Jetzt ist die Verwirrung komplett: Die „Lockerung" der Stickoxid-Grenzwerte für Euro-6-Diesel nach der Einführung neuer Auto-Abgastests ist nach einem Urteil des EU-Gerichts unzulässig. Auch den neuen Diesel-Fahrzeugen können damit mittelfristig Fahrverbote drohen.
Das Gericht der Europäischen Union erklärte eine Verordnung der EU-Kommission zu höheren Abgaswerten der Euro-6-Norm für teilweise nichtig. Dagegen hatten die Städte Paris, Brüssel und Madrid geklagt. Sie dürfen die Grenzwerte nun anfechten und im Zweifel auch Fahrverbote für neue Dieselautos verhängen, die offiziell zugelassen wurden.
Hintergrund des Streits ist, dass die EU-Kommission bei der Einführung des neuen Abgastests RDE (Real Driving Emissions), der die Emissionen auf der Straße statt im Labor misst, die Grenzwerte nachträglich erhöht hatte. Bis dahin hatte es lediglich Prüfstandsmessungen gegeben, deren Werte viele Autobauer manipuliert hatten.
Statt den im Euro-6-Regelwerk vorgeschriebenen 80 Milligramm Stickstoffdioxid je Kilometer dürfen die Dieselautos für eine Übergangszeit 168 Milligramm und danach 120 Milligramm ausstoßen. Begründet wurde das mit Messungenauigkeiten. Wenn die Autos aber mehr von dem Reizgas ausstoßen dürfen, macht es das für die Städte schwerer, die gesetzlichen Vorgaben zur Luftqualität einzuhalten.
Das Gericht erklärte, der Regulierungsvorschlag der Kommission von 2016 sei über die Befugnisse der EU-Exekutive hinausgegangen. Zudem seien die Menschenrechte und andere Gesetze der EU verletzt. Mindestens 14 Monate lang ändert sich zunächst jedoch nichts, damit die Rechtssicherheit gewahrt bleibt. So wolle man etwa sicherstellen, dass es weiterhin gültige Grenzwerte gibt.
Die europäischen Grünen feierten das Urteil als Sieg für alle, die mit den gesundheitlichen Folgen der Luftverschmutzung zu kämpfen haben. Es nehme „den Automobilunternehmen die Lizenz zum Verschmutzen", sagte die EU-Abgeordnete Rebecca Harms. Die Europäische Kommission äußerte sich zunächst nicht.
(red)