Skandal bei Wiener Wohnen

Fake-Aufträge, Schmiergeld: Gemeindebau-Mafia angeklagt

Scheinaufträge gegen Gutscheine für "Wiener Wohnen"-Werkmeister – das soll jahrelang wie geschmiert gelaufen sein. Der Schaden beträgt 170.000 Euro. 

Thomas Peterthalner
Fake-Aufträge, Schmiergeld: Gemeindebau-Mafia angeklagt
Korruption in den Wiener Gemeindebauten beschäftigt nun das Wiener Straflandesgericht. 
Sabine Hertel (Symbolbild)

So voll ist die Anklagebank am Wiener Landesgericht nur alle heiligen Zeiten: Gleich 53 Angeklagte nehmen am Montag (27.11.) wegen Bestechung vor dem Richter Platz – es geht um einen Schmiergeld-Sumpf in den Wiener Gemeindebauten, der nach langen Ermittlungen nun trockengelegt wurde. Der Gesamtschaden beträgt 170.000 Euro. Die Top-Anwälte Philipp Wolm, Manfred Ainedter und Norbert Wess übernehmen die Verteidigung. 

So lief das System – wie geschmiert

Der Hauptangeklagte (58) leitete verschiedene Handwerksbetriebe, nutzte ab 2011 eine Lücke im Meldesystem für Schadensfälle bei "Wiener Wohnen" aus. Schäden in den Wohnungen werden üblicherweise von Mietern gemeldet, doch in Kellern, im Stiegenhaus oder am Dachboden ist das nicht so. Der Hauptangeklagte ließ laut Anklage die eigenen Mitarbeiter auf Schadenssuche gehen und die Meldungen dann den zuständigen Werkmeistern zukommen.

Dies erteilten dann wiederum den Firmen des Hauptangeklagten Reparaturaufträge – im Gegenzug erhielten die Werkmeister Tankgutscheine, Vignetten oder Bargeld – im Wert von 50 bis 800 Euro pro Monat. Ein 57-jähriger Ex-Werkmeister von "Wiener Wohnen" soll alleine insgesamt sogar 15.000 Euro Schmiergeld in Form von Gutscheinen einkassiert haben. 

Schäden wurden nicht kontrolliert

Schadensmeldungen sollen auch gefälscht worden sein: Die angeklagten Werkmeister kontrollierten laut Anklage gar nicht, ob tatsächlich etwas kaputtgegangen war. Natürlich hätten die Verantwortlichen die Pflicht dazu gehabt, eine Schadensmeldung auch zu kontrollieren. In sogenannten Häuserlisten und Gutscheinlisten wurde alles dokumentiert – das erleichterte nun auch der Korruptionsstaatsanwaltschaft die Arbeit. "Es gibt ungewöhnlich viele Beweise für die Gewährung und die Annahme von Vorteilen", heißt es in der Anklageschrift.

"Bei Werkmeistern bedanken"

Ein Helfer des Firmenchefs gab zu Protokoll, man habe ihm gesagt, "dass man sich bei den Werkmeistern bedanken soll, eben mit Gutscheinen. Die Aufträge kamen dann herein. Ich habe geschaut, ob diese auf der Häuserliste standen. Es sollten ca. drei Prozent der Auftragssumme sein. Es hat langsam begonnen, ca. im Jahr 2010. Mir wurden die Listen vorbereitet und ich habe dann nur mehr die Werkmeister und die Gutscheine eingetragen."

"Reaktionen sehr positiv"

"Die Gutscheine wurden dann gekauft und in Kuverts gegeben. Ganz oben ist jeweils der Name des Werkmeisters gestanden. Ich habe mir dann Termine mit den Werkmeistern gemacht und ihnen vorbeigebracht.“ Die Reaktionen seien "sehr positiv" gewesen.

Auch leere Wohnungen wurden durch die Mitarbeiter des Hauptangeklagten "kontrolliert". "Die Werkmeister schrieben dann auf den Auftrag beispielsweise 'Silikonfugen erneuern, Scheiben kontrollieren', ohne dies genau zu spezifizieren", berichtet ein Angeklagter. "Dies war sozusagen ein Freifahrtsschein für uns. In diesen Wohnungen wurden dann die Silikonfugen ausgetauscht, wenn notwendig. Es wurde dann zusätzlich der Tausch von Fensterscheiben verrechnet, obwohl diese nicht ausgetauscht wurden."

"Wir machen gar nix, außer putzen eventuell"
Ein Verdächtiger
Schmiergeld-Prozess um Wiener Wohnen

Alles wurde in die Listen eingetragen, damit der Werkmeister seine Gutscheine bekam. Für die Arbeiten sei zuviel verrechnet worden. "Ich fand es anfänglich gut, dass es die Häuserlisten gab, da die Werkmeister selbst zu faul waren, die Gebäude auf Glasschäden zu kontrollieren", so der Angeklagte. "Wir machen gar nix, außer putzen eventuell", meinte ein anderer Verdächtiger ganz offen. Die beschuldigten Mitarbeiter von "Wiener Wohnen" machten größtenteils von ihrem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch oder bestritten die Vorwürfe. Für alle Verdächtigen gilt die Unschuldsvermutung. 

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Akt.