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Erdogan will mehr Macht und "Euch besser dienen"

Heute Redaktion
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Bild: Reuters

Zum Auftakt seines Präsidentschaftswahlkampfes hat der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan eine stärkere Rolle des Staatschefs angekündigt. "Wir machen den ersten Schritt zu einem Neuanfang", rief Erdogan am Samstag vor tausenden Anhängern in Samsun. "Ist es möglich, Staatschef zu sein und sich einfach zurückzulehnen?" fragte er rhetorisch.

Zum Auftakt seines Präsidentschaftswahlkampfes hat der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan eine stärkere Rolle des Staatschefs angekündigt. "Wir machen den ersten Schritt zu einem Neuanfang", rief Erdogan am Samstag vor tausenden Anhängern in Samsun. "Ist es möglich, Staatschef zu sein und sich einfach zurückzulehnen?" fragte er rhetorisch.

"Ich verlasse Euch nicht. Ich höre nicht auf zu dienen. Ich mache keine Pause. Ich ruhe mich nicht aus", so Erdogan. Er sei "für einen höheren Posten nominiert worden, um Euch, meiner ruhmreichen Nation und meinem Land, besser zu dienen". Erdogans Rede wurde von Rufen wie "Die Türkei ist stolz auf Dich!" unterbrochen.

"Neuer Schritt - neue Türkei"

Der Regierungschef hatte Samsun aus symbolischen Gründen für seinen Wahlkampfauftakt ausgewählt. Hier hatte der Gründer der modernen Türkei, Mustafa Kemal Atatürk, 1919 den Unabhängigkeitskrieg begonnen. "95 Jahre später beginnen wir von Samsun aus eine Präsidentschaftskampagne, einen neuen Schritt für eine neue Türkei!", rief Erdogan.

Laut Umfragen auf Platz 1

Die islamisch-konservative Regierungspartei AKP hatte Erdogan am Dienstag als geben ihm gute Chancen, mit mehr als 50 Prozent der Stimmen auf Anhieb gewählt zu werden. Sein aussichtsreichster Gegner ist der 70-jährige Ekmeleddin Ihsanoglu als gemeinsamer Kandidat der Nationalistenpartei MHP und der säkularen CHP.

"Ein-Mann-Regierung"

Die Opposition erneuerte ihre Forderung an Erdogan, nach seiner Nominierung als Präsidentschaftskandidat vom Amt des Regierungschefs zurückzutreten. Ohne einen Rücktritt gebe es keine Chancengleichheit im Wahlkampf, außerdem sei zu befürchten, dass Erdogan Staatsgelder für seine Kampagne verschwende. Die Kritiker warfen Erdogan vor, von Machtstreben und dem "Willen nach einer Ein-Mann-Regierung" getrieben zu sein.

Verfassungsänderung hilft Erdogan

Der Präsident hat in der Türkei vor allem eine repräsentative Funktion. Bisher waren die Staatspräsidenten vom Parlament gewählt worden, nach einer Verfassungsänderung können die Wähler zum ersten Mal direkt das Staatsoberhaupt wählen - inklusive rund 2,5 Millionen Auslandstürken. In Österreich leben rund 90.000 türkische Wähler. Um wahlzukämpfen, war Erdogan zuletzt , um die hiesigen Türken bei einer Rede in der Albert-Schultz-Halle von seinen Qualitäten zu überzeugen.

Kritiker befürchten, dass sich die Türkei unter einem Präsidenten Erdogan von demokratischen Grundsätzen wie der Gewaltenteilung entfernen könnte. Säkulare und liberale Bevölkerungsschichten werfen ihm vor, Kritik zu unterdrücken und die Gesellschaft zunehmend an den Prinzipien des Islam ausrichten zu wollen. Das harte Vorgehen der Polizei gegen Demonstranten, die gegen die Bebauung des Gezi-Parks in Istanbul protestierten, löste im Sommer vorigen Jahres landesweite Massenproteste aus. Mitte Dezember enthüllte die Justiz eine weitreichende Korruptionsaffäre, in die zahlreiche Politiker und Geschäftsleute aus dem Umfeld Erdogans verwickelt sind, darunter auch sein Sohn.