Österreich

Erstaunen, Freude & Ärger bei Mahü-Testphase

Heute Redaktion
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Am Wochenende wurde auf der Wiener Mariahilfer Straße auf einem 150 Meter langen Teilstück eine Fußgängerzone simuliert. Passanten zögerten zuerst, die Fahrbahn zu benutzen, gewöhnten sich aber nach kurzer Zeit daran. Veranstaltungen für Kinder, Feedback-Möglichkeiten und ein Open-Air-Fahrradkino wurden geboten.

Viele Menschen waren am Wochenende auf der Mariahilfer Straße unterwegs. Nur keine Autos - zumindest zwischen Esterhàzygasse und Neubaugasse. Denn dort fand der "Proberaum" Mariahilfer Straße statt. Nach der Einrichtung am Freitag wurde die Mariahilfer Straße langsam von FußgängerInnen und RadfahrerInnen als nutzbarer Raum entdeckt. Die anfängliche Verwirrung legte sich rasch und am Samstag erschien die Fortbewegung auf der Fahrbahn schon selbstverständlich.

Zwischen Euphorie und Skepsis

Nicht alle Wiener blicken den Plänen der Stadtregierung mit Freude entgegen. "Ich bin komplett dagegen", ärgerte sich eine ältere Anrainerin. An Adventsamstagen zeige sich doch, dass trotz traditioneller Autosperre kaum Fußgänger auf der Fahrbahn unterwegs seien. In sofern herrsche wenig Handlungsbedarf. Sie befürchtet außerdem mehr Verkehr in ihrem Grätzel. Burg- und Neustiftgasse zu Tempo-30-Zonen zu machen, "ist bitte ein Wahnsinn", neue Einbahnregeln würden zu einem "Chaos sondergleichen" führen.

Skeptisch ob des möglichen Verdrängungseffekts auch ein junger Passant: "Und wie soll der Gürtel das derblasen?"

Diskussion mit den Bezirksvorstehern

Los ging es am Freitag mit der "Gestaltungswerkstatt" - einem mehrere Meter langen Luftbild der Mariahilfer Straße, auf dem man Gestaltungsvorschläge einbringen konnte. Der Andrang am Tisch war groß, die Diskussionen intensiv. Auch die Bezirksvorsteherin des 6. Bezirks, Renate Kaufmann und ihr Pendant aus dem 7. Bezirk, Thomas Blimlinger, standen Rede und Antwort.

Der Samstag stand ganz im Zeichen der Kinder. Beim Kinderschminken verwandelten sich die Kleinsten in Katzen, Zebras, Tiger, kleine Prinzessinnen und Blumen. Die Stelzengeher waren nicht nur Attraktion und Hingucker, sondern vermittelten direkt das Gefühl, dass die Mariahilfer Straße eben zum Gehen da ist.

Werden sich Planer die Vorschläge merken? 

In der Dialogbox selbst war das Luftbild mit bunten Post-Its überhäuft. "Das ist schon die zweite Serie. Wir mussten schon Zettel abnehmen, damit wieder Platz für neue Vorschläge entsteht. Aber keiner der Vorschläge geht verloren - alles wird dokumentiert, gesammelt und an die PlanerInnen weitergegeben", sagt Daniel Dutkowski - ebenfalls ein Betreuer der Dialogbox

Abends waren die RadfahrerInnen dran: Mit dem 1. Wiener Fahrradkino lieferte der Cycle Cinema Club ein Open Air Kino der nachhaltigen Art: Der Strom für die Filmvorführung wurde mit Hilfe von Stromgeneratorrädern erzeugt.

Den Abschluss bildet am Sonntag das Picknick auf der Mariahilfer Straße. Kaffee und Kipferl gab es gratis bei der Dialogbox und schon vor 10 Uhr herrschte reger Andrang. 

Organisatoren zufrieden, ÖAMTC kritisch

"Der Proberaum war ein Erfolg", resümierte Projektleiter Herbert Bork. "Nach der üblichen Eingewöhnungsphase war der Proberaum gelungener Vorgeschmack, Austauschplattform und Komfortzone für alle."

ÖAMTC-Experten ist unklar, was auf der Mariahilfer Straße "probiert" werden sollte. Der Klub zweifelte in einer Aussendung die Aussagekraft der "Probesperre" an. An Werktagen von Montag bis Freitag sei das Verkehrsaufkommen deutlich stärker als an einem Wochenende. Auch war die Sperre der Querungen (etwa Schottenfeldgasse-Webgasse) nicht in Kraft. Zu guter Letzt war das gesperrte Teilstück deutlich kürzer als die vorgesehene Fußgängerzone.