Welt
Drahtzieherin eines Familienmordes festgenommen
Flordelis dos Santos ist Mutter von über 50 leiblichen und adoptierten Kindern. Eines ihrer Adoptivkinder war ihr Ehemann, den sie ermorden ließ.
Eine ehemalige brasilianische Abgeordnete und evangelikale Pastorin, die den Mord an ihrem Ehemann in Auftrag gegeben haben soll, ist Medienberichten zufolge festgenommen worden. "Ich liebe euch, glaube an Gott", sagte Flordelis dos Santos, die eine Bibel trug, als die Polizei von Rio de Janeiro sie in ihrem Zuhause in Rios Zwillingsstadt Niterói abführte, wie im brasilianischen Fernsehsender TV Globo am Freitagabend zu sehen war.
Die Staatsanwaltschaft in Rio hatte im August vergangenen Jahres Anklage gegen Flordelis erhoben und am Freitag nach deren Verlust der Immunität Haft beantragt. Die 60-Jährige soll einige ihrer mehr als 50 – leiblichen und adoptierten – Kinder angestiftet haben, ihren Ehemann umzubringen. Dieser war Medienberichten zufolge einst ebenfalls ein Adoptivsohn von Flordelis gewesen.
Von den Favelas in die Politik
Der Pastor war vor zwei Jahren mit mehr als 30 Schüssen vor dem Zuhause des Paares in Niterói niedergestreckt worden. Berichten zufolge gingen dem Mord andere, gescheiterte Versuche voraus, ihn zu töten, etwa durch Vergiften. Die Ermittler nannten eine Familienfehde über Finanzen und Kontrolle als mögliches Motiv. Am Mittwoch war die Verdächtige von ihrem politischen Amt suspendiert worden.
Flordelis, die für ihre markanten Perücken bekannt ist, stammt aus einer der schlimmsten Favelas Rios. In den 1990er Jahren war sie durch die Adoption Dutzender Straßenkinder berühmt geworden, die ein Massaker überlebt hatten. Sogar ein Film wurde über sie gedreht. Sie gründete eine evangelikale Kirchengemeinschaft und schaffte darüber den Sprung in die Politik.
Der Fall beschäftigt Medien und Öffentlichkeit in Brasilien auch deshalb, weil Flordelis Anhängerin des rechten Präsidenten Jair Bolsonaro ist und die aus den USA importierten, häufig erzkonservativen evangelikalen Bewegungen immer mehr Einfluss auf Politik und Gesellschaft im größten Land Lateinamerikas gewinnen.