Österreich

Ex-Kommissar im Visier von Betrüger-Anwälten

Heute Redaktion
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Bild: privat

Seit vergangenen August wird Erhard N. von Anwälten aus ganz Europa heimgesucht. Angeblich soll er Filme illegal streamen und runterladen. Die letzte Strafe: 480 Euro!

"Ich habe wieder eine Mail erhalten, die lieben mich anscheinend", stellt der offensichtlich amüsierte Erhard N. (57) fest. Glaubt man vier imaginären Rechtsanwälten, ist der pensionierte Kriminalbeamte ein unbelehrbarer Filmpirat. In weniger als einem halben Jahr wurde der 57-Jährige zum vierten Mal zur Kassa gebeten, weil er illegal Filme runtergeladen haben soll.

Die nun klagende, namhafte Filmproduktion aus den USA begnügt sich mit 279,90 Euro Schadensersatz. Ihr angeblicher Vertreter lässt sich die juristische Schwerstarbeit (ein vorgefertigtes Email abschicken) 200 Euro kosten. In Summe 479,90 Euro – unklar ist, ob die 90 Cent die Glaubwürdigkeit der Abmahnung steigern sollen. Ein Filmpirat ist der Wiener jedenfalls nicht.

Alles falsch, Kontonummer echt

Um den Schwindel aufzudecken, braucht es ein paar Minuten Suchmaschinen-Recherche. Davon abgesehen, sind sämtliche Angaben im Schreiben (Zeitpunkt der "Tat", IP, die klagende Firma) falsch. Das angegebene Konto, an welches das Geld überwiesen werden soll, ist natürlich echt. Das Problem bei der Nachverfolgung von Konten ist, so der Ex-Kriminalbeamte: "Versuchten Betrug dieser Art ermittelt die britische Justiz erst gar nicht. Erst ab einer Schadenssumme von 5.000 Euro wird die Exekutive aktiv. Aber wer bezahlt schon solche Unsummen?"

Klage theoretisch möglich, aber unwahrscheinlich

Tatsächlich kann man sich bei illegalem Streaming und Filesharing seit April 2017 (nach einem Urteil des europäischen Gerichtshofs) strafbar machen. Es ist jedoch sehr unwahrscheinlich eine Abmahnung zu bekommen, zumindest von einem echten Anwalt. Das liegt daran, dass die Nutzer per IP nachverfolgt werden müssten und diese Daten unterliegen dem Datenschutz.

Alter Hut, aber einige fallen noch drauf rein

Selbstredend überwies N. keinen Cent, Aus Erfahrung kann er aber sagen, dass es Menschen gibt, die "vor lauter Angst" auf diese Tricks reinfallen. Wieso er immer wieder das Ziel dieser Scharlatanerie wird, ist ihm auch ein Rätsel. Andererseits könne es leicht passieren, dass die eigene Email in einem Adressen-Bündel im Internet "um wenige Euro" gekauft werden kann. "Es gibt ja einen Markt für so etwas", so der 57-Jährige.