Wien

Experten fordern Umgestaltung von Dr.-Karl-Lueger-Platz

Angesprayt, beschädigt, kritisiert: Am Dr.-Karl-Lueger-Platz und dem darauf stehenden Denkmal für den Ex-Bürgermeister scheiden sich die Geister.

Claus Kramsl
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Die Experten empfehlen: Die Statue Luegers muss ihren ehrenden Charakter verlieren und vom Sockel des Denkmals entfernt werden.
Die Experten empfehlen: Die Statue Luegers muss ihren ehrenden Charakter verlieren und vom Sockel des Denkmals entfernt werden.
aufstehn.at

Das Denkmal für Dr. Karl Lueger – er war von 1897 bis 1910 Wiener Bürgermeister – sorgt seit Jahren für Kontroversen. Denn Lueger entwickelte Wien nicht nur zu einer modernen Großstadt, er war auch Antisemit. Zuletzt sorgte eine Aktion der Grünen für Aufsehen. Sie stellten dem Denkmal das Mädchen mit dem roten Mantel aus dem Hollywood-Film "Schindlers Liste" gegenüber – "Heute" berichtete.

Heute, Mittwoch, hat eine siebenköpfige Expertenkommission im Rahmen einer Pressekonferenz das Ergebnis ihrer Beratungen über die Zukunft des Dr.-Karl-Lueger-Platzes und des Lueger-Denkmals präsentiert. Sie besteht aus Experten aus den Bereichen Architektur, Kunst, Kultur und Zeitgeschichte. Initiiert wurde die Kommission von der zivilgesellschaftlichen NGO #aufstehn, der Expertenbericht wurde von engagierten Einzelpersonen schwarmfinanziert.

Mit diesen Empfehlungen richtet sich die Kommission an die Stadt Wien:

Der Dr.-Karl-Platz muss umgestaltet und umbenannt werden.

Die Statue Luegers muss ihren ehrenden Charakter verlieren und vom Sockel des Denkmals entfernt werden.

Stattdessen soll ein ein Raum geschaffen werden, an dem man sich kritisch mit der Vergangenheit sowie Antisemitismus und Rassismus im Heute auseinandersetzen kann.

Expertenkommission empfiehlt die Umgestaltung von Dr.-Karl-Lueger-Platz und Denkmal.
Expertenkommission empfiehlt die Umgestaltung von Dr.-Karl-Lueger-Platz und Denkmal.
aufstehn.at

Das sagen die Experten der Kommission:

Kein Platz für Antisemitismus in unserer Stadt!

“Seit Jahrzehnten warten wir auf eine politische Lösung zum Dr.Karl-Lueger-Platz. Es ist höchste Zeit, in aller Deutlichkeit zu zeigen, dass Antisemitismus in unserer Stadt keinen Platz hat. Den Worten der Stadt Wien müssen endlich Taten folgen. Mit unserer Empfehlung geben wir der der zuständigen Kulturstadträtin einen umfangreichen Handlungsvorschlag”, betont Jasmin Chalendi, Projektleiterin bei #aufstehn. Tausende Menschen hatten sich zuvor wiederholt an #aufstehn-Kampagnen zur Zukunft des Platzes und Denkmals beteiligt und EntscheidungsträgerInnen zum Handeln aufgefordert.

Wenninger: “Verdienste Luegers können nicht aufwiegen, was er als Hassprediger angerichtet hat”

Die Kommission empfiehlt, dem Denkmal seinen ehrenden Charakter zu nehmen und die Statue vom Sockel zu entfernen. “Die Verdienste des Bürgermeisters Lueger können nicht aufwiegen, was der Hassprediger Lueger und seine Schüler langfristig angerichtet haben. Diese simple Erkenntnis sollte sich auch in der öffentlichen Würdigung niederschlagen”, begründet Florian Wenninger, Leiter des Instituts für Historische Sozialforschung, die Entscheidung der Kommission.

Heindl: “Missstand an diesem Platz endlich beenden!”

“Besonders im öffentlichen Raum wird sichtbar, wem Ehrung zuteil geworden ist. Es gibt keinen demokratisch legitimen Grund, warum irgendein Platz einem Antisemiten Ehre gebieten sollte. Aber es gibt viele Gründe, diesen Missstand an diesem Platz endlich zu beenden. Und zwar nicht durch sanfte Kontextualisierung, etwa mit einer Tafel, sondern durch Entfernung der Figur Luegers und die Umgestaltung und Umbenennungen des Platzes”, so Kommissionsmitglied Gabu Heindl, Architektin und Stadtplanerin.

Turkof: “Statue ist Sammelort für Rechtsextreme und reale Gefahr für Jüdinnen und Juden”

“Die Statue stellt eine reale Gefahr für uns Jüdinnen und Juden dar, weil sie ein Sammelort für gewaltbereite Rechtsextreme ist, die sich mit dem Antisemitismus Luegers identifizieren”, betont Sashi Turkof, Präsidentin der Jüdischen Österreichischen HochschülerInnen. Vergangenes Jahr war es während einer Kunstinstallation bei der Lueger-Statue zu einer Störaktion der rechtsextremen Identitären gekommen. “Viele von uns versetzte das in einen Zustand der Angst. Wie kommen wir als Betroffene dazu, immer wieder damit konfrontiert zu werden?”, so Turkof.

Rathkolb: “Auch Gegenwart in den Blick nehmen”

“So wichtig der kritische Blick in die Vergangenheit ist, wir müssen auch in der Gegenwart ansetzen. Es liegt in unserer Verantwortung Mittel und Wege zu finden, um die antisemitischen Weltverschwörungsmythen, die gerade die digitalen Medien überschwemmen, aufzulösen und Antisemitismus, Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zurückzudrängen”, so Oliver Rathkolb, Professor für Zeitgeschichte. Mit der Umgestaltung des Platzes zu einem Ort der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und der Gegenwart soll dieser Verantwortung Rechnung getragen werden.

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    Das Mädchen mit dem roten Mantel, aus dem Film "Schindlers Liste", wird von den Grün-Politikern Alexander Hirschenhauser und Niki Kunrath vor dem Lueger-Denkmal in der Wiener City aufgestellt und enthüllt.
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