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Enttarnt: Wer hinter Anonymous steckt

Heute Redaktion
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Die kanadische Anthropologin Gabriella Coleman untersucht in einem Buch die Struktur des Hacker-Netzwerkes und schildert einzelne Biografien der Aktivisten. Die Interviews wurden teilseise via öffentlichem Telefon wie in alten Spionagefilmen geführt.

Die kanadische Anthropologin Gabriella Coleman untersucht in ihrem Buch die Struktur des Hacker-Netzwerkes und stellt einzelne Biografien der Aktivisten vor. Die Interviews wurden teilweise via öffentlichem Telefon wie in alten Spionagefilmen geführt. 
Erschienen ist das Buch bereits Ende 2014, doch jetzt erst wurde es aus dem Englischen übersetzt. Als erste Sprache erschien es nun auf Spanisch. Weitere Übersetzungen sollen folgen. Die Treffen mit den Aktivisten begannen im Jahr 2011. 

"Sabu", einer der einflussreichsten Rädelsführer der Gruppe,  hatte um die ungewöhnliche Kommunikationsweise aus der Telefonzelle gebeten, wie Coleman beschreibt.

Der New Yorker mit Wurzeln in der Dominikanischen Republik wird inzwischen als "Verräter" geführt, da er sich dem FBI anvertraute, um seine Strafe zu reduzieren. 

Zugang zu den Chatrooms

Über vier Jahre lang recherchierte die Kanadierin für ihr Buch "Die tausend Gesichter von Anonymous". Sie ist eine der wenigen weltweiten Experten, die sich mit dem Hacker-Netzwerk auskennt. "Biella", wie Coleman auch genannt wird,  hatte Zugang zu ihren geheimen Chatrooms. "Mit einigen von ihnen hatte ich eine Nah-Beziehung", sagt die Kanadierin im Interview mit der spanischen Zeitung "El Pais". 

"Die Chat-Kanäle und die Anonymität des Internets führen dazu, dass Du Dich ihnen sehr nahe fühlst: vor allen, weil Du nicht weißt, mit wem Du redest. Sie erzählen Dir sehr persönliche Dinge. Aber sie meiden Details, die dazu führen könnten, sie zu lokalisieren", lässt Coleman wissen.

In dem 550 Seiten starken Buch, voll von Abenteuer-Storys, Wiedergabe von kryptischen Dialogen und aufregenden Treffen mit einzelnen Aktivisten, gewährt sie Einblicke in die Anonymous-Welt.

Gegründet wurde das Netzwerk 2008. Erste Attacken führte es Ende 2010 aus, mit gezielten Angriffen auf die Webseiten von Visa, MasterCard und PayPal. 

Es folgten weitere Attacken, so im Jahr 2011 auf die Sicherheits-Firma HBGary. Der Grund dafür war allerdings nicht rein politischer Art, sondern es entpuppte sich als eine Rache-Aktion, wie Coleman darlegt. HBGary wollte die Namen von einzelnen Anonymous-Aktivisten an das FBI weiterleiten. Das sollte durch die Aktion gestoppt werden.

"Ein Stratege"

Der Journalist und Anonymous-Mitglied Barrett Brown war zu der Zeit Sprecher der Hacker-Gruppe. In ihrem Buch beschreibt Coleman, dass Brown ein Stratege war, der allerdings den Fehler beging, die Aufmerksamkeit der Presse auf die "Bewegung" zu lenken, die eigentlich jede Form einer Personalisierung ablehnt.

Anfang 2015 wurde Barrett zu 63 Monaten Haft wegen Bedrohung eines FBI-Agenten verurteilt. Brown kommentierte den Richterspruch mit den Worten: "Gute Nachrichten. Die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika hat heute entschieden, dass ich eine derart gute Arbeit bei der Untersuchung des Cyberwelt geleistet habe, dass ich nun geschickt werde, die Gefängniswelt zu untersuchen."

Eine weitere Ikone der Anonymous-Bewegung ist Jeremy Hammond, genannt "Yohoho". Dieser US-Amerikaner hackte die Sicherheitsfirma "Stratfor". Er wurde zu 10 Jahren Haft verurteilt, das FBI führt ihn als Terroristen. Hammond bezeichnet sich selbst als Anarchisten.

Bevor er sich Anonymous anschloss, wurde er bereits mehrmals bei politischen Protesten verhaftet, unter anderem weil er eine Olympische Fahne verbrannte, um eine Bewerbung Chicagos für die Olympiade 2016 zu verhindern.

In dem Buch kommen weitere Charakter des Netzwerkes vor, wie etwa Mustafa al Bassam, gennant "Tflow", Spross einer reichen irakischen Familie in London.  

Wenn auch eine gewisse Sympathie der Autorin für Anonymous nicht zu übersehen ist, so äußert Coleman auch Kritik an einigen Aktionen: Sie führt dabei die Operation "BART" an, bei der persönliche Daten von Mitarbeitern der Bay Area von San Francisco geleakt wurden. Falsch findet sie auch, dass die Daten von Familienangehörigen von Anthony Bologna an die Öffentlichkeit gelangten. Der Polizist Bologna hatte Pfefferspray gegen zwei junge Anonymous-Aktivisten eingesetzt.