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EU-Projekt in Afrika wurde mit Zwangsarbeit realisiert

Heute Redaktion
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Mit Fördergeldern der Europäischen Union sollten nach dem Kriegsende 2018 neue Straßen gebaut werden, die Eritrea und Äthiopien wieder verbinden. Doch dabei kamen offenbar Zwangsarbeiter zum Einsatz.

Eritrea am Horn von Afrika gilt als einer der repressivsten Staaten der Welt. Nach einem Jahrzehnte lang dauerndem Krieg mit dem Nachbarland Äthiopien herrscht zwar endlich Frieden, doch die Menschenrechte werden in der Ein-Parteien-Republik weiterhin mit Füßen getreten, wie das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte im März vergangenen Jahres feststellen musste.

Trotzdem pumpt die Europäische Union insgesamt rund 200 Millionen Euro an Fördermittel in das afrikanische Land. Allein 2019 waren es 20 Millionen Euro und Material, um Straßen zu bauen, die die einstigen Kriegsgegner wieder verbinden sollen. Was wie ein unverfängliches Aufbauprojekt klingt, hatte allerdings dramatische Folgen. Wie die "New York Times" berichtet, sollen dabei aber zahlreiche Zwangsarbeiter zum Einsatz gekommen sein. Diese werden immer noch im Rahmen eines unbefristeten Nationaldienstes, der in Kriegszeiten eingeführt wurde, eingezogen.

Menschenrechtler: "Sehr problematisch"

Dass die Menschenrechte bei einem EU-geförderten Infrastrukturprojekt hinten an gestellt werden, sorgt nun für Ärger bei Menschenrechtlern. Das grundlegende Problem: Brüssel hat in dem abgeschotteten Land keine Möglichkeiten der Kontrolle. Die derzeitige diplomatische Herangehensweise der Europäer bestehe laut "New York Times" aus "Gesprächen mit der Regierung und der Vergabe von Fördermitteln, ungeachtet der Resultate."

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Blick auf die Stadt Agordat im Westen Eritreas. (Quelle: picturedesk.com/Andrew Mcconnell)

"Es ist sehr problematisch, wenn die EU ganz der Regierung vertrauen muss. Erst recht, wenn Zwangsarbeit zu den Themen gehört, die bei diplomatischen Verhandlungen mit der Regierung auf dem Tisch liegen", meint etwa Laetitia Bader von Human Rights Watch. Eritreas Regierung wolle allerdings an der Zwangsarbeit weiterhin festhalten. Das ausgeprägte System von Pflichtdiensten treibt allerdings viele junge Menschen dazu, aus dem Land zu fliehen. Viele davon zieht es nach Europa.

4,6 Milliarden Euro für Afrika

Am Höhepunkt der Flüchtlingswelle 2015 und 2016 stammten mehr als 30.000 Migranten aus dem Land am Horn von Afrika. 2019 waren es immer noch rund 10.000. Rund 80 Prozent der Eritreer hatten laut Eurostat auch einen positiven Asylbescheid bekommen.

Die eingangs erwähnten Gelder für Eritrea stammen aus dem insgesamt 4,6 Milliarden schweren EU-Notfallfonds EUTF, der zur Bekämpfung der Fluchtursachen in den afrikanischen Herkunftsländern vieler Migranten eingerichtet wurde.

Die Enthüllung der "New York Times" wirft nun die Frage auf, ob die durch die EU gesetzten Maßnahmen nicht vielleicht sogar kontraproduktiv seien und einen gegenteiligen Effekt hätten. Seitens der EU-Kommission hieß es, man sei über die Zwangsarbeit in Eritrea informiert, doch habe man nur das Material finanziert, für die Umsetzung des geförderten Projekts trage alleine die dortige Regierung die Verantwortung.

Welcher Machtblock setzt sich durch?

In Brüssel hat man mittlerweile die Afrika-Strategie der Realität angepasst. Seit Anfang der 2000er Jahre sei die Unterstützung von demokratischen Reformen das treibende Ziel der EU-Afrika-Politik gewesen, so die Politikwissenschaftlerin Christine Hackenesch vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik. Der Kontext für Demokratie-Unterstützung haben sich geändert. Heute stehe die EU in einem Wettbewerb mit China und anderen Akteuren um das beste politische Modell in und für Afrika.