Nervenkitzel pur auf dem "Heiligen Rasen" von Wimbledon. Carlos Alcaraz, die Nummer 1 der Tennis-Welt, ringt den 23-fachen Grand-Slam-Champion Novak Djokovic in fünf hochklassigen Sätzen mit 1:6, 7:6 (6), 6:1, 3:6, 6:4 nieder. Der Spanier verwertet nach 4:43 Stunden seinen ersten Matchball bei eigenem Aufschlag.
Alcaraz: "Für mich wird ein Traum wahr. Hier zu spielen, gegen eine Legende unseres Sports, und dann so schnell in diese Situation zu kommen. Unglaublich. Ich bin stolz auf mich und auf mein Team."
Der 20-Jährige gewinnt zum ersten Mal Wimbledon, verhindert den achten Turniersieg des 36-jährigen Superstars. Djokovic verpasst die Chance, mit Rekordsieger Roger Federer in Wimbledon gleichzuziehen.
Der Serbe durchlebt bei seiner Niederlage ein Wechselbad der Gefühle. Erst dominiert er. Dann stürzt er, streitet mit dem Schiedsrichter, verliert die Nerven. Dann kämpft er sich nach 1:2 in Sätzen zurück, nur um im entscheidenden Durchgang wieder ins Hintertreffen zu geraten. Die Folge: Erst der Wutausbruch – er zerschmettert den Schläger an der Netzstange –, dann die Pleite gegen den Wimbledon-Thronfolger.
Nach dem Spiel sagt Djokovic fair: "Ich verliere nie gerne. Aber du warst unglaublich stark, Carlos. Ich habe schon so viele enge Finals gewinnen dürfen. Vielleicht ist es ausgleichende Gerechtigkeit. Heute habe ich gegen den besseren Spieler verloren. Ich gratuliere ihm. Ich komme besser zurück."
Alcaraz feiert seinen Triumph vor Augen der britischen Königsfamilie und zahlreichen Stars. Unter anderem auf der Tribüne: Hollywood-Stars wie Daniel Craig (James Bond), Brad Pitt, Emma Watson.
Pure Dominanz in Satz eins! Novak Djokovic fertigt am Sonntag Wunderkind Carlos Alcaraz mit 6:1 in knapp mehr als einer Stunde ab. Er lächelt, ballt die Faust, gestikuliert scherzhaft in Richtung seiner Box und Publikum. Alles sieht nach einem Sprint in Richtung Grand-Slam-Titel Nummer 24 aus, dem achten Wimbledon-Triumph.
... Match und Stimmung kippt
Dann dreht der Spanier auf, Djokovic verliert erstmals die Nerven.
Der Serbe rutscht zwei Mal auf dem "Heiligen Rasen" aus, kann nach kurzer Schrecksekunde weitermachen. Mehr als die Stürze macht ihm das immer druckvollere Spiel seines Gegenübers zu schaffen. Der Superstar verliert die Selbstverständlichkeit aus dem ersten Durchgang und folglich Satz zwei im Tiebreak-Krimi.
Dann liegen die Nerven blank. Nach wiederholter Verwarnung wegen Überschreitens der Shotclock rastet Djokovic aus. Er liefert sich ein lautstarkes Wortgefecht mit dem Stuhlschiedsrichter. Er echauffiert sich, dass die Clock zu früh zu zählen beginne. Der Referee erinnert ihn, dass es üblich sei, dass die Uhr bereits tickt, wenn das Publikum ruhig wird – das Handtuchholen sei mehr oder weniger Djokovic' persönliches Problem.
Es folgt die Streuung bei den Risiko-Schlägen. Was in Satz eins noch schier spielend leicht aufging, klappt jetzt nur noch sporadisch. Alcaraz hat in Satz drei klar die Kontrolle. Die Körpersprache des Dominators spricht Bände. Nach dem zweiten Break des Youngsters schenkt Djokovic den dritten Satz förmlich ab. Gefrustet flieht der "Djoker" in die Kabine – Toilettenpause.
... Djokovic fängt sich
Gänzlich anderes Bild in Durchgang vier: Djokovic zeigt sich nach der ausgedehnten Pause von knapp zehn Minuten erstarkt. Die Flut an Eigenfehlern hat ein Ende, die Körpersprache ist wieder positiver, sogar das Lächeln ist spätestens nach dem Break zum 3:2 zurückgekehrt.
Der Serbe ist wie ausgewechselt, gleicht ohne Probleme in Sätzen aus. Das Momentum scheint vor dem Entscheidungssatz wieder auf Seiten des 23-fachen Grand-Slam-Champions zu sein.
... Alcaraz dreht auf, Djokovic durch
Djokovic macht die Rechnung ohne den 20-Jährigen. Der um 16 Jahre jüngere Alcaraz bietet dem siebenfachen Wimbledon-Sieger mehr als nur die Stirn. Die beiden liefern sich Ballwechsel der Sonderklasse. Dann der Knackpunkt: Ein einfacher Fehler in einem hart umkämpften Aufschlagspiel von Djokovic, Alcaraz breakt zum 3:1.
Djokovic prügelt mit dem Schläger gegen die Netzstange. Er schrottet sein Racket, kassiert eine Verwarnung und scheint sich auch noch das Handgelenk beim Zertrümmern des Spielgeräts beleidigt zu haben. Er steht mit dem Rücken zur Wand.
Alcaraz bleibt cool. Das zarte Alter ist dem Tennis-Supertalent nie anzumerken. Er zeigt keine Nerven, ganz im Gegensatz zu seinem Widersacher. Alcaraz serviert zum Turniersieg aus.