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Ex-Premier sieht Syrien vor dem Kollaps stehen

Heute Redaktion
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Bild: JAMAL NASRALLAH (EPA)

Die syrische Führung um Präsident Bashar al-Assad kontrolliert nach Angaben des zur Opposition übergelaufenen früheren Regierungschefs Riyad Hijab nur noch 30 Prozent des Landes. Die Führung sei "militärisch, wirtschaftlich und moralisch zusammengebrochen", sagte Hijab am Dienstag in Amman.

Die syrische Führung um Präsident Bashar al-Assad kontrolliert nach Angaben des zur Opposition übergelaufenen früheren Regierungschefs Riyad Hijab nur noch 30 Prozent des Landes. Die Führung sei "militärisch, wirtschaftlich und moralisch zusammengebrochen", sagte Hijab am Dienstag in Amman.

Aufgrund seiner Erfahrung könne er sagen, dass die Führung angeschlagen sei, sagte Hijab. Der frühere Landwirtschaftsminister, der erst Anfang Juni zum Regierungschef berufen worden war, war Anfang August mit seiner Familie, zwei Ministern und drei Offizieren nach Jordanien geflohen. Er habe die Entscheidung zur Flucht am 5. August getroffen, nachdem er die Hoffnung auf eine Änderung des "brutalen und korrupten Regimes" verloren habe, sagte Hijab am Mittwoch.

Hijab versicherte, er habe weder jetzt noch nach der "Befreiung Syriens" Interesse an einem Posten. Er rief die Aufständischen auf, ihren Kampf fortzusetzen, und drängte die Armee, ihre Waffen nicht gegen die eigene Bevölkerung zu richten. Das US-Finanzministerium hob indes die gegen Hijab verhängten Sanktionen auf, da er nicht länger der Regierung angehöre. Die Schweiz wiederum sprach gegen weitere 25 Syrer - vornehmlich hohe Militärs - Reiseverbote aus und fror deren Vermögen ein. Außerdem wurde drei weiteren syrischen Firmen verboten, in dem neutralen Land Geschäfte zu machen.

Iran kritisierte den Beschluss

Beim Vorbereitungstreffen zu einer OIC-Gipfel in Mekka stimmten am Dienstag die Außenminister der 57 Mitgliedstaaten mehrheitlich für die Suspendierung Syriens von der OIC. Laut OIC-Generalsekretär Ekmeleddin Ihsanoglu gab es einen "Konsens mit überwältigender Mehrheit". Der Iran kritisierte den Beschluss. Sonst stimmte nur Algerien gegen die Empfehlung. Syrien ist bei dem Treffen, das von Saudi-Arabiens König Abdallah berufen wurde, nicht vertreten.

Die UNO-Nothilfekoordinatorin Amos traf zu Gesprächen über die humanitäre Lage in Syrien ein. Sie wollte nach Angaben ihres Büros Syriens Außenminister Walid Muallem und Vertreter von Hilfsorganisationen wie den Präsidenten des Syrisch-Arabischen Roten Halbmonds treffen. Amos wolle über Möglichkeiten sprechen, wie die Leiden der Zivilisten verringert und "dringende Hilfen" auf den Weg gebracht werden könnten.

Nothilfe soll massiv gesteigert werden  

Das UNO-Welternährungsprogramm (WFP) teilte in Genf mit, dass es seine Nothilfe für Syrien massiv steigern wolle. Im Juli seien 500.000 Menschen mit Lebensmitteln versorgt worden, im August sollen es 850.000 sein, im September ein Million Menschen. 180 Millionen Dollar (146 Mio. Euro) würden dafür benötigt, doch seien erst 40 Prozent des Betrags finanziert.

Das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) berichtete von einem weiteren Anschwellen des Flüchtlingsstroms aus Syrien. 158.000 Flüchtlinge seien gezählt worden, doch dürfte die wahre Zahl viel höher liegen. Allein nach Jordanien dürften bis zu 150.000 Syrer geflüchtet sein, sagte UNO-Hochkommissar Adrian Edwards. Offiziell halten sich dort 46.000 syrische Flüchtlinge auf. In der Türkei wurden 60.000 Flüchtlinge gezählt, im Libanon 38.000 und im Irak rund 14.000. Jeden Tag meldeten sich 200 bis 300 Menschen neu beim UNO-Flüchtlingswerk.

Versorgung mit Lebensmitteln immer schwieriger

In der umkämpften größten syrischen Stadt Aleppo wird derweil die Versorgung mit Lebensmitteln immer schwieriger. Ärzte in einem provisorischen Krankenhaus berichteten, einige Menschen kämen eher wegen des Hungers und weniger wegen Verletzungen und Krankheiten. In der Stadt lieferten sich Rebellen und Regierungstruppen nach Angaben der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte erneut Gefechte.

Aus den Vierteln Seif al-Daula und Salaheddin seien Explosionen zu hören gewesen. Die Armee habe drei weitere Stadtteile beschossen. Der arabischsprachige iranische Fernsehsender Al-Alam berichtete, in Homs sei einer seiner Reporter von Rebellen entführt worden. Die ungarischen Sicherheitsbehörden berichteten, dass auch zwei ungarische Ex-Polizisten udn ein Trainer für Polizeihunde verschleppt worden seien. In diesem Fall war unklar, wer hinter der Entführung steckt.

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