stehen parallel auf gleicher Höhe und berühren sich an den Innenseiten.
2. mit einem Fuß leicht vor dem anderen (Halbtandem): Die Füße stehen leicht versetzt, die Großzehe des hinteren Fußes berührt mit ihrer Innenseite dabei die Ferseninnenseite des vorderen Fußes.
3. mit einem Fuß vor dem anderen (Tandem): Die Füße stehen auf einer Linie hintereinander, die Großzehe des hinteren Fußes berührt mit ihrem vorderen Rand dabei die Rückseite des vorderen Fußes.
4. auf einem Fuß balancierend (einbeinig)
Eine Studie von Wissenschaftlern der Universität von São Paulo (Brasilien) hat jetzt ergeben, dass die traditionellen Gleichgewichtstestmethoden möglicherweise einer deutlichen Überarbeitung bedürfen. Die Untersuchung, an der 153 Erwachsene im Alter von 60 bis 89 Jahren teilnahmen, zeigt, dass die derzeitigen 10-Sekunden-Gleichgewichtstests möglicherweise entscheidende Anzeichen für ein Sturzrisiko bei ansonsten gesunden älteren Erwachsenen übersehen. Durch eine Verlängerung der Beobachtungszeit auf mindestens 23 Sekunden für den Fersen-Zehen-Stand (Tandem) und den Einbeinstand sei das Risiko besser einschätzbar.
Die Studie ergab, dass jede zusätzliche Sekunde, die eine Person diese herausfordernden Positionen beibehalten kann, die Wahrscheinlichkeit eines Sturzes in den nächsten sechs Monaten um 5 % verringert. Dies gibt dem Gesundheitspersonal eine klare, messbare Möglichkeit zur Bewertung des Sturzrisikos.
Beim Vergleich derjenigen, die später stürzten, mit denjenigen, die nicht stürzten, waren die Unterschiede frappierend. Personen, die während des sechsmonatigen Nachbeobachtungszeitraums der Studie stürzten, konnten den Einbeinstand im Durchschnitt nur 10,4 Sekunden lang halten, verglichen mit 17,2 Sekunden bei denjenigen, die nicht stürzten. Ein ähnliches Muster zeigte sich beim Fersen-Zehen-Stand (Tandem, Halbtandem), bei dem die zukünftigen Sturzopfer im Durchschnitt 17,5 Sekunden benötigten, während es bei den Nicht-Sturzopfern 24,8 Sekunden waren.
Bei den Ergebnissen der Studie wurden geschlechtsspezifische Unterschiede festgestellt. Männer schwankten stärker als Frauen, hielten aber schwierige Positionen länger, was darauf hindeutet, dass ein gewisses Maß an Schwanken dem Gleichgewicht zuträglich ist und nicht auf mangelnde Stabilität schließen lässt.