Österreich

Digitalisierung, Fairness und Infrastruktur im Fokus

Heute Redaktion
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Die Wiener Wirtschaftskammer präsentierte an diesem Mittwoch eine Bilanz 2018 und einen Ausblick auf 2019. Digitalisierung und Fairness für Unternehmen stehen auf der Agenda.

Die Wiener Wirtschaftskammer präsentierte - als Interessenvertreter der Unternehmer - an diesem Mittwoch ihre Bilanz für 2018 und blickte in die Zukunft der Wiener Wirtschaft.

Weniger Steuern, mehr Digitalisierung

Die Öffnung der Anrainerparkplätze für den Wirtschaftsverkehr, den Ausbau des Breitbandnetzes und die Idee der antragslosen Einkommenssteuererklärung werden als besondere Erfolge gefeiert. Mit Sorge blickt man noch auf die Fairness für Unternehmer gegen globale Internetriesen, den Mangel der Fachkräfte im IT-Bereich, die zu langsame Steuerreform und eine notwendige Reform der 9. Schulstufe. Eines der wichtigsten Themen scheint auch für die Wirtschaftskammer ganz klar zu sein - Digitalisierung und Industrie 4.0.

Anrainerparkzonen für Wirtschaftsverkehr geöffnet

Im Dezember wurden die Anrainerparkplätze in Wien für den Wirtschaftsverkehr geöffnet. Dass heißt, dass die Anrainerparkplätze in den Bezirken von 1 bis 8 tagsüber auch für den Wirtschaftsverkehr genutzt werden durfte. Dies sei eine große Erleichterung für den Lieferverkehr und Handwerksbetriebe", sagte Wirtschaftskammerpräsident Ruck.

Im Detail:

Seit 1. Dezember können die Anrainerparkzonen, die in manchen Bezirken bereits über ein Viertel der verfügbaren Parkplätze ausmachen, von Montag bis Freitag von 8.00 bis 16.00 Uhr (werktags) für den Wirtschaftsverkehr genutzt werden.

Der Standortanwalt

Der Standortanwalt war 2016 eine Idee der Wiener Wirtschaftskammer und hat die Aufgabe zwischen den Anliegen der Projektwerber, Bürgerinitiativen und NGOs zu koordinieren und so "jahrelangen Stau" bei Infrastrukturprojekten wie Lobautunnel oder der dritte Flughafenpiste aufzulösen, heißt es aus der Wirtschaftskammer. Er wird mit Jahresmitte bei den Wirtschaftskammern angesiedelt und soll die Genehmigungsverfahren bei Infrastrukturprojekten beschleunigen. Kritische Stimmen wurden vorab laut, dass der Standortanwalt den Wirtschaftsstandort wohl gegen allzu strenge Umweltauflagen schützen sollte.

Seidenstrasse

Als erfolgreiches Projekt präsentierte WK-Chef Ruck auch

das Kooperationsabkommen mit China und Kasachstan im Hinblick auf einen Seidenstraßen-Anschluss. Das von Kammerdirektor Stellvertreter Alexander Biach unterzeichnete Memorandum sieht unter anderem einen Informationsaustausch in Bezug auf Investitionen im Zusammenhang mit der Seidenstraße vor.

Steuerentlastung - schneller - gefordert

Eine Entlastung für die heimischen Unternehmen stellte Wirtschaftskammerdirektor Ruck als Priorität dar. Eine Senkunge der Körperschaftsteuer schon ab dem Jahr 2020 statt 2022 würde in Wien einen Wertschöpfungseffekt von 470 Millionen Euro auslösen, wenn der Steuersatz von derzeit 25 Prozent auf 19 Prozent gesenkt wird. Hier sind unsere Unternehmen im internationalen Vergleich benachteiligt. Diese zeitnahe Senkung forderte in den Wochen zuvor bereits die Industriellenvereinigung - denn sie würde den Wirtschaftsstandort Wien - noch schneller attraktiver machen. Dies würde die Eigenkapitalquote der Unternehmen stärken, zudem gäbe es dann Anreize für Investitionen, vor allem auch für ausländische Direktinvestitionen.

