Szene

documenta: Kunstvoll in die Pleite!

Heute Redaktion
Teilen

Die "documenta" in Kassel ist nur knapp einer Pleite entgangen. Kurz vor Ende fehlten sieben Millionen Euro, der künstlerische Leiter glänzte hauptsächlich durch Abwesenheit.

Adam Szymczyk, künstlerischer Leiter der "d14", hat die documenta an den Rand des Ruins gebracht. Der Pole bekam im November 2013 den Auftrag, die Leitung der d14 zu übernehmen. Eine Entscheidung, die sich heute als großer Fehler herausstellt. Die Frage, die sich allseits stellt: Wo ist das ganze Geld geblieben? Neben seiner oftmaligen Abwesenheit, setzte Szymczyk ganze sieben Millionen Euro in den Sand.

Dramatische Schieflage

Eine Insolvenz konnte nur deshalb abgewendet werden, weil das Land Hessen und die Stadt Kassel die Bürgschaft dafür übernahmen. Mit diesem Geld ist zumindest der laufende Betrieb der Kunstausstellung und die Gehälter der Mitarbeiter bis Jahresende gesichert . Als die dramatische Schieflage der documenta erstmals auffiel, fand am 28. August 2017 umgehend eine Sondersitzung des Aufsichtsrats in Wiesbaden statt, doch documenta-Leiter Adam Szymczyk wurde dazu schon gar nicht mehr eingeladen. In eben dieser Sondersitzung einigte man sich, dass das Land Hessen und die Stadt Kassel als Gesellschafter der documenta gGmbH Bürgschaften in Höhe von je 3,5 Millionen Euro übernehmen sollten, diverse Gläubiger waren zudem bereit, sich auf Stundungsvereinbarungen für ausstehende Zahlungen der documenta einzulassen.

Wirtschaftsprüfer sollen Licht ins Dunkel bringen

Wohin nun diese Millionen verschwunden sind, ist unklar. Inzwischen wurden unabhängige Wirtschaftsprüfer einegschaltet. Der Standort Athen soll viel mehr Geld verschlungen haben, als ursprünglich eingeplant war. Auch das war ein grober Fehler Szymczyks. Erschwerend dazu kommt, dass die Besucherzahlen bei weitem nicht so hoch waren wie erwartet. Man erhoffte sich eine 20-prozentige Steigerung und ist nun mit einem Rückgang von drei Prozent konfrontiert. Offiziell wurden zur Halbzeit 445.000 Besucher verkündet.

Die Pleite war absehbar!

Der Gesamtetat von 37 Millionen Euro für die beiden Standorte Kassel und Athen schien von vornherein etwas zu ambitioniert.

Die andere Hälfte sollte die Documenta selbst erwirtschaften, etwa durch Eintrittsgelder und Sponsoren. Folge: Ende August stand die gemeinnützige documenta gGmbH vor der Insolvenz. Sicher ist allerdings schon jetzt, dass die Schau in Athen, die der Ausstellung in Kassel vorgelagert war, deutlich teurer wurde als vorgesehen. Dazu kommt noch der teure Transport der Kunstwerke von Athen nach Kassel – wie etwa das Marmorzelt, welches nun auf dem Weinberg steht. Das Motto der Großausstellung war eine Anspielung auf die Ursprünge der westlichen Demokratie, aber auch der aktuellen Wirtschaftskrisen im Süden Europas. Kein gutes Omen, wie sich herausgestellt hat.

Feuer am Dach!

Fast peinlich anrührend ist auch jener Zustand, dass documenta-Geschäftsführerin Annette Kulenkampff ihre Mitarbeiter aufforderte, diverse Merchandising-Produkte vor den Ausstellungsgebäuden an wartende Besuchern anzubieten. Man stelle sich vor, die Mitarbeiter der Salzburger Festspiele würden in der Hochsaison Poster, Taschen und Diverses vorm Festspielhaus an die Festspielgäste verkaufen. Der Job war für Kulenkampff mit Sicherheit eine neue Erfahrung und daher mag es ihr womöglich auch an Durchsetzungsvermögen und Erfahrung gefehlt haben, um Szymczyk zu bremsen.

100 Tage, 160 Künstler, 30 Standorte

Die documenta ist die weltweit bedeutendste Ausstellung

zeitgenössischer Kunst und wird seit 1972 alle fünf Jahre

veranstaltet. In diesem Jahr war mit Athen erstmals eine weitere Stadt gleichberechtigter Standort der documenta neben Kassel.

Die Ausstellung in Athen war bereits Mitte Juli nach 100 Tagen zu Ende gegangen. In Kassel dauert die documenta noch bis zum Sonntag (17.9.) an. Mehr als 160 Künstler zeigen dort an 30 Standorten ihre Werke.

Info: documenta

(HH)

Picture