Welt

Euro ja, Sparen nein: Griechen pfeifen auf EU

Heute Redaktion
Teilen
Picture
Bild: ORESTIS PANAGIOTOU (ANA-MPA)

Euro ja, Sparen nein: Der Chef des Bündnisses der Radikalen Linken (SYRIZA), Alexis Tsipras, will den Verbleib Griechenlands in der Eurozone und der EU "nicht um jeden Preis".

Euro ja, Sparen nein: Der Chef des Bündnisses der Radikalen Linken (SYRIZA), Alexis Tsipras, will den Verbleib Griechenlands in der Eurozone und der EU "nicht um jeden Preis".

In einer Wahlrede vor tausenden Anhängern im Stadtzentrum Athens am Donnerstagabend warf er den EU-Staaten und den Medien vor, die Griechen einzuschüchtern und das Land kaputtzusparen. "Wir sagen Ja zur Euro-Zone, Ja zum Euro, aber nicht, wenn das Volk sich dafür beugen muss - nicht um jeden Preis." Wenige Tage vor der Parlamentswahl am Sonntag rief Tsipras die griechische Linke dazu auf, sich hinter ihn zu stellen. SYRIZA werde die Wahl gewinnen und eine "Regierung aller Griechen" bilden.

Eine Regierung der nationalen Einheit, in der die bisher dominanten Parteien PASOK (Sozialisten) und Neue Demokratie (Konservative) vertreten sind, schloss er erneut aus. Er werde keine Minister in seiner Regierung haben, die das "Memorandum" der EU und des IWF mitbeschlossen hätten. In diesem waren Griechenland drastische Sparauflagen gemacht worden. Werden diese nicht eingehalten, sollen dem überschuldeten Staat keine neuen Hilfskredite gegeben werden. Dann droht eine Staatspleite Griechenland.

Spanien als "Vorbild"

Tsipras bekräftigte seine Ablehnung der Sparauflagen. Befürchtungen, seine Haltung könne in den Finanzmärkten eine Panik auslösen und die EU-Partnern verunsichern, wies der linke Politiker von sich. Es wehe ein "neuer Wind" in Europa, dies habe die Wahl des Sozialisten Francois Hollande in Frankreich gezeigt. Überdies zeige das Beispiel Spaniens, dass es möglich sei, ohne Sparauflagen im Euro zu bleiben.

"Am Sonntag ist die Angst vorbei", sagte Tsipras. Er zeigte sich zuversichtlich, durch die Rücknahme von Sparmaßnahme eine wirtschaftliche Erholung herbeizuführen. SYRIZA werde in Griechenland Reformen machen, die in den vergangenen 30 Jahren verschlafen worden sein.

Menge war begeistert

Die Menge nahm die Rede begeistert auf. In Sprechchören wurde ein Votum gegen die Parteiführer Evangelos Venizelos der Sozialisten und Antonis Samaras der Konservativen gefordert. "Kein Venizelos, kein Samaras, für die Linke ist die Zeit gekommen", skandierten Zuhörer, die sich an dem sommerlichen Abend am Omonia-Platz zusammengefunden hatten. Bei der Schlusskundgebung zeigten auch kommunistische Splittergruppen innerhalb der Sammelbewegung SYRIZA ihre Stärke, so waren Dutzende Fahnen der "Kommunistischen Organisation Griechenlands" zu sehen.

Hinter der Tribüne sammelte sich die Führungsspitze der Partei, während sich im Publikum Kamerateams Dutzender nationaler und internationaler Fernsehstationen drängten. Im Umfeld der SYRIZA-Führung war auch Manolis Glezos zugegen, ein griechischer Widerstandsheld aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Er hatte 1941 in einem demonstrativen Akt die Hakenkreuz-Fahne auf die Akropolis heruntergerissen und wurde damit zu einem Symbol des Widerstands gegen die deutsche Besatzung.

Vorbereitung auf Wahlergebnis

In Brüssel wurden indes nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP Krisenvorbereitungen für den Fall eines SYRIZA-Wahlsieges getroffen. Ein EU-Diplomat sagte in Brüssel, für eine Telefonkonferenz der Euro-Finanzminister nach Bekanntwerden der Wahlergebnisse in Griechenland seien alle Vorbereitungen gesetzt. Die Initiative dafür sei vom Chef der Eurogruppe, dem luxemburgischen Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker, ausgegangen.

Der frühere SP-Finanzminister Hannes Androsch nannte in der ZiB2 die Worte von Tsipras eine "geschickte Argumentation". Griechenland könne die verpasste Therapie nicht tragen, eine "verkraftbare Therapie" sei notwendig. "Man wird nachlassen müssen", so Androsch, der für ein "ausgewogenes Gesamtkonzept" plädierte. Dieses würde mehrere Jahre in Anspruch nehmen, die Ursachen der Krise seien bisher nicht bekämpft worden.

11 Milliarden kostet die Krise Österreich

Ein Gesamtkonzept sei "in unserem Interesse" notwendig: "Es muss auf den Tisch, wir haben uns geholfen nicht den griechischen Banken". Die Transferunion gelte für ganz Europa. Österreich würde die Krise bis zu 11 Milliarden Euro kosten, Deutschland und Frankreich aber bis zu 200 Milliarden Euro.

Bei der griechischen Parlamentswahl am Sonntag rechnen Demoskopen mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SYRIZA und den Konservativen. Die Wahl war nötig geworden, als nach sich nach dem Urnengang am 6. Mai keine stabile Mehrheit finden wollte. Nun dürfte es zu einer stärkeren Polarisierung zwischen dem Linksbündnis und der Neuen Demokratie kommen.