Sie waren unterwegs zu eine Hochzeit, er und seine Brüder und Schwestern, am Steuer die Mutter. Dann verlor sie die Kontrolle über das Auto, es kam zum Unfall. "Mein älterer Bruder verlor eines seiner Beine, ich beide", erinnert sich Edgard John-Augustin.
Glücklicherweise kam ein Mann zur Unfallstelle, nahm John-Augustin und seinen Bruder in sein Auto und fuhr sie ins Spital. "Er rettete unser Leben", sagt der 35-Jährige. Und er fügte gegenüber "SunSport" an: "Wir haben wahrscheinlich sein Auto mit unserem Blut ruiniert."
Der Franzose, geboren im südamerikanischen Französisch-Guyana, ist dem Helfer ewig dankbar. Und er sagt: "Es ist extrem schwer für meine Mutter, weil sie sich das ganze Leben lang schuldig fühlt. Aber nur dank ihr bin ich zu dem Mann geworden, der ich heute bin." Und damit meint John-Augustin: ein erfolgreicher Bodybuilder.
Einfach war sein Weg keineswegs. Für diverse Operationen und Rehabilitation mussten er und sein Bruder jeweils nach Frankreich reisen, weit weg von den Eltern. Er war jung, verängstigt und ohne Familie. Er saß wegen der Operationen oft im Rollstuhl, so war John-Augustin als Teenager scheu, übergewichtig, und er versteckte sein Handicap, so gut es ging. Erst mit 20 begann sich sein Leben radikal zu verändern. Als er sich erstmals in ein Fitness-Studio begab.
So begann sein Aufstieg im Bodybuilding, vom Amateur zum Profi. Er hat endlose Stunden im Fitness-Studio verbracht. Er gewann diverse Bodybuilding-Veranstaltungen und wurde 2015 Europameister im Rollstuhl. Mittlerweile darf er an Rollstuhl-Events nicht mehr teilnehmen, weil er ins Profi-Business gewechselt hat. "Das ist für mich die größte Leistung, auf einer Bühne mit anderen unglaublichen Athleten zu stehen."
John-Augustins Einstellung ist: "Wenn ich es nicht tue, wird es niemand für mich tun. Das ist mein Mantra, was mir auch meine Mutter immer wieder eingetrichtert hat." "Bionic Body", wie sich John-Augustin auf Instagram nennt, trainiert sechsmal pro Woche, nur sonntags legt er eine Pause ein.
Doch ohne Beine ist auch er limitiert. Er hat sich zwar an sein Handicap gewöhnt, schon sein Leben lang. Aber "ich habe oft Verletzungen aufgrund meiner Prothesen, das stoppt mich jedoch nicht. Ich mache auch mit Schmerzen weiter, egal was passiert", gibt sich John-Augustin kämpferisch. Er hat es weit gebracht - und man wird noch von ihm hören, dem Bodybuilder ohne Beine.
(20min.ch)