Österreich

"Wir bekamen lebenslang von unserem Vater"

Der Arzt Eduard L. wurde in der Wiederholung seines Prozesses verurteilt. Seine Kinder kritisieren das Urteil gegenüber "Heute.at".

Heute Redaktion
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Im ersten Prozess 2017 war er noch überraschend freigesprochen worden, am Donnerstag folgte bei der Wiederholung nach Urteilsaufhebung durch das Oberlandesgericht ein (nicht rechtskräftiger) Schuldspruch: Der steirische Arzt Eduard L, der jahrelang seine nun erwachsenen Kinder gequält haben soll, fasste vier Monate bedingte Haft und eine Geldstrafe von 560 Euro aus. Seinen vier Kindern wurde je 1.000 Euro zugesprochen.

"Wir sind zunächst erleichtert, dass es überhaupt zu einer Verurteilung gekommen ist", sagt eine Tochter zu "Heute.at". "Es überwiegt aber das Entsetzen über das Mini-Urteil. Jeder kleine Taschendieb oder Bierzelt-Raufer bekommt höhere Strafen. Wir haben faktisch lebenslang von unserem Vater bekommen ." Die Geldstrafe bezeichnen die Kinder als "zynisch und lächerlich". Es sei "eine Schande für ein Gericht in einem zivilisierten Land".

Niedrige Geldstrafe

Der Hintergrund für die geringe Geldstrafe: L. gab an, derzeit von Notstandshilfe zu leben. Bevor er ein Berufsverbot erhielt, verdiente er laut eigenen Angaben 10.000 Euro pro Monat. "Der ganze Fall lässt uns eine Art Zwei-Klassen-Justiz vermuten und das Urteil erscheint uns ein extra-mildes Urteil für einen prominenten Täter", prangern die Kinder an.

Die vier Kinder, drei Frauen und ein Mann, waren von einem neuerlichen Freispruch ausgegangen: "Überraschend, dass er überhaupt verurteilt wurde bei seinen Kontakten und seinem Vermögen. Das war sicher nicht vorgesehen und dem öffentlichen Druck geschuldet."

Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Kinder fordern nun, dass der Staatsanwalt "in allen Punkten Berufung einlegt – vor allem die Strafhöhe und den seltsamen Freispruch für die medizinisch nicht indizierte Verabreichung von Morphium".

Die Kinder haben das Filmprojekt "Schraubenzieher im Bauch - Der Fall Dr. L." ins Leben gerufen. Es soll über eine Crowdfunding-Kampagne finanziert werden, die noch unterstützt werden kann.

Politiker sieht "aufklärungswürdige Umstände"

SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim kritisiert das Urteil: "Vier Monate bedingt und eine niedrige Geldstrafe stehen in keinem Verhältnis zur Traumatisierung, die die Kinder erlitten haben." Er betont "aufklärungswürdige Umstände" im Prozess.

So wurden entgegen allen üblichen Ursachen im neuen Verfahren am Straflandesgericht in Graz (trotz mehrfacher Urgenzen der Privatbeteiligtenvertreter) lediglich drei von sechs Verhandlungsprotokollen den betroffenen Parteien zugestellt.

Die Begründung des Zurückhaltens der anderen drei Verhandlungsprotokolle sei wenig nachvollziehbar und führe klarerweise zu offenen Fragen, die bis heute nicht zufriedenstellend beantwortet werden konnten, so Jarolim. Er hat eine parlamentarische Anfrage zu dem Thema eingebracht.

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