Handwerk, Know-How, Digitalisierung

"Die Meister von heute bilden die Lehrlinge von heute zu den Meistern von morgen aus", betonte Maria Smodics-Neumann, Obfrau der Sparte Gewerbe und Handwerk und Abgeordnete zum Nationalrat. Die Weitergabe des Know-Hows und die Lehre als Beginn des Unternehmertums betonte sie als einen Schwerpunkt sowie die Digitalisierung - die in ihrem Bereich sehr unterschiedlich sein könne. Als Maßschneiderin sehe sie bei sich selbst die Digitalisierung nur in der Administration wichtig, während ein Mechatroniker ohne digitalen Inhalte kein einziges Produkt erstellen könnte. Die 58.000 Unternehmer der Sparte Gewerbe und Handwerk sollen mit ihren 153.000 Arbeitnehmer in jeglicher Hinsicht Richtung Zukunft unterstützt werden.

Reform der 9. Schulstufe und Verwaltungsvereinfachung

Lediglich HTL oder Fachhochschulabsolventen hätten derzeit eine Chance auf eine gute Position. Mehr als 600 Lehrstellen konnten im vergangenen Jahr wegen des sinkenden Bildungsniveaus nicht besetzt werden. "Die Verantwortung darf nicht auf die Schüler abgewälzt werden, vielmehr ist hier die Politik gefragt", so Industrie-Obmann Stefan Ehrlich-Adám. "Es muss sichergestellt werden, dass alle Jugendlichen, die das Schulsystem verlassen, über Mindestkompetenzen im Rechnen, Lesen und Schreiben verfügen, damit die Berufsausbildung darauf aufbauen kann." Für die Industrie steht daher eine Reform der 9. Schulstufe ganz oben auf der Agenda. Für die Industrie sind angehende Fachkräfte mit einer soliden Schulbildung die Basis für das Weiterkommen. Die Industrie wird sich zudem für Verwaltungsvereinfachungen einsetzen. "Im Verfahrensrecht bringen neue Instrumente wie digitale Plattformen oder neue Genehmigungsformen wie nachträgliche Genehmigungen eine Erleichterung", so Ehrlich-Adám. "Österreich könnte als kleines Land - erfolgreich und innovativ wie Schweiz oder Singapur sein - dafür brauchte man jedoch eine Politik, die Innovation zulässt", forderte Ehrlich-Adám.

Faire Bedingungen für alle Marktteilnehmer

„Unsere Beharrlichkeit und Beständigkeit hat sich ausgezahlt. Das ist für uns Ansporn und Auftrag zugleich, denn im globalen Wettbewerb muss sich der Wirtschaftsstandort Wien laufend verbessern", sagt Ruck. Besonders wichtig ist dem WKW-Präsidenten dabei der Ausgleich zwischen heimischen Unternehmen und internationalen Online-Konzernen: „Für alle Marktteilnehmer müssen die gleichen Rechte und Pflichten gelten. Wer in Österreich Geschäfte macht, soll auch in Österreich Steuern abliefern."

Breitband-Ausbau und mehr Informatiker

Martin Heimhilcher, Obmann der Sparte Information und Consulting setzt seine Schwerunkte in den Bereichen Infrastruktur und IT-Ausbildung. "Bei der Versorgung mit schnellem Internet gibt es noch immer weiße Flecken in Wien – vor allem in den Randbezirken wo viele Betriebe angesiedelt sind. Das bestätigen auch viele Gespräche mit Unternehmen", sagt Heimhilcher: "Rascher Ausbau des Breitbandnetzes sowohl über Glasfaser als auch über 5G ist ein Gebot der Stunde." Handlungsbedarf sieht Heimhilcher auch bei IT-Fachkräften. Branchenübergreifend fehlen in Österreich 10.000 IT-Fachkräfte, ein Großteil davon in Wien. Davon besonders betroffen sind auch die über 12.000 Wiener IT-Unternehmen. Daher muss die IT-Ausbildung quer durch alle Ebenen forciert werden. Heimhilcher: „Durch die rasante Entwicklung im IT-Sektor steigt auch die Bedeutung der Lehre. Mit den neuen IT-Lehrberufen App-Entwicklung/Coding, Systemtechnik und Betriebstechnik haben wir ein attraktives Angebot geschaffen."

