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Erdogan holt sich eine Abfuhr in Deutschland

Erdogan will Hilfe für seine marode Wirtschaft. Bei Kanzlerin Merkel biss er auf Granit. Vor der Presse kam es zu einem Eklat.

Heute Redaktion
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Der türkischen Wirtschaft geht es derzeit ebenso schlecht wie der türkischen Währung – beide zieht es nach unten. Präsident Recep Tayyip Erdogan trat deshalb zum Staatsbesuch in Deutschland an. Sein Ziel: die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den Deutschen verbessern und um mehr Geld bitten. Erdogan wollte aber nicht nur die Hand aufhalten, er forderte auch gleich noch die Auslieferung von 69 Türken, die vor seinem Regime nach Deutschland geflohen waren.

Die "Terrorliste"

Aufgelistet auf der "Terrorliste" seien Menschen, die in der Türkei wegen Terrorvorwurfs gesucht werden und in Deutschland wie der Journalist Can Dündar Zuflucht gefunden haben, berichtete die regierungsnahe türkische Zeitung "Yeni Asir". Die Türkei fordere „dringend" die Auslieferung der 69 Personen. Die Liste enthalte auch genaue Adressdaten der Betroffenen und Fotos, die die Gesuchten beim Betreten und Verlassen ihrer Häuser zeigten.

Merkel: "Tiefgreifende Differenzen"

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz drehte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel den Spieß um. Sie forderte die Freilassung von mindestens acht deutschen Staatsbürgern, die in der Türkei inhaftiert sind. "Ich habe darauf gedrängt und werde das weiter tun, dass diese Fälle zügig gelöst werden können", sagte Merkel. Sie sprach von "tiefgreifenden Differenzen" in Fragen von Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit.

Erdogan bleibt stur

Erdogan beharrte auf der Auslieferung von Anhängern der Gülen-Bewegung, die er für den Putschversuch 2016 in der Türkei verantwortlich macht. Außerdem würden sich in Deutschland "Tausende Mitglieder der PKK-Terrororganisation" aufhalten. Der türkische Staatschef bestätigte auch das Auslieferungsersuchen gegen Journalist Dündar. Er ist einer der bekanntesten Journalisten der Türkei und lebt seit Sommer 2016 in Deutschland im Exil.

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Der Eklat



Während der Pressekonferenz kam es zu einem Eklat. Deutsche Sicherheitsbeamte führten einen Mann vor laufenden Kameras ab. Er hatte ein Leiberl getragen, auf dem die Forderung nach Pressefreiheit stand. Erdogan lächelte nur.

Am Vormittag war Erdogan bereits mit dem deutschen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zusammengetroffen. Die Atmosphäre des Treffens wurde als „ernst" beschrieben. Wirtschaftshilfe für die Türkei werde es nicht geben, solange Erdogan nicht bereit ist, seinen harschen Kurs gegen kritische Journalisten und Regimegegner aufzugeben, war in Berlin zu hören.

Auch der österreichische Student Max Zirngast sitzt derzeit in einem türkischen Gefängnis. Ihm wird Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.

(GP)

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