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Ernst Hinterberger, "Vater" von Mundl tot

Heute Redaktion
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Mit seinen Serien "Ein echter Wiener geht nicht unter", "Kaisermühlen-Blues" und "Trautmann" polarisierte und begeisterte er gleichermaßen und sorgte für Höhepunkte der heimischen Fernsehunterhaltung. Am Montag früh ist der Wiener Autor Ernst Hinterberger 80-jährig in Lainz verstorben.

Mit seinen Serien "Ein echter Wiener geht nicht unter", "Kaisermühlen-Blues" und "Trautmann" polarisierte und begeisterte er gleichermaßen und sorgte für Höhepunkte der heimischen Fernsehunterhaltung. Am Montag früh ist der Wiener Autor Ernst Hinterberger 80-jährig in Lainz verstorben.

"Ernst Hinterberger hat die Sprache der Österreicherinnen und Österreicher gesprochen und Themen aufgegriffen, die das Land tatsächlich bewegten", würdigte Kulturministerin Claudia Schmied den Schriftsteller. Österreich habe "nicht nur einen der größten Volksdichter verloren, die unser Land hatte, sondern auch einen Pionier der Fernsehunterhaltung", zeigte sich ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz betroffen.

Ernst Hinterberger hinterlasse ein Werk, "das sich durch eine weitestgehend verloren gegangene Qualität auszeichnet: Charaktere zu zeichnen, die (...) als dramatische und literarische Ausnahmecharaktere bestehen werden, auch wenn sie nicht mehr in den Fernsehprogrammen und in der Wirklichkeit anzutreffen sind, sondern 'nur noch' in literarischer Form existieren", hob der Geschäftsführer der IG Autorinnen Autoren, Gerhard Ruiss, hervor.

Ein bewegtes Leben: Arbeiterkind, Polizist, Hilfsarbeiter, Büchereileiter

Ernst Hinterberger, der am 17. Oktober 1931 als Sohn eines arbeitslosen Schriftsetzers in Wien geboren wurde, kannte das Milieu, über das er schrieb, genau. Er war Spross einer Arbeiterfamilie, absolvierte eine Lehre als Elektroinstallateur und besuchte die Wiener Polizeischule. Als ihn eine Sehschwäche zwang, den Dienst zu quittieren, arbeitete er als Hilfsarbeiter. Nach seiner Heirat 1958 besuchte er die Büchereischule der Gemeinde Wien und arbeitete zehn Jahre lang als Büchereileiter in den Volksbildungshäusern Ottakring und Margareten.

Seine literarische Karriere startete er Mitte der 1960er-Jahre: 1965 und 1966 erschienen seine Romane "Beweisaufnahme" und "Salz der Erde". Es folgten Hörspiele sowie der mit dem Anton-Wildgans-Preis prämierte Erzählband "Wer fragt nach uns". Nach der Schließung der Büchereien der Wiener Volksbildung 1968 ging Hinterberger als Expeditleiter zurück in die Fabrik, wo er trotz wachsender Bekanntheit als Schriftsteller bis 1991 blieb.

Druchbruch mit "Salz der Erde"

Den großen Durchbruch schaffte Hinterberger mit der auf seinem "Salz der Erde" basierenden Edmund "Mundl" Sackbauer, der als Antiheld in der Fernsehserie "Ein echter Wiener geht nicht unter" in der Interpretation von Karl Merkatz ab 1975 Kultstatus erlangte. Auf die erfolgreiche TV-Serie folgten auch zwei Kinofilme, wobei Hinterberger nur bei Mundls erstem Auftritt auf der großen Leinwand ("Echte Wiener - Die Sackbauer-Saga", 2008) mit an Bord war.

Mit der TV-Serie "Kaisermühlen-Blues" gelang dem Autor ab 1992 ein weiterer großer Wurf. Eine Figur der kauzigen Stadtteilbewohner, der Kriminalbeamte Trautmann, bekam ab Dezember 2000 als Spin-off sogar seine eigene, ebenfalls erfolgreiche Serie. Neben zahlreichen Fernsehspielen und "Tatort"-Krimis blieb Hinterberger aber stets auch als Buchautor tätig. Nach dem Roman "Das Abbruchhaus" (1977) wechselte er mit "Jogging", "Das fehlende W", "Und über uns die Heldenahnen", "Kleine Blumen", "Zahltag" und "Die dunkle Seite" ins Metier des Kriminalromans.

Wollte "mit der Welt nichts mehr zu tun haben"

Neun Monate nach dem überraschenden Tod seiner Frau Gerti veröffentlichte Hinterberger im Jahr 2002 seine Lebenserinnerungen. In "Ein Abschied" gestand der müde gewordene Autor, dass er resigniert hat und "im Großen und Ganzen mit der Welt nichts mehr zu tun haben will". Zuletzt lebte Hinterberger in einer Gemeindebauwohnung am Margaretengürtel. Betroffene Reaktionen gab es heute quer durch die Parteien.

Hinterbergers Sympathie habe "den Schwachen, den Armen, jenen, die auf der unteren Skala in der Gesellschaft rangieren, jenen, die keine Sprache haben", gegolten, sagte Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny. "Er war ein Original und schuf Originale", meinte ÖVP-Kultursprecherin Silvia Fuhrmann. Der Kultursprecher der Grünen, Wolfgang Zinggl, würdigte Hinterbergers "klarsichtige Analysen und Studien einer österreichischen Gegenwart".

"Die unverkrampfte und offene Persönlichkeit Hinterbergers wird der österreichischen Kultur fehlen", befand FPÖ-Kultursprecherin Heidemarie Unterreiner, und auch BZÖ-Kultursprecher Stefan Petzner zeigte sich betroffen: "Hinterberger hat den typischen Wiener und die Wiener Seele im ganzen deutschen Sprachraum populär gemacht."

In memoriam Ernst Hinterberger ändert der ORF sein Programm und hat am Donnerstag ab 21.30 Uhr auf ORF2 eine Ernst-Hinterberger-Nacht programmiert. Zu sehen sind jeweils die ersten Folgen von "Ein echter Wiener geht nicht unter" und "Trautmann", Rudi Dolezals Porträt "Ernst Hinterberger - Jetzt red' i", sowie ab 0.50 Uhr sieben Folgen des "Kaisermühlen Blues".