Großes Chaos nach Wahl

"Diktator Tusk", "EU-Befehle": Mega-Demo spaltet Polen 

Seit einem Monat sitzt die nationalkonservative PiS in der Opposition. Die neue Regierung möchte Polen versöhnen, doch davon ist aktuell keine Rede.

Newsdesk Heute
"Diktator Tusk", "EU-Befehle": Mega-Demo spaltet Polen
Am Donnerstag organisierte die Oppositionspartei PiS eine Großdemonstration gegen die neue Regierung von Donald Tusk.
Agencja Wyborcza.pl via REUTERS

Im Dezember hat Polens Parlament den früheren Oppositionsführer und ehemaligen EU-Kommissionspräsidenten Donald Tusk zum neuen Ministerpräsidenten ernannt. Die nationalkonservative PiS von Jaroslaw Kaczynski, die zuvor acht Jahre lang das Land regierte, hat seitdem mit Präsident Andrzej Duda nur noch eine einzige Macht-Bastion – und dieser macht es der neuen Regierung wenig überraschend nicht einfach.

Neue Regierung greift knallhart durch

Eine der ersten Maßnahmen der Tusk-Regierung war die Umgestaltung der öffentlich-rechtlichen Medien, darunter der Fernsehsender TVP, das polnische Radio und die Nachrichten PAP. Diese hätten in den vergangenen Jahren unter der PiS-Regierung Parteipropaganda verbreitet. So hat man etwa bei TVP-Nachrichtensendungen das Gesicht von Donald Tusk mit rotem Filter hinterlegt und das Bild so zugeschnitten, dass das Logo seiner Partei "Bürgerplattform" im Hintergrund wie kleine Teufelshörner auf Tusks Kopf aussieht. 

Vor wenigen Tagen wurden die wegen Amtsmissbrauch rechtskräftig verurteilten PiS-Politiker Mariusz Kaminski und sein früherer Staatssekretär Maciej Wasik verhaftet und ins Gefängnis gebracht, nachdem sie zunächst Schutz im Präsidentenpalast bei Präsident Andrzej Duda gesucht hatten. Die PiS bezeichnet die beiden als "politische Gefangene", die "ersten seit 1989", als in Polen noch ein kommunistisches System funktionierte. Kaminski wollte sogar in den Hungerstreik treten.

Grund der Verurteilung war eine im Jahr 2007 aufgedeckte Affäre, bei der die damals von Kaminski geleitete Antikorruptionsbehörde gezielt einen Korruptionsfall inszeniert haben soll, um den damaligen Landwirtschaftsminister Andrzej Lepper zu diskreditieren.

PiS organisiert Mega-Demo

Am Donnerstag sind mehrere zehntausend Menschen dem Aufruf der PiS gefolgt und haben in Warschau gegen die Mitte-links-Regierung von Donald Tusk demonstriert. Die Anhänger trugen polnische Fahnen und Plakate mit der Aufschrift: "Hier ist Polen, kein Tuskoland" und "Kulturminister – Zensurminister". Die Veranstalter sprachen von 100.000 bis 300.000, später sogar von 500.000 Teilnehmern, das Warschauer Rathaus schätzte die Zahl zu Beginn auf 35.000. Onet, das größte polnische Internetprotal, kam in seiner Schätzung auf 90.000 bis 120.000 Menschen bei der Kundgebung.

Die PiS-Großdemo in Bildern:

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    Am Donnerstag organisierte die Oppositionspartei PiS eine Großdemonstration gegen die neue Regierung von Donald Tusk.
    Am Donnerstag organisierte die Oppositionspartei PiS eine Großdemonstration gegen die neue Regierung von Donald Tusk.
    Agencja Wyborcza.pl via REUTERS

    "Tusk Diktator"

    Bei seinem Auftritt vor den Demonstranten warnte der PiS-Chef Kaczynski, die EU plane die "Liquidierung des polnischen Vaterlandes" und wolle es zu einem "Wohngebiet für Polen" reduzieren. Mit Blick auf die seit einem knappen Monat amtierende proeuropäische Koalitionsregierung von Tusk sagte Kaczynski: "Das ist keine polnische Regierung." Die PiS unterstellt Tusk, dass er im Auftrag Deutschlands handle.

    Der Protestzug führte später vor den Regierungssitzung und damit das Büro von Tusk. Einige skandierten dort: "Raus aus der Hundehütte". Auf Schildern wurde Tusk als "Diktator" bezeichnet. Die PiS hatte bei der Wahl im Oktober mehr als acht Prozentpunkte verloren und war damit nicht mehr in der Lage, eine Regierungsmehrheit zu organisieren.

    Polen vor Staatskrise?

    Polen steht aktuell am Rande einer Staatskrise. Nach der Verhaftung von Wasik und Kaminski sind die Fronten zwischen den beiden politischen Lagern verhärtet – vom Versprechen der neuen Regierung, die sowieso schon gespaltene Nation zu versöhnen, ist nichts zu sehen. Parlamentspräsident Szymon Holownia musste sogar aus Sorge vor Unruhen die erste Parlamentssitzung verschieben. "Die öffentliche Ruge ist das oberste Ziel". 

    Zudem muss Premierminister Tusk um das Budget seiner Regierung für das Jahr 2024 zittern. Gerüchten zufolge könnte Staatspräsident Duda das Budget zum Verfassungsgericht bringen, womit das Budgetgesetz seine Gültigkeit verlieren würde. In so einem Fall hat der Präsident das Recht, Neuwahlen auszurufen – und genau das dürfte Experten zufolge das Ziel der PiS sein. 

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