Wien

Ajla (18) soll vor Matura aus Wien abgeschoben werden

Schülerin Ajla droht die Abschiebung nach Serbien. Klassenkollegen sind fassungslos, SOS Mitmensch startete nun eine Initiative für die 18-Jährige.

Yvonne Mresch
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Fassungslosigkeit unter den Klassenkollegen von Ajla (18): "Für sie steht ihr ganzes Leben auf dem Spiel, alles, was sie sich hier aufgebaut hat!"
Fassungslosigkeit unter den Klassenkollegen von Ajla (18): "Für sie steht ihr ganzes Leben auf dem Spiel, alles, was sie sich hier aufgebaut hat!"
Sabine Hertel

Seit sechs Jahren lebt die gebürtige Serbin Ajla (18) in Österreich, lernte innerhalb kürzester Zeit Deutsch und zählt heute zu den Klassenbesten im Gymnasium Anton-Krieger-Gasse in Liesing. Ihre Matura steht kurz bevor – ob sie diese in Österreich absolvieren kann, ist jedoch unklar. Denn laut Behörden muss die junge Frau bis Ende Juni das Land verlassen. Grund ist eine rechtswidrige Handlung ihres Vaters, für die Ajla keine Verantwortung tragen soll.

Schuldirektor: "Fühlen uns machtlos und verstehen es nicht"

Mitschüler sind schockiert: "Für Ajla steht ihr ganzes Leben auf dem Spiel, alles, was sie sich jetzt hier aufgebaut hat. Nicht nur die Schule, sondern auch das soziale Leben, weil sie hier viele Freunde und Freundinnen gefunden hat", sagt Klassenkollegin Magali. "Außerdem kann sie dann eben nicht hier die Matura machen und studieren. Das ist ein großer Schock für unsere ganze Klasse. Es ist ungerecht, wenn sie jetzt gehen muss."

Unverständnis herrscht auch bei Schuldirektor Michael Fleck. Man sei verzweifelt und möchte helfen: "Wir fühlen uns machtlos, weil wir trotz all unserer Versuche und Mühen bisher nichts erreichen konnten. Ajla ist ein tolles Mitglied unserer Gesellschaft, eine super Schülerin, ein super Mensch und sie muss Österreich verlassen und wir verstehen es nicht."

Eil-Appell an Innenminister

Aber nicht nur in der Schule herrscht über die geplante Ausweisung Bestürzung – auch die Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch startet nun eine Initiative und appelliert an Innenminister Gerhard Karner: "Wieder einmal ist eine hier verwurzelte Schülerin akut davon bedroht, dass ihr Wohl und ihre Zukunft mit Füßen getreten werden. Ajla hat sich in den sechs Jahren in Österreich viel aufgebaut. Ihr fehlt nur noch ein Jahr auf eine erfolgreiche Matura. Das darf nicht mutwillig zerstört werden", so Sprecher Alexander Pollak.

Mitschüler kämpfen seit Monaten gegen Abschiebung

Mit 13 Jahren folgte Ajla ihrem Vater aus Serbien nach Österreich. Sie besuchte zuerst eine Neue Mittelschule und wechselte nach zwei Jahren ins Gymnasium. Ihre Abschiebung soll noch im Juni erfolgen. Zudem wurde die Schülerin mit einem dreijährigen Einreiseverbot belegt, was auch die Rückkehr mit einem Schülerinnenvisum ausschließt. Bereits im November des vergangenen Jahres sorgte der Fall für Aufsehen. In einer Spezial-ZIB hielten Mitschüler der 18-Jährigen vor laufender Kamera Transparente in die Kameras. Mit einem Offenen Brief an den damaligen Innenminister Karl Nehammer hofften sie weiters, die Abschiebung zu verhindern, wir berichteten. Auch eine Online-Petition wurde gestartet – bislang ohne Erfolg.

SOS Mitmensch: "Es braucht ein System, das auf Chancen ausgerichtet ist, nicht auf Zerstörung"

"Wenn Behörden ohne Not eine Jugendliche in tiefe Verzweiflung stürzen, dann läuft etwas falsch im System. Es kann doch nicht sein, dass all die Verbesserungsvorschläge der von Irmgard Griss geleiteten Kindeswohlkommission umsonst gewesen sind", kritisiert SOS Mitmensch-Sprecher Pollak. Er fordert ein behördliches Umdenken: "Neben der Unmenschlichkeit der Ausweisung und des Wiedereinreiseverbots ist es absurd, dass erfolgreiche Schüler des Landes verwiesen werden, während zugleich im ganzen Land händeringend gut gebildete Arbeitskräfte gesucht werden. Es braucht ein System, das auf Chancen ausgerichtet ist, nicht auf Zerstörung!"