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Erdogan will im Nordirak einmarschieren

Heute Redaktion
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Ein syrischer Kämpfer auf Seiten der Türkei: So wie viele von ihnen erhob er nach der Eroberung Afrins den Zeigefinger ? die Erkennungsgeste der Dschihadisten des IS.
Ein syrischer Kämpfer auf Seiten der Türkei: So wie viele von ihnen erhob er nach der Eroberung Afrins den Zeigefinger ? die Erkennungsgeste der Dschihadisten des IS.
Bild: picturedesk.com

Nach der Einnahme Afrins in Syrien droht der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan mit einer Ausweitung der Offensive nach Ostsyrien und in den Irak.

Einen Tag nach der Einnahme der kurdischen Hochburg Afrin hat die siegreiche türkische Seite genauere Angaben über ihren Rückzug aus dem syrischen Gebiet vermieden. Im Gegenteil: Präsident Recep Tayyip Erdogan drohte mit den Kampfhandlungen weiter zu machen.

Erdogan sprach von mit einer Ausweitung der Offensive nach Ostsyrien – und einem Einmarsch in den benachbarten Irak. Im Visier sind dabei weitere von der Kurdenmiliz YPG kontrollierte Gebiete sowie "Terrorcamps" der in der Türkei verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK im Nordirak. Sollte die Regierung in Bagdad nicht agieren, wolle die Türkei diese Ziele "wenn nötig anhaltend unter Kontrolle bringen", warnte Erdogan.

Syrien fordert sofortigen Abzug

Syrien forderte unterdessen in einem Schreiben an die UNO den sofortigen Abzug der türkischen Armee von seinem Territorium. "Die Erklärung des Präsidenten des türkischen Regimes, dass seine Invasionstruppen Afrin kontrollieren, ist rechtswidrig", hieß es in dem Schreiben.

"Wir sind keine Besatzer", sagte der türkische Regierungssprecher Bekir Bozdag am Montag. Die Türkei habe keine Absicht, langfristig in Afrin zu bleiben. Ziel der Türkei sei es, die Region "vom Terror zu säubern" und sie "ihren rechtmäßigen Besitzern zurückzugeben".

Bozdag, der auch stellvertretender Ministerpräsident ist, ließ aber offen, wer mit den "wirklichen Besitzern" Afrins gemeint sind und wann genau mit einem Abzug zu rechnen sei. Vergangene Woche hatte ein Sprecher des türkischen Präsidenten Erdogan gesagt, die Türkei wolle das Gebiet nicht an die Machthaber in Damaskus zurückgeben.

Plünderungen und Dschihadisten

Die türkische Armee und verbündete Kämpfer der so genannten Freien Syrischen Armee (FSA) hatten die Stadt Afrin am Sonntagmorgen in ihre Hand gebracht, nachdem sich die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) kampflos zurückgezogen hatten. Es ist für die Türkei der größte Erfolg seit Beginn der Afrin-Offensive im Januar.

Plünderungen durch pro-türkische Einheiten gingen am Montag weiter, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Nach der Einnahme der Stadt waren Autos, Lastwagen und Traktoren zu sehen, die Nahrungsmittel, Elektrogeräte, Decken, Schafe und Motorräder abtransportierten.

Was aber noch mehr schockierte: Syrische Kämpfer auf Seiten der Türkei posierten für Fotos mit gestrecktem Zeigefinger – dem Symbol der Terrororginasation IS. Bereits im Februar waren Vorwürfe aufgekommen, die Türkei hätte ehemalige Dschihadisten als Söldner angeheuert.

"Präsenz der Türkei in Syrien auf Jahre gesichert"

Die Türkei hatte die Offensive am 20. Januar gestartet, um die kurdischen YPG-Einheiten aus Afrin zu vertreiben. Ankara sieht die Präsenz der YPG an der Grenze als Bedrohung, da die Gruppe eng mit der PKK verbunden ist. Die YPG hatte zuvor mit Unterstützung der USA gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gekämpft. Für die kurdische Miliz ist der Verlust von Afrin ein schwerer Schlag, während die Türkei damit ihr Einflussgebiet erheblich ausweiten kann.

Der Sicherheitsexperte Nicholas Heras sieht die Einnahme Afrins als großen Erfolg für den türkischen Präsidenten Erdogan. Afrin sei strategisch sehr wichtig und werde die Präsenz der Türkei in Syrien auf Jahre sichern, sagte der Wissenschaftler vom Center for a New American Security in Washington, USA.

Unklare Opferzahlen

Nach Zählung der Beobachtungsstelle wurden bei der Offensive mehr als 1.500 YPG-Kämpfer, 400 pro-türkische Rebellen und 46 türkische Soldaten getötet. Laut der oppositionsnahen Beobachtungsstelle, die ihre Informationen von Ärzten und Aktivisten vor Ort bezieht, gab es zudem 280 Tote unter den Zivilisten. Die Türkei bestreitet diese Angaben.

(red)

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