Österreich

"Engagierte Eltern will man bestrafen"

Glattauer gibt Noten. Heute: Es drohen Quarantäne und Schließungen, aber engagierte Eltern bestraft man! Und: Wer braucht "pädagogische" Kompetenz?

Niki Glattauer
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Niki Glattauer war Lehrer und Schuldirektor und vergibt in <em>"Heute"</em> Noten.
Niki Glattauer war Lehrer und Schuldirektor und vergibt in "Heute" Noten.
Sabine Hertel

Wenn beginnend mit Ost-Österreich ab Montag 1,2 Millionen Schüler in ein neues Schuljahr starten, werden knapp 6.000 schulpflichtige Kinder nicht dabei sein. Dass heuer mehr Eltern ihre Kinder von der Schule ab- und zum häuslichen Unterricht angemeldet haben als je zuvor ("Heute" berichtete), stößt vielen sauer auf, aber wundert's wen? Solange Österreich beim Impfen ein (Unter-)Entwicklungsland bleibt, bleibt unsere Schule, was sie schon vor dem Sommer war: ein trauriger Masken-Ball mit nerviger Testitis.

Und frage nicht, was los ist, wenn in den nächsten Wochen die ersten Klassen-Cluster aufpoppen – und das werden sie! Dann drohen Quarantäne, Klassen-, ja auch Schulschließungen. In Dänemark, wo 75 Prozent der Bevölkerung geimpft sind, hat die Regierung alle schulischen Corona-Maßnahmen aufgehoben, Devise: damit umgehen wie mit Grippe, Augen zu und durch. Und bei uns? Da geht man auf engagierte Eltern los (unten mehr).

Note: Nicht genügend

Glattauer gibt Noten
Niki Glattauer war 25 Jahre Lehrer und Schuldirektor in Wien. Er hat bisher 13 Bücher veröffentlicht, alle zum Thema Schule wurden Bestseller. Jeden Montag vergibt er in einer Kolumne für "Heute" Schulnoten.
Alle seine Artikel findest Du hier.

…aber engagierte Eltern will man bestrafen!

Der Haus-Unterricht betrifft also exakt ein halbes Prozenterl unserer Schüler – dennoch ruft er bereits die "Fraktion Erschweren & Bestrafen" auf den Plan. Wie ich höre, will das Bildungsministerium nun via Schulqualitätsmanager kontrollieren, "dass Eltern zu Hause keine Lerngruppen bilden", das falle nämlich unter "illegale Privatschule" und sei mit Verwaltungsstrafen (!) zu ahnden.

Ehrlich, geht's noch? Ganz abgesehen davon, dass so etwas nicht kontrollierbar ist – da wird kritisiert, dass Kinder ohne Schule sozial isoliert werden und dann dürfen sie zum Lernen per Verordnung nicht zusammenkommen? Dazu deutlich der Bildungsforscher Stefan Hopmann auf Ö1: "Statt den engagierten Eltern mit irgendwelchen Maßnahmen zu drohen, wäre doch zu fragen, was im Schulbetrieb schiefläuft, wenn so viele Kinder nicht in der Schule lernen wollen oder können, was es in der Schule braucht." Ein wahres Wort, gar nicht gelassen ausgesprochen.

Note: Nicht genügend

Wer braucht "pädagogische" Kompetenz?

Lustig auch das Argument, Eltern verfügten nicht über die fürs Unterrichten nötige pädagogische Kompetenz. In Wahrheit braucht es 90 Prozent aller schulischen "Pädagogik" nur deswegen, weil in randvoll angefüllten Schulen zu wenig Lehrer zu vielen Kindern mit gefühlt 100 verschiedenen Sprachen gleichzeitig dasselbe beibringen müssen, und zwar unabhängig davon, ob es auch nur einen der Beteiligten gerade interessiert…

Weniger Glück als Kinder von Eltern mit ein bisschen Garten und viel Tagesfreizeit haben andere: Die Gewerkschaftsjugend präsentierte jetzt eine Studie, wonach 48,3 Prozent unserer Lehrlinge coronabedingt unter Zukunftsängsten und depressiven Zuständen leiden, besonders häufig Mädchen und Kinder aus Zuwandererfamilien. Wie wäre es mit Psychologen in Berufsschulen statt Kontrollen in Familien?

Note: Nicht genügend 
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