Szene

Sex-Haus zu schweinisch für den Louvre

Die Deutschen trauten sich, die Franzosen kneifen und verbannen Joep van Lieshouts Skulptur "Domestikator".

Heute Redaktion
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Die Deutschen sind Spießer, die Franzosen haben Verführung und Sex im Blut. So zumindest besagen es die Klischees. Die Haus-Skulptur des niederländischen Atelier van Lieshout beweist jetzt, dass die Franzosen - zumindest in diesem Fall - schweinischer denken als die Deutschen, sich jedoch keinesfalls mehr trauen. Nicht mal, wenn es um Kunst geht. Nicht mal, wenn es sich um den Louvre dreht.

Zehntausende sahen "Haus-Sex"

Joep van Lishout hat auf der Ruhrtriennale seine Großskulptur "The Good, the Bad and the Ugly" ausgestellt. Die Installation bekam einen zentralen Platz auf dem Vorplatz der Jahrhunderthalle Bochum. Dort sorgte vor allem ein Teil der Installation drei Jahre je sechs Wochen lang im Sommer für belustigtes Schmunzeln und diente als Hintergrund für unzählige Fotos: Der "Domestikator" hat alles, was andere Häuser auch haben. Das Haus ist 12 Meter hoch, mit Fenstern, einem Dach, einer Tür. Trotzdem ist es nicht schwer, die Skulptur anzuschauen und auf ganz andere Gedanken zu kommen.

Louvre stoppt Ausstellung in öffentlichem Park

Den Verantwortlichen beim Louvre sind wohl die schweinischen Gedanken davongaloppiert. Anders lässt es sich nicht erklären, dass sie den "Domistikator" aus dem Jardin des Tuileries verbannen. Im berühmten Pariser Park werden im Rahmen der International Contemporary Art Fair (FIAC) Werke von Künstlern und Architekten gezeigt. Ab 16. Oktober hätte dort die Installation des Atelier van Lieshout zu sehen sein sollen. Bis die Pariser kurzfristig die Notbremse zogen. Die Verantwortlichen finden das Werk anstößig. Es sei eine explizite sexuelle Darstellung.

Ruhrtriennale: "Wo ist Leidenschaft der Franzosen hin?"

Der Intendant der Ruhrtriennale, Johan Simons, versteht die Welt nicht mehr: "Zehntausende Menschen haben gestutzt, gelacht, gegrübelt, so soll es sein. Nie aber gab es Protest, dass dieses skurrile Kunstwerk dort stand. Im Gegenteil: Die Fotos vom 'Domestikator' gingen um die Welt." Die Installation sei sogar ausgezeichnet worden. "Sind die Deutschen wirklich weniger ängstlich als die Franzosen? Weniger verklemmt und stattdessen humorvoller? Wollen das die Franzosen etwa auf sich sitzenlassen? Wo sind sie hin, die Ideale von Liebe, freier Liebe, die sprichwörtliche Leidenschaft der Franzosen, der Pariser!? Was ist mit Liberté, mit der Freiheit, dem höchsten Gut der Französischen Revolution und der europäischen Grundwerte!?" Kunst sei frei, verteidigt Simons das anstößige Häuschen. Paris sei reif für den "Domestikator".

"Kein Platz" mehr?

Während der "Louvre" "dezeen.com" gegenüber angibt, der "Domestikator" habe einfach keinen Platz mehr im Park, weil zu viele Kunstwerke gebucht worden seien, gibt die französische Zeitung "Le Monde" etwas anderes an. Laut dem Blatt habe Jean-Luc Martinez, der Präsident des Louvre zugegeben, dass man glaube, das Werke könne missverstanden werden. Es sei geplant gewesen, es in der Nähe eines Spielplatzes aufzustellen. Außerdem fanden einige Kritiker (im Internet), es sei "zu brutal".



Van Lieshout schimpft Louvre "rückgratlos"

Künstler van Lieshout selbst, glaubt, dass sich der Louvre vor öffentlicher Kontroverse fürchtet. Er ist sich sicher, dass das Museum sich vor Kritik aus konservativ-religiösen Kreisen oder auch von Tierschützern fürchtet, dass das Haus missverstehen könnte. "Im Grunde sind das rückgratlose Figuren, die Risiken vermeiden wollen", geht der Künstler mit den Verantwortlichen hart ins Gericht. "Mir kommt vor, Museen werden von Anwälten und Marketing-Leuten geführt, anstatt von Menschen, die Leidenschaft für die Kunst empfinden."

(lam)