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"Rocket Man" Elton John lässt Wiener Fans abheben

Am Mittwoch sorgte der britische Superstar beim ersten seiner beiden Abschiedskonzerte für eine riesengroße Party.

Heute Redaktion
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Auch die größten Stars entscheiden sich zum Leidwesen ihrer Fangemeinde irgendwann dazu, etwas leiser zu treten. Auch Sir Elton John. Mit der gigantischen "Farewell Yellow Brick Road"-Tour sagt er seinen Fans auf der ganzen Welt über den Zeitraum von mehr als zwei Jahren lautstark "Goodbye".

Dreistündiger Hitmarathon

Auf eine jahrzehntelange Karriere als Popsuperstar zurückblickend, lässt er während eines rund drei Stunden dauernden Konzerts die Höhepunkte seines musikalischen Schaffens noch einmal für seine Anhänger aufblitzen. Schon anderthalb Stunden vor Beginn standen sich viele Konzertbesucher rund um die Stadthalle in äußerst disziplinierten Schlangen die Füße in den Bauch. Der Einlass funktionierte allerdings schnell und reibungslos, sodass fast jeder pünktlich am Platz saß.

Um kurz nach halb acht Uhr wurde das Saallicht kurz gedimmt, gleichzeitig brandete ein Tosen durch die ausverkaufte Stadthalle. Wenige Augenblicke später haute Sir Elton John schon in die Tasten, um den Konzertabend mit dem Song "Bennie and the Jets" flott beginnen zu lassen.

Standing Ovations gleich zu Beginn

In einem mit unzähligen Strasssteinen besetztem Frack und dazu passender Glitzerbrille saß der 72-Jährige am großen, schwarzen Flügel, seine Mitmusiker im Rücken. Schon nach der ersten Nummer gab es vom Publikum Standing Ovations. Weiter ging es mit "All The Girls Love Alice".

Nach der zweiten Nummer begrüßte der 72-Jährige seine Fans. "Guten Abend, Wien. Wir sind sehr glücklich in dieser schönen Stadt zu sein. Die Show heute und morgen sind die letzten Konzerte, die wir je in Wien spielen werden. Wir werden also so viel Spaß wie möglich haben", sagte er auf Englisch, ehe er mit "I Guess That's Why They Call It The Blues" einen weiteren Hit aus seinen Ärmeln direkt in die Klaviatur fließen ließ.

Beeindruckende Bühne

Hinter dem "Rocket Man" und seiner Band erhob sich eine überdimensional große Leinwand, auf der während der Songs Videoclips oder Visuals eingespielt wurden. Umrahmt wurde die Leinwand und die ganze Bühne von gelben Ziegelsteinen, passend zum Titel der Abschiedstour.

Das Set wurde fortgesetzt mit "Border Song", "Tiny Dancer" und "Philadelphia Freedom". Bei einem kurzen Spaziergang über die ausladende Bühne holte er sich danach einen längeren Applaus ab.

Stimmlich immer noch top

Trotz seiner 72 Jahre und dem vor allem in den 1970er und 80er-Jahren sehr exzessiv gelebten Rock'n'Roll-Lifestyle klingt die Stimme von Sir Elton nach wie vor voll und hat nichts von ihrem einzigartigen Zauber verloren.

Auch bei den Höhen geht ihm nicht die Luft aus, wie sich unter anderem beim Song "Indian Sunset" zeigte. Der eher unbekannte Titel zählt für ihn zu einem der besten Songs, den er gemeinsam mit Bernie Taupin geschrieben hat. Bei dem monumentalen Stück wurde er nur von einem Percussionisten begleitet. Das Publikum goutierte die seltene Darbietung erneut mit Standing Ovations.

Erstes Highlight "Rocket Man"

Dann folgte mit "Rocket Man" der erste große Gänsehautmoment des Abends. Optisch untermalt von spacigen Weltraumaufnahmen sang sich Elton John durch den Hit aus dem Jahr 1972, der auch Namensgebend für das bald erscheinende Biopic mit Taron Egerton in der Hauptrolle ist. Die Nummer wurde extrem dynamisch dargeboten und so spektakulär in die Länge gezogen.

Nach dem funkigen "Take Me To The Pilot" ging es mit "Sorry Seems To Be The Hardest Word" weiter. Bei der Ballade wurden erstmals Handy-Taschenlampen aktiviert und von der Vielzahl an in die Höhe gehaltener Displays ließ sich schließen, dass das Dargebotene auch hundertfach auf Video festgehalten wurde.

