Gesundheit

Erstmals Mikroplastik in Muttermilch nachgewiesen

Forscher sind sehr besorgt über die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen auf Säuglinge. Die Vorteile des Stillens überwiegen trotzdem. 

Sabine Primes
Trotz der Erkenntnisse ist Stillen für Babys der beste Start ins Leben. 
Trotz der Erkenntnisse ist Stillen für Babys der beste Start ins Leben. 
Getty Images/iStockphoto

Laut einer in der Zeitschrift "Polymers" veröffentlichten Studie wurden erstmals Mikroplastikpartikel – also Plastikteilchen mit einer Größe von weniger als fünf Millimetern – in menschlichen Muttermilchproben nachgewiesen, die 34 gesunden Müttern eine Woche nach der Geburt in Rom entnommen wurden. In 26 der 34 Proben wurde Mikroplastik gefunden. In der Studie heißt es: "Der Nachweis von Mikroplastik in menschlicher Muttermilch in Verbindung mit der früheren Entdeckung dieses Mikroplastiks in der menschlichen Plazenta gibt Anlass zu großer Besorgnis, da er sich auf die äußerst empfindliche Bevölkerungsgruppe der Säuglinge auswirkt."

Mikroplastik sind, wie der Name schon sagt, winzige Kunststoffpartikel mit einem Durchmesser von weniger als fünf Millimetern (0,2 Zoll) – kleiner als die Standardperle, die in Schmuck verwendet wird.
Sie verursachen Umweltverschmutzung, indem sie aus einer Vielzahl von Quellen wie Kosmetika, Kleidung, Lebensmittelverpackungen und industriellen Prozessen in Ökosysteme eindringen.

Vorteile des Stillens überwiegen trotzdem

"Der Nachweis von Mikroplastik in der Muttermilch gibt uns Anlass zu großer Sorge um die extrem gefährdete Gruppe der Säuglinge", sagte Dr. Valentina Notarstefano von der Università Politecnica delle Marche in Ancona, Italien. "Aber es muss betont werden, dass die Vorteile des Stillens viel größer sind als die Nachteile, die durch das Vorhandensein von verschmutztem Mikroplastik verursacht werden. Studien wie die unsere dürfen nicht dazu führen, dass Kinder weniger gestillt werden, sondern müssen die Öffentlichkeit sensibilisieren, damit sich die Politiker für Gesetze zur Verringerung der Verschmutzung einsetzen."

Riesige Mengen an Plastikmüll werden in die Umwelt gekippt, und Mikroplastik verseucht den gesamten Planeten, vom Gipfel des Mount Everest bis in die tiefsten Ozeane. Der Mensch nimmt die winzigen Partikel über die Nahrung und das Wasser auf und atmet sie ein, und in den Fäkalien von Säuglingen und Erwachsenen wurden sie gefunden. Die in der Fachzeitschrift Polymers veröffentlichte Studie fand Mikroplastik in der Muttermilch, das aus Polyethylen, PVC und Polypropylen besteht, die alle in Verpackungen vorkommen. Die Muttermilchproben wurden ohne die Verwendung von Kunststoffen gesammelt, gelagert und analysiert, und es wurden auch Kontrollproben untersucht, um eine Kontamination auszuschließen. 

"Mikroplastik allgegenwärtig"

Um zu verstehen, wie Mikroplastik in die Muttermilch gelangt, erfassten die an der Studie beteiligten Wissenschaftler den Verzehr von Lebensmitteln und Getränken in Plastikverpackungen. Sie analysierten auch die Verwendung von Plastik in Körperpflegeprodukten. Sie konnten jedoch keinen Zusammenhang zwischen diesen beiden Aspekten feststellen. 

Der fehlende Zusammenhang mit der Verwendung von Körperpflegeprodukten lässt sich wahrscheinlich dadurch erklären, dass der Hautkontakt als Expositionsweg einen geringen Einfluss hat, da nur Partikel kleiner 100 Nanometer die Hautbarriere überwinden können. Umgekehrt ist das Fehlen eines Zusammenhangs mit den Ernährungsgewohnheiten der Mütter schwieriger zu erklären, da der Hauptweg des Mikroplastik die Einnahme darstellt. Tatsächlich berichteten die Mütter über zahlreiche lebensmittelbezogene Mikroplastik-Quellen, wie Fisch, Schalentiere und tägliche Verbrauchsgüter wie Speisesalz, Zucker, Wasser in Flaschen, Milch, Honig, Plastikteebeutel. "Da Mikroplastik in der Umwelt allgegenwärtig ist, legen unsere Ergebnisse daher nahe, dass die Exposition gegenüber diesen Mikropartikeln unvermeidlich ist und es aus diesem Grund unmöglich ist, eine bestimmte Quelle aus der komplexen Reihe von Expositionen zu isolieren", resümieren die Forscher in der Studie.

Rat an alle Schwangeren

Obwohl in dieser kleinen Studie keine spezifischen Risikofaktoren für Mikroplastik identifiziert wurden, sagte Notarstefano: "Wir möchten schwangeren Frauen raten, verstärkt darauf zu achten, in Plastik verpackte Lebensmittel und Getränke, mikroplastikhaltige Kosmetika und Zahnpasta sowie Kleidung aus synthetischen Stoffen zu vermeiden."

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