Niederösterreich

Arm weg! Aber Landwirt (58) soll in Gastro arbeiten

Bei einem Unfall war Heinrich H. der rechte Arm abgetrennt worden. Nach über 400 Versicherungsmonaten bekommt er keine Pension, soll hackeln gehen.

Rechtshänder Heinrich H. (58) verlor vor 5 Jahren den rechten Arm, soll aber arbeiten.
Rechtshänder Heinrich H. (58) verlor vor 5 Jahren den rechten Arm, soll aber arbeiten.
privat

Bis zu seinem 53. Lebensjahr hatte Heinrich H. (58) aus dem Bezirk Horn als Landwirt und Tankstellen-Stationsleiter schwer geschuftet, kam auf über 400 Versicherungsmonate.

75 % Invalidität

Doch beim Service eines Mähdreschers im Jahr 2017 war der 58-Jährige in die Riemenscheibe der Maschine geraten, Heinrich H. verlor dabei den rechten Arm oberhalb des Ellbogens - mehr dazu hier. Nach Monaten der Schmerzen, Reha und Prothesen-Einstellung (elektronische Prothese im Wert von rund 90.000 Euro) wollte der 75 Prozent-Invalide in Pension gehen, bekam aber die Erwerbsunfähigkeit stets nur befristet zugesprochen.

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    Rechtshänder Heinrich H. mit Armstumpf
    Rechtshänder Heinrich H. mit Armstumpf
    privat

    Eine dauerhafte Erwerbsunfähigkeit wurde nach einem Gutachter-Spießrutenlauf von der Versicherung abgeschmettert, der 58-Jährige nahm sich einen Anwalt (Kanzlei Nagl, Rusinger) und zog vor Gericht. Doch die Klage des 58-Jährigen wurde am Kremser Gericht abgelehnt, denn Heinrich H. könnte laut Experten etwa noch als Portier, Postmitarbeiter, Systemgastronomie-Mitarbeiter oder Objektsicherheitskraft arbeiten (Anm.: einige mögliche Positionen wurden dann in weiteren Gutachten gestrichen, aber z.B. Objektsicherheitskraft blieb bis dato aufrecht).

    Einarmiger (58) am AMS

    Der 58-Jährige musste schließlich aufs AMS gehen und sich dort laut Vorgaben bewerben, obwohl seine einzige Prothese rund 20 Wochen im Jahr im Service oder in Reparatur ist. Einen Antrag auf eine zweite, billigere Ersatz-Prothese hat der 58-Jährige längst gestellt.

    "Es wurde auch im Gutachten festgehalten, dass sich die Funktionalität meiner rechten Hand samt Prothese in Zukunft verbessern könnte. Anzumerken sei, dass das AMS in Ordnung war", sagt Heinrich H. achselzuckend. Im Gutachten wurden alle Laster wie Rauchen sowie ein Rundrücken aufgeführt, fast beiläufig anmutend auch die Behinderung durch den Verlust des rechten Armes (siehe auch Bilderserie).

    "Als Rechtshänder verlor ich meine rechte Hand und soll mich jetzt mit knapp 60 Jahren bewerben gehen. Seit Jahren werde ich auf die lange Bank geschoben", so Heinrich H. Schließlich bewarb sich der resolute Bauer, der seinen Sinn für Humor nie verloren hat, sogar bei der zuständigen Versicherung (bis 2019 SVB, jetzt SVS). "Natürlich bekam ich keine Stelle", berichtet Heinrich H., der nur noch den Kopf schüttelt. "Im Mai war die Verhandlung wegen meiner Pension, erst nach über zwei Monaten, am 18. Juli, erging das Urteil schriftlich", so der verheiratete 58-Jährige.

    Das sagt Versicherung

    Laut Urteil soll sich Heinrich H. also weiterhin um eine Arbeit bemühen - seine Anwälte legten gegen das Urteil Berufung ein, der Fall wandert nun zum Oberlandesgericht Wien.

    Ein Sprecher der zuständigen SVS auf Anfrage dazu: "Wir müssen gleich vorneweg anmerken, dass es uns generell aus Datenschutzgründen nicht möglich ist, mit Dritten über individuelle Fälle zu sprechen, auf konkrete Hintergründe und entsprechende Einzelheiten einzugehen. Wir können Ihnen also auch hier zum gegenständlichen Fall keine Informationen und Details darlegen. Selbstverständlich wahren wir hier die Rechte unserer Kundinnen und Kunden. Die Zuerkennung einer Erwerbsunfähigkeitspension durch die SVS erfolgt nach Prüfung der hierfür gesetzlich vorgesehenen Bestimmungen, einerseits der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sowie andererseits der Feststellung der im Gesetz determinierten Erwerbsunfähigkeit (GSVG oder BSVG) auf Basis medizinischer Gutachten unter Berücksichtigung des individuellen Gesundheitszustandes des Versicherten. Ergeht ein die Entscheidung der SVS voll bestätigendes Urteil, so steht selbstverständlich der Instanzenweg offen."