Spieletests

"Enchanted Portals" im Test – schwacher "Cuphead"-Klon

"Enchanted Portals" sieht "Cuphead" zum Verwechseln ähnlich. Doch der neue 2D-Plattformer kommt nicht annähernd an das große Vorbild heran.

Rene Findenig
"Enchanted Portals" sieht fantastisch aus – spielt sich aber leider nicht so großartig wie das Vorbild "Cuphead".
"Enchanted Portals" sieht fantastisch aus – spielt sich aber leider nicht so großartig wie das Vorbild "Cuphead".
Xixo Games Studio

"Enchanted Portals" aus dem Hause Xixo Games Studio für PC, PlayStation 5 und Xbox Series X|S hat eindeutig das 2017 erschienene Run-and-Gun-Meisterwerk "Cuphead" mit seiner klassischen Cartoon-Grafik und beinharten Boss-Kämpfen zum Vorbild. Im Test zeigt sich aber schnell, dass der kürzlich erschienene 2D-Platformer keineswegs an dessen Qualität herankommt. Dabei hielten sich die Entwickler nicht nur optisch, sondern auch spielerisch an den Mega-Hit, vermiest sich seine Wertung aber mit einer streckenweise frustrierenden Steuerung und Gameplay-Schnitzern selbst. So wirkt "Enchanted Portals" schnell so, als hätte man tolle Ideen zusammengefügt, sie aber undurchdacht und lieblos miteinander verbunden.

Die Geschichte des Games ist indes schnell erzählt: Die zwei angehenden Magier Bobby und Penny stecken durch ein Missgeschick zwischen den Dimensionen der Spielwelt fest und müssen sich durch knallharte Levels und gegen beinharte Bosse zurück in ihre Heimat kämpfen, wo ein legendäres Zauberbuch auf sie wartet. Optisch flimmert das genauso wie "Cuphead" im Stil der frühen Cartoons der 1930er mit ihrem surrealistischen Stil über die Bildschirme. Und das ist auch das große Highlight des Games, denn was ein kleines Indie-Entwicklungsstudio da in Sachen Game-Design geleistet hat, ist genauso bewunderns- wie lobenswert. Anders als "Cuphead" wechselt "Enchanted Portal" den Comic-Stil auch manchmal.

Ein bisschen mehr Tutorial hätte es doch sein dürfen

Die Probleme beginnen jedoch bereits beim Spielstart, denn man wird in die 2D-Levels ohne Hilfen geworfen. Kein Tutorial, keine Erklärung der Mechaniken, nicht einmal die Angriffs- und Bewegungsmöglichkeiten werden dem Spieler erklärt. So wussten wir etwa im Test lange Zeit nicht, dass man auch dashen kann, um Angriffen zu entgehen, oder dass ein sich stetig aufladender Ring rund um unser Charakter-Porträt in der oberen Bildschirmecke auf eine bald nutzbare Superattacke hindeutet. Außerdem wird man im Spielverlauf einfach direkt aus dem Spielfluss in Videosequenzen gestoßen, ohne zu wissen, wie man diese eigentlich ausgelöst hat. Auch eine Anzeige, auf welcher Taste welche Attacke liegt, gibt es nicht.

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    "Enchanted Portals" aus dem Hause Xixo Games Studio für PC, PlayStation 5 und Xbox Series X|S hat eindeutig das 2017 erschienene Run-and-Gun-Meisterwerk ...
    "Enchanted Portals" aus dem Hause Xixo Games Studio für PC, PlayStation 5 und Xbox Series X|S hat eindeutig das 2017 erschienene Run-and-Gun-Meisterwerk ...
    Xixo Games Studio

    So verbringt man gerade anfangs recht viel Zeit damit, die Attacken "durchzuschalten", bis man die richtige gefunden hat – bei einem Spiel, bei dem es um blitzschnelle Reaktionen geht, eher suboptimal. Macht "Enchanted Portals" dann zumindest die Steuerung präzise, wenn sie schon nicht erklärt wird? Leider nur bedingt. Besonders in der Luft wird sie sehr schwammig und das Entgehen von Attacken zum Glücks- oder Pechfall. Richtig unfair wird es aber dann teils in den Boss-Battles. Diese sind in mehrere Phasen unterteilt – und bei ihrem Wechsel kann es vorkommen, dass unsere Spielfigur einfach kurzzeitig am Bildschirm festfriert und man der nächsten Attacke hilflos ausgeliefert ist. Dazu kommt unpräzises Anvisieren als Draufgabe.

