Politik

Experten-Alarm: Gewalt im Jugendknast ist Alltag!

Heute Redaktion
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Mindestens vier Jugendliche sind heuer bereits in einer Haftanstalt vergewaltigt worden: Das hat das Justizministerium am Dienstag nach einem neuerlichen Fall in der JVA Gerasdorf bestätigt. Eine Studie des Ludwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte gemeinsam mit der Opferorganisation Weißer Ring zeigt jetzt sogar, dass Gewalt im Gefängnis an der Tagesordnung ist.

Mindestens bestätigt. Eine Studie des Ludwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte gemeinsam mit der Opferorganisation Weißer Ring zeigt jetzt sogar, dass Gewalt im Gefängnis an der Tagesordnung ist.

Jugendliche, die , hätten das bei ihrer Befragung erwähnt, sagte Barbara Unterlerchner vom Weißen Ring im "Ö1-Morgenjournal". Sie hat die Studie gemeinsam mit dem Boltzmann Institut durchgeführt und Jugendliche befragt.

Körperliche Übergriffe an Tagesordnung

Wie häufig sexuelle Übergriffe vorkommen, sei unklar. Sicher sei nur, dass es sich keineswegs um Einzelfälle handle, vielmehr stünden körperliche Übergriffe an der Tagesordnung. Auch mit der Hilfe für Jugendliche im Fall einer Gewalteskalation im Gefängnis scheint es nicht gut auszusehen: Sich zu beschweren widerspricht dem Ehrenkodex unter den Insassen, sagte Unterlerchner.

Wer Notknopf drückt wird "bestraft"

Und dann gibt es noch einen roten Knopf, den man drücken kann, wenn man bedroht wird - doch wer diesen Knopf drückt, bereue dies meist bitter. Denn dem drohten nachher Vergeltungsakte. "Also das ist keine sehr hilfreiche Situation aus der Sicht der Jugendlichen."

Experten fordern mehr Sport und Therapie

Die Vierer-Belegung pro Zelle müsste abgeschafft werden, fordern die Experten. Außerdem sollte man die Jugendlichen besser beschäftigen, es gebe zu wenig Sport und zu wenig Arbeitsmöglichkeiten, "gerade in der Untersuchungshaft, wo die Insassen unter großem Druck stehen, weil das Strafverfahren noch nicht abgeschlossen ist und ihnen eine unsichere Zukunft bevorsteht und sitzen den ganzen Tag in ihrer Zelle herum, sind frustriert über ihre Inhaftierung, haben nichts zu tun, sind auf sehr engem Raum gemeinsam, natürlich auch Jugendliche, die ein gewisses Gewaltpotenzial schon mitbringen."

Betreutes Wohnen als Lösungsansatz

Die Jugendlichen müssten auch besser auf das Leben außerhalb der Haftanstalt vorbereitet werden, so die Forderung der Jugendlichen selbst an die Politik. "Sie möchten mehr Gruppenaktivitäten, mehr Möglichkeiten mehr Sport zu betreiben, sie geben alle an, körperlich sehr unausgelastet zu sein, was natürlich die Aggressivität steigert, sie möchten mehr Betreuung durch Sozialarbeit, mehr Teilnahme an Anti-Gewalt-Training", sagte Unterlerchner.

Schließlich gehe es darum, dass die Jugendlichen wieder in die Gesellschaft integriert werden. Dies könne unter anderem dadurch gelingen, dass sie in betreuten Wohngemeinschaften untergebarcht werden statt in einem Gefängnis wie bisher.

Task-Force erarbeitet Neuerungen

Der Leiter der von Justizministerin Beatrix Karl (VP) eingesetzten Task Force "Jugend U-Haft" will "über den Sommer" Neuerungen erarbeiten, die für jugendliche Tatverdächtige zu Verbesserungen führen und im Idealfall ihre U-Haft vermeiden, jedenfalls verkürzen sollen. Das kündigte Michael Schwanda, Sektionschef für den Strafvollzug im Justizministerium, am Mittwoch an. Die geplanten Neuerungen will Schwanda "sehr rasch" umsetzen.

Nach den Vorstellungen Schwandas sollen zukünftig nach der Festnahme und Überstellung von Jugendlichen in eine Justizanstalt unverzüglich Vertreter der Jugendgerichtshilfe oder der Kinder-und Jugendanwaltschaft beigezogen werden. Sie sollen vor allem an den Einvernahmen der Beschuldigten durch den Staatsanwalt bzw. den Haft- und Rechtschutzrichter teilnehmen, der über die Verhängung der U-Haft entscheidet.

Nur mehr Zweier-Belegung in der Josefstadt

"Die Experten sollen bei den Befragungen die Organe der Justiz auf allfällige Verhaltensauffälligkeiten der Beschuldigten hinweisen", betonte Schwanda. Grundsätzlich strebt der Leiter der Task Force an, dass Verdächtige nach ihrer Festnahme vermehrt gegen gelindere Mittel auf freien Fuß gesetzt werden, "wobei wir dabei in Wien auf die Kooperation mit der Gemeinde Wien angewiesen sind". Schwanda möchte Möglichkeiten schaffen, jugendliche Straftäter bis zur Hauptverhandlung in betreuten Wohneinrichtungen bzw. im elektronisch überwachten Hausarrest unterzubringen.

Schwanda verwies darauf, dass in der Josefstadt auf Basis eines Erlasses des Justizministeriums vom 28. Juni für jugendliche Insassen inzwischen eine Zweier-Belegung in den Hafträumen, ein erweiterter Beschäftigungs-Betrieb und eine Beschränkung der Einschlusszeiten garantiert ist.