Mit "Someone Saved My Life Tonight" folgte einer der wohl persönlichsten Songs vom Album "Captain Fantastic and the Brown Dirty Cowboy" aus dem Jahr 1975. "Levon", bei dem der Popstar zeigte, warum man nicht nur Billy Joel den "Piano Man" nennen sollte, bot dann noch eine flotte Gelegenheit, durchzuschnaufen. Es war nämlich an der Zeit für einen der traurigsten Songs aller Zeiten.

"Traurigster Song aller Zeiten"

Wem bei "Candle In The Wind" nicht das Wasser in den Augen stand oder die Wangen herunterkullerte, der kann kein Herz in der Brust tragen. Die Nummer, die Sir Elton eigentlich für Marylin Monroe geschrieben hat und die mit der Livedarbietung beim Begräbnis von Lady Diana in der Westminster Abbey im Jahr 1998 noch ein viel größere Bedeutung erlangte, zählt bis heute zu einem Garant für Tränendrüsenüberfunktion.

Für ein paar Minuten verschwand Reginald Kenneth Dwight, wie Elton John eigentlich heißt, von der Bühne. In einem mit Blumen bestickten Gehrock und einer farblich abgestimmten Hose saß er wenig später wieder am Flügel. Mit "Funeral For A Friend/Love Lies Bleeding" wurde der zweite Teil der Show fast schon bombastisch eingeleitet.

Berührende Worte über Drogensuch und HIV

Der hinten raus immer schneller werdende Gospel-Nummer "Burn Down The Mission" sorgte dann wieder für etwas Auflockerung im Set. Die gute Stimmung wurde nach "Daniel" und vor "Believe" mit einer ernsten Ansprache etwas gedrückt. Sehr persönlich erzählte Elton John über seine von Drogen und Alkohol dominierten Zeit in den 1980ern. Die Überwindung, sich Hilfe zu suchen, sei das beste, was er je gemacht hat. Mit der "Elton John Aids Foundation" kann er jetzt dieses Hilfe weitergeben.

Zu den ersten Klängen von "Don't Let The Sun Go Down" stürmten am Beginn des letzten Konzertdrittels schließlich zahlreiche Leute von den Stehplätzen direkt vor die Bühne. Es gab kein Halten mehr. Die große Ballade wurde von der gesamten Stadthalle abgefeiert.

Bei "The Bitch Is Back" und "I'm Still Standing" hielt es schließlich niemanden mehr auf den Sitzen. In den Gängen wurde getanzt und geshakt was das Zeug hielt. Der Rock'n'Roll-Train nahm dann mit "Crocodile Rock" und "Saturday Night's Alright For Fighting" noch weiter an Fahrt auf. Mit einem gelben Konfettiregen verließ Sir Elton danach vorerst die absolut tobende Halle.

Zugaben im blauen Morgenmantel

Nach minutenlangem Applaus kehrte Elton John schließlich in blauem Morgenmantel wieder auf die Bühne um sich mit den zwei Weltnummern "Your Song" und "Goodbye Yellow Brick Road" vom Wiener Publikum zu verabschieden. Voerst, denn schon am Donnerstag gibt es das zweite Abschiedskonzert von ihm. Dann wird die Zugabe die letzte auf Wiener Boden gespielte Nummer markieren. Im Sommer gibt es den Superstar noch in Graz zu sehen.

Elton John - "Farewell Yellow Brick Road"-Tour

• Bennie and the Jets

• All the Girls Love Alice

• I Guess That's Why They Call It the Blues

• Border Song

• Tiny Dancer

• Philadelphia Freedom

• Indian Sunset

• Rocket Man

• Take Me to the Pilot

• Sorry Seems To Be The Hardest Word

• Someone Saved My Life Tonight

• Levon

• Candle in the Wind

• Funeral for a Friend/Love Lies Bleeding

• Burn Down the Mission

• Daniel

• Believe

• Sad Songs (Say So Much)

• Don't Let the Sun Go Down on Me

• The Bitch Is Back

• I'm Still Standing

• Crocodile Rock

• Saturday Night's Alright for Fighting

Zugaben

•Your Song

•Goodbye Yellow Brick Road