    Fummelige Steuerung und unglückliches Leveldesign

    Zur Steuerung gesellt sich ein unglückliches Leveldesign. Die Level fallen zufallsgeneriert aus und zeigen sich deshalb manchmal als eigenwillige Aneinanderreihung von eigentlich für sich allein stehen tollen Passagen, deren Übergang nicht funktioniert. Gut und gerne können die Levels auch mal fünf Minuten und mehr Spielzeit in Anspruch nehmen – ohne Checkpoints darf man sie dann beim Spieltod von vorne wiederholen. Und stellenweise zeigen sich die Passagen komplett leer, andere sind wieder so überfüllt von Feinden, dass diese aus allen Ecken auf uns hereinstürzen. Bemerkenswert ist auch, dass die Levels kaum die Steuerungsmöglichkeiten ausnutzen – den Doppelsprung braucht man etwa so gut wie gar nicht. 

    Von Beginn weg darf man Feuer-, Eis- und Windzauber nützen, um die Feinde zu bekämpfen – da diese oft nur gegen ein Element Schaden nehmen, beginnt wieder das wilde Durchschalten der Attacken, bis man sich diese irgendwann gemerkt hat. Aber auch dann nervt das ständige Umschalten noch. Später fanden wir heraus, dass eine magische Blase jeden gegnerischen Angriff blockieren kann – man muss also nicht immer nur ausweichen. Schneller klar wird Spielern dafür von selbst, dass sie auch auf einem Besen herumfliegen oder unter Wasser tauchen können. In den beiden Fällen wird aber noch klarer als beim simplen Herumlaufen, dass es eine seltsame Verzögerung von der Button-Eingabe bis zur Ausführung gibt.

    "Enchanted Portals" im Test – schwacher "Cuphead"-Klon

    Eine nicht präzise Steuerung, zufallsgenerierte Levels und plötzlich irgendwo auftauchende Gegner konterkarieren das, was etwa "Cuphead" so großartig gemacht hat: Die Reflexe zu trainieren und die Levels auswendig zu lernen, um letztlich den fast unmöglichen Schwierigkeitsgrad zu bewältigen. Was "Cuphead" an Können verlangte, schiebt "Enchanted Portals" zu sehr auf den Faktor Glück. Überraschenderweise leidet das Spiel außerdem an einer lieblosen Soundkulisse – bis auf wenige Ausnahmen gibt es generische Geräusche wie Pieptöne im Hightech-Level auf die Ohren. In anderen Levels wie dem Wald am Start wirkt das lieblos – und streckenweise werden die Musikstücke und Soundeffekte einfach von Stille unterbrochen.

    Es ist furchtbar schade, dass "Enchanted Portals" zu einem schlechten "Cuphead"-Klon geworden ist, denn das Spiel ist nicht von Grund auf mies, die einzelnen guten Ideen und kreativen Bestandteile wurden nur sehr lieblos miteinander verknüpft. Toll animierte Charaktere und anspruchsvolle Bosse gibt es ebenso wie abwechslungsreiche Umgebungen, einzigartige Attacken und vor allem einen wunderschönen Grafikstil. Möglicherweise schaffen es die Entwickler mit Updates und Überarbeitungen noch, "Enchanted Portals" zu einem wirklich empfehlenswerten Titel zu machen – ansonsten bleibt für Fans derzeit weiter nur die Möglichkeit, auf einen zweiten Teil des großen Vorbilds "Cuphead" zu warten.