Politik

"Ein Wachrütteln" – Doskozil-Klartext im SPÖ-Machtkampf

Jetzt spricht Hans Peter Doskozil über den Führungsstreit in der SPÖ. Er polarisiere bei SPÖ-Spitzenfunktionären zu stark, so der Burgenland-Chef.

Clemens Oistric
Hans Peter Doskozil sieht die Rendi-Ablöse als "eher utopisch" an.
Hans Peter Doskozil sieht die Rendi-Ablöse als "eher utopisch" an.
HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com

Über eine Woche lang hat Hans Peter Doskozil (SPÖ) zu der von seiner Landespartei beauftragten Umfrage, die der SPÖ mit ihm an der Spitze bessere Chancen einräumen würde, geschwiegen. Nun ist der SP-Grande nach einem weiteren Eingriff in Leipzig (D) zurück im Amt, präsentierte am Donnerstag eine "Gaspreis-Bremse" für die Burgenländer und sprach vor Journalisten über die Situation in der SPÖ. 

"Wachrütteln für die Partei"

Die Umfrage sollte ein "Wachrütteln" für seine Partei sein – " damit man sieht, was möglich wäre, wenn man auf die richtigen Themen setzt", betont Doskozil. Erst in der zweiten und dritten Frage gehe es "um ein gemeinsames Auftreten oder um die Frage der Spitzenkandidatin oder des Spitzenkandidaten", in erster Linie jedoch "um die brennenden Fragen des tagtäglichen Überlebens für die Bevölkerung" im Schatten multipler Krisen. 

"Die Umfrage war ein wesentlicher Faktor, einige in der Partei auch einmal wachzurütteln und das Potenzial der SPÖ zu sehen."

Ob der Zeitpunkt für die Veröffentlichung der richtige gewesen wäre, darüber könne man diskutieren ("Sehe das durchaus auch selbstkritisch"), räumt Doskozil ein, verteidigt aber das Abfragen: "Das machen alle Parteien – auch die SPÖ Burgenland. Man versucht Themenlandschaften und Stimmungen im Land einzufangen. Auch, wenn es natürlich viele persönliche Begegnungen gibt, sind Umfragen dafür ein probates Mittel. Nicht immer geht es dabei nur um das Burgenland – speziell die Themen Mindestlohn et cetera sind interessant, wenn man sie auf Österreich umlegen könnte."

"Man muss sich immer verbessern"

Angesprochen auf die gewählte Vorgehensweise sagt Doskozil: "Man kann darüber diskutieren, ob das Hinausspielen klug war oder ob der Zeitpunkt der richtige war. Aber es war ein wesentlicher Faktor, einige in der Partei auch einmal wachzurütteln und das Potenzial zu sehen, wo die Partei stehen könnte. Das ist ganz wichtig, weil man immer daran arbeiten muss, sich zu verbessern."

"Den Versuch einer inhaltlichen Aufarbeitung mit der Parteivorsitzenden und den Länderchefs hat es bis dato nicht gegeben."

Die Wahlergebnisse im Burgenland (hier regiert die SPÖ mit absoluter Mehrheit) seien nicht alleine auf ihn als Spitzenkandidat zurückzuführen, so Doskozil: "Die haben wir deshalb, weil wir gemeinsam als SPÖ im Burgenland auf die richtigen Themen setzen." Dann bringt er seinen Mindestlohn (1.700 Euro netto) zur Sprache: "Man kann den Mindestlohn – und das geschieht von Spitzenfunktionären österreichweit – durchaus belächeln. Aber, wie viel Einkommen eine Person zur Verfügung hat, ist ein wesentliches inhaltliches Element. Da geht es sehr stark darum, wie die Sozialdemokratie auftritt und welche Antworten sie auf die Fragen der Zeit gibt."

Für Doskozil gehe es "nicht allein um die Person an der Spitze, es geht darum: Wie beantworte ich die Fragen der Zeit – von Migrationskrise über Teuerung bis hin zur Energiewende. Da gibt es derzeit sehr viel. Wir müssen glaubwürdig Antworten darauf geben."

'"Die Gehässigkeit, die mir in der SPÖ teilweise entgegengebracht wird, hätte ich in einer Partei wie der Sozialdemokratie nicht erwartet."

Im Gespräch gibt sich Doskozil auch enttäuscht über den menschlichen Umgang in seiner Partei. Er habe die beiden Lager in der Zeit Faymann/Kern miterlebt, sei damals aber "noch ein politischer Anfänger" gewesen. Heute wundert er sich darüber, "wie tief und gehässig Politik sein kann". Und: Ich bin intern überrascht, dass es eine sehr große Gehässigkeit in der Partei gibt, denn die Gehässigkeit, die mir teilweise entgegengebracht wird – ohne jetzt beleidigt zu sein – das hat mich bis zu einem gewissen Grad überrascht, das hätte ich in der Partei wie der Sozialdemokratie nicht erwartet."

DANN DER KNALLEFFEKT: "Eine Spitzenkandidatur – was meine Person betrifft – ist eher utopisch und nicht wahrscheinlich, weil ich offensichtlich in der Partei bei manchen Spitzenfunktionären zu sehr polarisiere. Auf der anderen Seite geht es darum, unser Potenzial abzurufen."

Dieses verortet Doskozil für die SPÖ derzeit "bei weit über 30 Prozent". Er erhofft sich nun klärende inhaltliche Gespräche mit Pamela Rendi-Wagner: "Ich habe der Parteivorsitzenden schon vor über einem Jahr angeboten, uns im Kreise der neun Landesparteivorsitzenden zusammenzusetzen, um uns auf wichtige Themen zu verständigen. Den Versuch dieser inhaltlichen Aufarbeitung hat es bis dato nicht gegeben."

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    Hans Peter Doskozil wurde im Rahmen der Flüchtlingskrise 2015 einer großen Öffentlichkeit bekannt. Hier im Bild: Der damalige Polizeidirektor mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner.
    Hans Peter Doskozil wurde im Rahmen der Flüchtlingskrise 2015 einer großen Öffentlichkeit bekannt. Hier im Bild: Der damalige Polizeidirektor mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner.
    Screenshot ORF