Welt
Erdogan zieht deutsche Terrorliste kleinlaut zurück
Die Liste angeblicher Terror-Unterstützern in Deutschland mit so klingenden Namen wie Daimler und BASF nach großen Kopfschütteln zurück.
In Berliner Regierungskreisen war die ominöse Liste als "absurd" und "lächerlich" bezeichnet worden – offenbar hat die Türkei das mittlerweile selbst eingesehen und einen Rückzieher gemacht.
Vergangene Woche hatte die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan dem Bundeskriminalamt eine Liste mit 681 deutschen Unternehmen vorgelegt, die angeblich "Terroristen" wie den die Bewegung von Fetullah Gülen unterstützen. Der Prediger wird von Erdogan für den Putschversuch im Juli 2016 verantwortlich gemacht – eine landesweite politische Säuberungswelle ist seitdem im Gang; seit Montag stehen 17 Journalisten wegen angeblicher Terrorunterstützung vor Gericht.
Telefonat der Außenminister
Auf der Liste standen unter anderem Mercedes-Eigentümer Daimler, Chemiegigant BASF, eine Imbissbude der Spätkauf-Kette und ein Kebabstand. Doch jetzt zog die Türkei diese Liste formal über Interpol zurück, berichtet der "Spiegel."
Es handelte sich um ein Missverständnis, wie der türkische Außenminister Süleyman Soylu seinem deutschen Amtskollegen Thomas de Maizière in einem Telefongespräch kleinlaut mitteilte.
Tatsächlich werde gegen 140 türkische Unternehmen wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und der Terrorismusunterstützung ermittelt. Die deutschen Firmen auf der Liste hätten lediglich geschäftliche Beziehungen zu diesen Unternehmen unterhalten; es sei nie gegen sie ermittelt worden und das werde auch nicht geschehen.
Rückzieher nach Breitseite von Gabiel
Der Umfaller kommt nur kurz nachdem Deutschlands Innenminister Sigmar Gabriel eine "Neuausrichtung" der Politik gegenüber Ankara in Aussicht gestellt hat – und zwar zum Nachteil der Türkei. Auslöser war die Inhaftierung des deutschen Menschenrechtsaktivisten Peter Steudtner in der Türkei. Kredite und Hilfsgelder sollen eingestellt werden. Die Reisehinweise für das Land wurden verschärft, deutschen Firmen riet Gabriel von Investitionen und Geschäften in der Türkei ab. Somit trifft Deutschland Erdogan dort, wo es am meisten weh tut – im Geldbörserl. (jm)