Fairness und zukunftsorientierte Planung auf Wiens Straßen

"Wir arbeiten derzeit gemeinsam mit dem Verkehrsministerium an einer Novellierung des Gelegenheitsverkehrsgesetzes." Uber erbringt und vermittelt zwar Taxileistungen, hält sich aber nicht an grundlegende Rahmenbedingungen – beispielsweise an keine Tarifpflicht. "Hier muss sich schnellstmöglich etwas ändern. Noch im Frühjahr sollen Ergebnisse präsentiert werden."

Der Transport-Obmann hat halbjährlich eine "Taxi-Gipfel" eingeführt und will sich auch weiterhin für zukunftsorientierte Planung und somit für einen modernen Fernbusterminal einsetzen. "Alleine beim bestehenden Fernbusterminal in Erdberg kommen mehr Passagiere an als beim Salzburger Flughafen. Busreisen werden immer beliebter, darum muss jetzt in die notwendige Infrastruktur investiert werden."

Besteuerung für Globale Internetriesen und Mitgestaltung des öffentlichen Raums

"Die Ungleichbehandlung des stationären Handels gegenüber den großen Internetkonzernen muss ein Ende haben", sagt Rainer Trefelik, Obmann der Sparte Handel. "Globale Internetriesen, die in Österreich werben und verkaufen, sollen auch ihre Steuern zahlen. Immerhin stehen zehntausende Jobs auf dem Spiel."Bei der Gestaltung des öffentlichen Raums muss auch auf die Interessen des Handels geachtet werden. "Bei verkehrspolitischen Entscheidungen wie etwa beim Radweg beim Naschmarkt müssen auch die Bedürfnisse der Unternehmer berücksichtigt werden", so Trefelik. Für Chaos sorgen mittlerweile die vielen e-Scooter. "Wir begrüßen innovative Mobilitätskonzepte, aber es braucht hier dringend klare Regeln. Da geht es um die Sicherheit von Passanten, aber auch um den Zugang zu Geschäften." Für ein Umdenken und mehr Miteinander wirbt der Handelsobmann auch im Hinblick auf die permanenten Innenstadt-Sperren im Zusammenhang mit Demonstrationen. "Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Aber hier geht es auch um wirtschaftliche Existenzen und Arbeitsplätze. Und bitte nicht vergessen: Wo regionale Geschäfte verschwinden, verödet die Stadt."

Eventboard für Top-Veranstaltungen

Aus Sicht von Markus Grießler, Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft, gibt es folgende Schwerpunkte für Wien: Erstens die Weiterentwicklung der Eventstadt Wien durch neue Sportstätten und neue Sportevents in Wien: "Dazu braucht es die Etablierung eines Eventboard, also einer Stelle, die sich um die Lukrierung neuer Events und die Vereinfachung der Anmeldemodalitäten kümmert." Und zweitens müsse ein harmonisches Miteinander zwischen Bewohnern und Touristen in Wien unbedingt erhalten werden. "Deshalb gilt es jetzt, Konzepte für eine Entzerrung der Touristenströme zu erstellen und neue Attraktionspunkte für Touristen zu etablieren. Die Platzierung der neuen Eventhalle in St. Marx ist definitiv ein Schritt in die richtige Richtung", sagt Grießler. Auch der aktuell noch brach liegende, aber aus touristischer Sicht sehr interessante Kahlenberg könnte durch den Bau einer Seilbahn endlich aus dem Dornröschenschlaf erweckt werden. (no)

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