Wirtschaft

70 Prozent der Erdäpfel-Ernte heuer unverkäuflich

Heute Redaktion
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Erdäpfel-Ernte auf einem Feld in Deutschland. Symbolfoto
Erdäpfel-Ernte auf einem Feld in Deutschland. Symbolfoto
Bild: picturedesk.com

Ganz Wien könnte zwei Jahre lang von der Menge Erdäpfel leben, die heuer vernichtet werden muss: Ab dem Frühjahr gibt's im Handel wohl nur noch Import-Kartoffeln.

Rund 70 Prozent der heimischen Erdäpfelernte dürften heuer Dürre und Schädlingen zum Opfer gefallen sein. Das berichten die "Oberösterreichischen Nachrichten" am Mittwoch.

Laut einer Aussendung der IndustrieGruppe Pflanzenschutz (IGP) hätte alleine die in Niederösterreich zur Vernichtung preisgegebenen Menge gereicht, um alle Einwohner der Stadt Wien für fast zwei Jahre zu ernähren. Durchschnittlich konsumiert ein Österreicher rund 52 Kilogramm Kartoffeln im Jahr. Die Aussichten sind wenig rosig: Voraussichtlich im Frühjahr 2019 werden dem Handel Erdäpfel aus heimischen Anbau – 95 Prozent davon stammen aus Niederösterreich – ausgehen, dann muss importiert werden.

"Existenzbedrohendes Ausmaß"

"Wir können den Ausfall noch nicht genau bemessen", wird Anita Kamptner, Geschäftsführerin der Interessengemeinschaft Erdäpfelbau (IGE), von den "OÖ Nachrichten" zitiert. Es werde sich erst zeigen, wie viel Ware der Lebensmittelhandel trotz der Schäden abnehme und wie viel entsorgt werden muss. Ein knappes Drittel der Ernte sei durch die Trockenheit unansehnlich und werde wohl deshalb nicht den Weg ins Regal finden. Ein weiteres Drittel sei von Schädlingen wie dem Drahtwurm angefressen worden und deshalb ebenso unverkäuflich.

"Die Schäden, die Drahtwürmer heuer in Erdäpfeln verursacht haben, nehmen für viele Betriebe in Niederösterreich ein existenzbedrohendes Ausmaß an", klagt die IGE in einer Aussendung. Kampagnen gegen Pestizide durch Handel und Umweltorganisationen (NGOs) hätten wirksame Schädlingbekämpfung unmöglich gemacht. Spar habe den Erdäpfelbauern heuer schriftlich abverlangt, auf Pestizide zu verzichten; der Rewe-Konzern, dazu gehören Billa und Merkur, sei für freiwillige Selbstbeschränkung, so die "OÖ Nachrichten".

Und so sieht es aus, wenn 23 Tonnen Erdäpfel über die A2 rollen:

Pestizid-Verbote "nicht mehr hinzunehmen"

Es sei zwar naheliegend, dass der Handel dann auf ausländische Ware zurückgreife, doch die heimischen Bauern hätten kein Verständnis dafür, "dass es bei diesen Importen niemanden zu interessieren scheint, welche Produktionsmittel eingesetzt wurden", klagt die Landwirtschaftskammer NÖ. So dürften in vielen der Import-Länder nach wie vor Wirkstoffe verwendet werden, die bei der Produktion in Österreich nicht akzeptiert werden.

"Die heimische Erdäpfelbranche ist nun an einem Punkt angelangt, wo weitere Einschränkungen bei den Pflanzenschutzmittelzulassungen nicht mehr hinzunehmen sind", ist Landwirtschaftskammer NÖ-Präsident Hermann Schultes überzeugt: "In den vergangenen Jahren wurden die Möglichkeiten, auf Schädlinge und Krankheiten zu reagieren, mehr und mehr reduziert. Das Risiko trägt alleine die Landwirtschaft." (red)