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"Ich könnte alle sofort feuern"

Heute Redaktion
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Trump hatte Justizminister Sessions einen Tag nach den US-Kongresswahlen entlassen. Nun warnen Demokraten vor der Einmischung des Präsidenten in die Arbeit von Sonderermittler Mueller.

Die Entlassung von US-Justizminister Jeff Sessions hat Sorgen vor einer Behinderung der Russland-Ermittlungen geschürt. Die oppositionellen Demokraten, aber auch der prominente Republikaner Mitt Romney warnten US-Präsident Donald Trump vor einer Einmischung in die Arbeit von Sonderermittler Robert Mueller. "Niemand steht über dem Gesetz", sagte der demokratische Senator Mark Warner am Mittwoch. Jeder Versuch einer Einmischung wäre ein "grober Machtmissbrauch des Präsidenten".

Trump hatte Sessions einen Tag nach den US-Kongresswahlen vom Dienstag entlassen. Der US-Präsident hatte den Minister wegen der Russland-Ermittlungen seit über einem Jahr immer wieder öffentlich attackiert. Verärgert war der Präsident über Sessions' Umgang mit den Ermittlungen zu möglichen illegalen Kontakten von Trumps Wahlkampfteam nach Russland während des Wahlkampfs 2016.

Sessions hatte sich kurz nach seinem Amtsantritt wegen seiner Rolle in Trumps Wahlkampfteam in diesen Ermittlungen für befangen erklärt und sich daraus zurückgezogen. Die Oberaufsicht über die Russland-Ermittlungen führt seitdem Vizejustizminister Rod Rosenstein. Dieser setzte im Mai 2017 den früheren FBI-Direktor Mueller als Sonderermittler zu der Russland-Affäre ein.

Trump hat die Ermittlungen wiederholt als "Hexenjagd" bezeichnet. Im August forderte er Sessions vergeblich auf, die Ermittlungen "unverzüglich zu beenden".

Warnung vor Einmischung

Für Kritik sorgte nun, dass Trump Sessions bisherigem Stabschef Matthew Whitaker die vorübergehende Leitung des Ministeriums übertrug. Whitaker hatte Mueller im vergangenen Jahr öffentlich vorgeworfen, seine Ermittlungen zu sehr auszuweiten - und Rosenstein aufgefordert, Mueller Grenzen zu setzen. Er könnte Rosenstein nun die Aufsicht über den Sonderermittler entziehen und sie selbst übernehmen.

Der Anführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, rief Whitaker am Mittwoch auf, sich angesichts seiner früheren Äußerungen nicht in Muellers Ermittlungen einzumischen.

Auch der frühere republikanische Präsidentschaftskandidat und neugewählte Senator Romney warnte vor einer Einmischung in Muellers Arbeit. Die Untersuchung müsse "ungehindert" zu Ende geführt werden, sagte der Politiker, der ein scharfer Kritiker Trumps ist.

"Es gibt keine Absprachen"

Am Mittwoch versicherte der Präsident, die Russland-Ermittlungen würden nicht gestoppt. "Ich könnte alle sofort feuern", sagte er bei seiner Pressekonferenz zum Ausgang der Kongresswahl über das Team von Sonderermittler Mueller. Er wolle die Ermittlungen aber nicht beenden, weil er dies aus "politischen" Gründen nicht gut finde. Er mache sich wegen der Untersuchung keinerlei Sorgen, "weil sie ein Schwindel ist", sagte Trump. "Es gibt keine Absprachen."

Die Untersuchungen des Sonderermittlers haben bislang zu Anklagen gegen mehrere frühere Trump-Mitarbeiter geführt, darunter gegen seinen ehemaligen Wahlkampfchef Paul Manafort und seinen kurzzeitigen Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn. Es wird erwartet, dass Mueller bald weitere Anklagen verkündet. Muellers Team ringt zudem seit Monaten mit dem Weißen Haus um eine persönliche Befragung des Präsidenten.

Setzte sich über Aufforderung hinweg

Trotz des wiederholten öffentlichen Mobbings durch seinen Chef hielt Jeff Sessions stoisch an seinem Amt fest. Im vergangenen August setzte er sich über eine Aufforderung Trumps hinweg, die Mueller-Ermittlungen "unverzüglich" zu beenden. Sessions bezeichnete sich dabei als Wahrer der Unabhängigkeit der Justiz: "Solange ich Justizminister bin, werden die Handlungen des Justizministeriums nicht unzulässig von politischen Überlegungen beeinflusst."

Seine Abkanzelung dürfte für den 71-Jährigen umso bitterer sein, als er Trump schon im Wahlkampf treu zur Seite gestanden hatte. Der erzkonservative Hardliner war damals das erste Mitglied des US-Senats, das sich hinter den rechtspopulistischen Quereinsteiger aus der Geschäftswelt stellte. Der langjährige Senator aus dem Südstaat Alabama wirkte dann als Berater in Trumps Kampagnenteam mit.

Indem er Sessions mit dem Ministerposten belohnte, setzte sich Trump über Rassismusvorwürfe hinweg, die Sessions seit Jahrzehnten anhängen. Wegen dieser Vorwürfe hatte ihm der Senat einst den Posten eines Bundesrichters verweigert. In seiner Anhörung für den Ministerposten spielte der alte Rassismusverdacht eine große Rolle, wurde für ihn aber nicht mehr wirklich gefährlich.

Bei Migrationspolitik auf gleicher Linie

Im Ministeramt suchte sich Sessions dann unter anderem dadurch zu profilieren, dass er Trumps harte Linie gegen illegal ins Land kommende Immigranten umsetzte. Dieser Eifer hat ihm nichts genutzt.

In seiner Amtszeit habe das Justizministerium seine Aufgaben "mit Integrität" wahrgenommen, versicherte Sessions in seinem Rücktrittsbrief. Sein Rauswurf nährt in Washington nun die Spekulationen, dass Trump mit Hilfe eines willfährigeren Nachfolgers die Mueller-Ermittlungen abwürgen will. Vorläufig übernimmt Sessions' bisheriger Stabschef Matthew Whitaker den Ministerjob. Den dauerhaften Nachfolger will Trump erst später ernennen.

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(isa)