Wirtschaft
EZB druckt 1,1 Billionen frisches Geld für Europa
Die Europäische Zentralbank (EZB) startete am Montag ihre im Jänner angekündigte Geldschwemme. Die Notenbank gab außerdem Details zu dem neuen Kaufprogramm bekannt.
Die EZB öffnet nun die Schleusen und flutet die Märkte mit unglaublich viel Geld: 1,1 Billionen Euro wollen die Währungshüter bis mindestens September 2016 für Vermögenswerte ausgeben, vor allem für Staatsanleihen und andere Wertpapiere.
Die Preisentwicklung im Euroraum bereitet den Notenbankern Sorgen. Im Jänner und Februar sind die Verbraucherpreise auf Jahressicht jeweils gesunken. Deshalb befürchten die Währungshüter eine Deflation, also einen anhaltenden Preisrückgang quer durch die Warengruppen. Das könnte dazu führen, dass Verbraucher und Unternehmen Anschaffungen in Erwartung weiterer Preissenkungen verschieben und die Wirtschaft erlahmt. Dies will die EZB mit den Käufen verhindern: "Das Programm wird dazu beitragen, die Inflation wieder auf ein Niveau zurückzuführen, das mit dem Ziel der EZB im Einklang steht." Die EZB strebt eine Teuerungsrate von knapp zwei Prozent an.
Kauf von Wertpapieren
Die EZB plant weiters, Wertpapiere bei Banken oder Versicherern zu kaufen. So soll Geld ins Finanzsystem geschleust werden. Die EZB erwartet, dass das Programm den Unternehmen in ganz Europa helfen wird, leichter Zugang zu Krediten zu erhalten. Das werde die Investitionstätigkeit steigern, Arbeitsplätze schaffen und das Wirtschaftswachstum insgesamt stützen. Gekauft werden nur Papiere von guter Bonität. Im Moment ist ausgeschlossen, dass die EZB Anleihen Zyperns oder Griechenlands kauft.
Kritik an den Staatsanleihenkäufen
Der deutsche Bundesbank-Präsident Jens Weidmann befürchtet, dass der Reformeifer in Krisenländern nachlassen könnte - schließlich wird das Schuldenmachen billiger, wenn die EZB als großer Akteur auf den Plan tritt. Kritiker werfen der EZB zudem vor, sie finanziere letztlich Staatsschulden mit der Notenpresse. Das mache die Notenbank abhängig von den Staaten und gefährde ihre Unabhängigkeit.
Experten warnen zudem, dass dadurch Blasen an den Aktienmärkten entstehen können. Ähnliches gilt für Immobilienmärkte. Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret sieht die Gefahr, dass viele Anleger auf der Suche nach Rendite zu Vermögenswerten greifen, die sie bisher wegen deren Risiken gemieden haben: "Die Entstehung von Preisblasen wird damit wahrscheinlicher, und das könnte zu einem Problem für die Stabilität des Finanzsystems werden."
Euro verliert an Wert
Der Euro verliert wegen der lockeren Geldpolitik massiv an Wert gegenüber dem Dollar. Das hilft der Exportwirtschaft: Produkte "made in Germany" sind auf den Weltmärkten in Dollar billiger. Das kann die Konjunktur beflügeln. Allerdings: Für Verbraucher begrenzt der schwache Euro die Effekte gesunkener Ölpreise, weil Rohöl und Benzin international in Dollar gehandelt werden. Mit anderen Worten: Wäre der Euro stärker, wäre Sprit in Deutschland billiger. Und: Reisen in Nicht-Euroländer wie die Schweiz oder die USA werden teurer.
Was heißt das alles für Sparer?
Die Anleihekäufe haben keine direkte Auswirkung auf die Zinsen auf Sparbuch und Co. Allerdings dürfte die EZB die Leitzinsen nicht erhöhen, solange das milliardenschwere Programm läuft. Die Zeiten bleiben also noch eine ganze Weile hart für Sparer. Die Deutsche Kreditwirtschaft kritisiert schon länger, dass die Geldpolitik der EZB die Sparer belastet und die private Altersvorsorge gefährdet. Die Renditen auf Staatsbonds wie Bundesanleihen dürften hingegen durch die Käufe direkt weiter nach unten gedrückt werden. Das trifft Besitzer von Anleihen oder Anleger, die Geld in Anleihenfonds investiert haben.
Auch das Geld der Lebensversicherer steckt vor allem in Staatsanleihen. Hingegen profitieren Staaten. Auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble dürfte sich freuen: Die EZB erhöht die Nachfrage nach den Schuldpapieren, Deutschland kann sich noch günstiger Geld am Kapitalmarkt besorgen.