Der langjährige ORF-Programmintendant Ernst Wolfram Marboe ist in der Nacht auf Freitag im Alter von 73 Jahren nach längerer schwerer Krankheit verstorben.
Mehr als drei Jahrzehnte war er im ORF tätig, davon fast zehn Jahre als Programmintendant. Sein Herz schlug stets auch für das Theater, das er im TV fest verankerte und dem er auch in den Jahren nach seinem Ausscheiden aus dem ORF treublieb. ORF-Generalintendant Alexander Wrabetz würdigte Marboe als "Vorbild für Generationen", für Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (V) war der Miterfinder der Spendenaktion "Licht ins Dunkel" ein "großer Kultur- und Menschenfreund".
Vielseitige Karriere
Der Beginn der Laufbahn des am 10. August 1938 in Wien geborene Marboe war eng mit dem Theater verknüpft. Er studierte Regie- und Schauspiel am Max Reinhardt-Seminar und Theaterwissenschaften und Germanistik an der Universität Wien. Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre war er als Assistent und Inspizient u.a. bei den Bregenzer und den Salzburger Festspielen tätig und arbeitete an deutschen Opernhäusern.
1961 begann Marboe als Autor und Regisseur beim ORF. 1971 wurde er zum Leiter der Abteilung Hörspiel und Literatur im Landesstudio Niederösterreich bestellt und stieg dort 1976 zum Intendanten des Landesstudios auf. 1978 avancierte er zum Intendanten von FS 2, am 1. August 1984 folgte sein finaler Karriereschritt zum Fernseh-Programmintendant. Nach neun Jahren schied er 1993 mit einem Paukenschlag aus dem ORF aus: Weil die Produktion der "Lustigen Witwe" bei den Seefestspielen von Mörbisch über eine Firma abgewickelt wurde, an der sein Sohn beteiligt war, setzte öffentliche Kritik an ihm ein, die letztendlich einstimmig zu seiner Ablöse durch das ORF-Kuratorium führte - ein damals beispielloser Schritt. In ähnlicher Form wiederholte sich dies erst wieder, als ORF-Informationsdirektor Elmar Oberhauser im November 2010 vom ORF-Stiftungsrat abgewählt wurde.
In seiner Programmintendanz verhalf Marboe der Kultur im Fernsehen zu einem neuen Stellenwert, indem er die unterschiedlichen Facetten im Programm verankerte. Er reaktivierte die TV-Übertragungen aus der Wiener Staatsoper und aus den größten Opernhäusern der Welt und betätigte sich gleichzeitig als Förderer der typisch österreichischen Volkskultur, räumte auch ausgefalleneren Kulturangeboten in der Reihe "Kunst-Stücke" einen fixen Sendeplatz ein und schuf schließlich mit dem "Cafe Central" eine telegene Einrichtung für regelmäßige Kulturgespräche.
1999 wurde er Marboe künstlerischer Leiter der damaligen Raimundspiele Gutenstein, die er "auf ein völlig neues Fundament" stellte. Der Ankauf eines lichtdichten Theaterzeltes und die dazugehörige Infrastruktur wie Bühne, Tribüne, Ton- und Lichtanlage untermauerten diesen Anspruch. Am 26. Juli 2000 fand die Premiere der Raimundspiele "neu" mit Raimunds "Verschwender" statt. Ende der Spielzeit 2007 übernahm Ernst Neuspiel, der langjährige Mitarbeiter Marboes, die Leitung in Gutenstein.
Bestürzte Reaktionen
Zahlreiche Stimmen aus Politik, Kirche und Medien würdigten Ernst Wolfram Marboe. Kardinal Christoph Schönborn nannte ihn einen "engagierten und selbstbewussten Katholiken, der durch seine geradlinige christliche Haltung die Welt der Medien und der Kunst in Österreich wesentlich geprägt hat." Für Caritas-Präsident Franz Küberl war der Verstorbene "ein Mann mit Esprit, Kreativität und Kraft": "Sein Herz hat für die Menschen in Not geschlagen."
Für Kulturministerin Claudia Schmied (S) gehörte Marboe "zweifelsohne zu den einflussreichsten Medienmanagern und Kunstförderern" Österreichs. Als Leiter der Abteilung Hörspiel und Literatur habe er dem Experimentellen breiten Raum eingeräumt. Ihm sei es außerdem wesentlich zu verdanken, dass hochkulturelle Events auch im Fernsehen ausgestrahlt werden. Auch FP-Generalsekretär Herbert Kickl und BZÖ-Kultursprecher Stefan Petzner hoben Marboes Verdienste um das ORF-Programm hervor.
Programmänderung
In memoriam Ernst Wolfram Marboe ändert ORF 2 sein Programm: Heute, Freitag, bringen die "Seitenblicke" um 20.05 Uhr einen Nachruf, am Sonntag (15. Jänner) wird um 13.05 Uhr ein TV-Porträt des legendären ORF-Mannes gesendet. Der Spartensender ORF III plane zudem ein Schwerpunktprogramm, das Person und Schaffen von Ernst Wolfram Marboe würdigen werde. Radio Niederösterreich sendet heute ab 20.04 Uhr ein "Radio NÖ spezial im Gedenken an Ernst Wolfram Marboe" mit Ausschnitten aus verschiedenen Gesprächen mit dem Verstorbenen sowie Reaktionen von langjährigen Wegbegleitern.