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Digital Natives sind gar nicht schlauer als der Rest

Wer mit dem Internet aufgewachsen ist, sei besser im Umgang mit Programmen und Daten aus dem Netz – heißt es. Doch das ist eine Illusion.

Heute Redaktion
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Die moderne Gesellschaft spaltet sich in zwei Lager. Da sind die älteren Semester, die noch eine Zeit vor PC, Smartphone und Internet erlebt haben. Und dann gibt es die Digital Natives. Sie sind unter 35 Jahre alt und mit dem World Wide Web groß geworden. Seit sie denken können, bestimmen der Computer und später das Smartphone ihren Alltag.

Auch sagt man ihnen nach, dass sie sich im Umgang mit Programmen, Daten und Diensten aus dem Netz leichter tun. Denn, so die These, damit würden sie sich ja ständig beschäftigen. Je früher und intensiver man sich mit neuen Technologien auseinandersetze, desto gewandter sei man angeblich auch in der Handhabung.

Nicht nur mehr Kompetenz und Fertigkeiten im Umgang mit Smartphones und Computern sind deshalb charakteristisch für die Digital Natives. Die Jüngeren sind, so die Vorstellung, auch in Sachen Multitasking um einiges smarter gegenüber den Digital Immigrants aus dem zugewanderten, anderen Lager. Oder besser: gegenüber dem ganzen Rest.

Was ist dran am Mythos?

Nur, stimmt das auch? Nein, sagen die Wissenschaftler Paul Kirschner und Pedro De Bruyckere. Es gibt sie nicht, die überlegenere, auf technologisch besonders bewanderte Generation, argumentieren sie im Fachjournal "Teaching and Teacher Education".

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Ausschlaggebend sei hier der Umstand, dass jüngere und ältere Nutzer das Internet und digitale Technologien heute überwiegend auf dieselbe Weise nutzen — zur reinen Informationsaufnahme. Digital Natives setzen die neuen Technologien somit nicht aktiver ein als der Rest.

Aus der Studie geht ebenfalls hervor, dass Digital Natives kein besseres Multitasking aufweisen. "Die Fähigkeit zum Mehrprozessbetrieb hängt nicht davon ab, ob man in einer Welt aufgewachsen ist, in der digitale Medien schon immer omnipräsent waren", schreiben Kirschner und De Bruyckere.

Junge erliegen einer "Kompetenz-Illusion"

Einen weiteren Aspekt beleuchteten Wissenschaftler des Leibniz-Instituts in Kiel. Interessanterweise sind es ihnen zufolge nämlich nicht selten die Digital Natives selbst, darunter vor allem die Millennials – jene, die quasi mit dem Smartphone zur Welt gekommen sind –, die dem Mythos erliegen. Dabei klafften Selbsteinschätzung und Realität in Bezug auf digitale Fähigkeiten bei Jugendlichen heutzutage stark auseinander.

Die Autoren aus Kiel sprechen hier von einer "Kompetenz-Illusion". Weil sie ständig online und mit dem Smartphone bestens vertraut seien, dächten viele Millennials, dass sie sich in der digitalen Welt überdurchschnittlich gut auskennen würden. Das treffe aber so nicht zu.

Diese Fehleinschätzung bleibt laut den deutschen Forschern nicht ohne Folgen: "Die Jugendlichen fühlen sich kompetent am Computer, obwohl sie es nicht sind, und sind daher kaum motiviert, sich die nötige Unterstützung für den Kompetenzerwerb zu holen." (hau)