Österreich

Fall Kührer: Mediziner schließt natürlichen Tod aus

Heute Redaktion
14.09.2021, 15:46

Der Prozess gegen den 51-jährigen Wiener, dem die Staatsanwaltschaft Korneuburg den Mord an Julia Kührer vorwirft, stand am Freitag im Zeichen der Gutachter. Sechs Sachverständige haben ihre Expertisen in den Gebieten Gerichtsmedizin, Chemie, Brandtechnik und Molekularbiologie darlgelegt. Gerichtsmediziner Wolfgang Denk zufolge war Julia Kührer ein junges gesundes Mädchen.

Der Prozess gegen den 51-jährigen Wiener, dem die Staatsanwaltschaft Korneuburg den vorwirft, stand am Freitag im Zeichen der Gutachter. Sechs Sachverständige haben ihre Expertisen in den Gebieten Gerichtsmedizin, Chemie, Brandtechnik und Molekularbiologie darlgelegt. Gerichtsmediziner Wolfgang Denk zufolge war Julia Kührer ein junges gesundes Mädchen.

"Die Wahrscheinlichkeit, dass man als 16-Jährige ohne Vorerkrankungen plötzlich eines natürlichen Todes stirbt, ist gleich null", fasste er zusammen. Sie starb kurz nach ihrem Verschwinden. Die Leiche wurde im vorderen Bereich des Erdkellers am Grundstück des Angeklagten in Dietmannsdorf angezündet, dann in den hinteren Teil gebracht und eingegraben. Sichere Hinweise auf eine Vergiftung - etwa durch Suchtgift - ergaben sich nicht, hielt der Gutachter fest.

Abgebrochene Zähne

Die Todesursache konnte anhand der gefundenen Knochenreste nicht eruiert werden, da dies an einem Skelett grundsätzlich nicht möglich sei, erläuterte Denk. Festgestellt wurden aber Verletzungen am Kiefer: Ein Schneidezahn war abgebrochen, ein weiterer eingedrückt. Diese Verletzungen wurden laut dem Sachverständigen am wahrscheinlichsten durch einen Schlag gegen den Mund hervorgerufen. Nicht ganz auszuschließen sei, dass die Leiche hart an einer Kante aufschlug.

Verletzungen an der Wirbelsäule

Postmortal entstanden sind Knochenbrüche unter anderem am rechten Knöchel sowie Verletzungen an der Wirbelsäule - laut Denk erklärbar dadurch, dass der tote Körper zum Beispiel mit einer Schaufel bewegt wurde. Spuren im Erdreich - unter anderem Schwärzungen und eine erhöhte Eisenkonzentration - zeigten, dass die Leiche in einer Zeitspanne von wenigen Wochen bewegt wurde.

Denk schilderte die Auffindungssituation: Einige Knochen und der Schädel lagen frei, der Großteil des Skeletts befand sich unter der Erde. Weitere Knochen wurden bei Grabungen im gesamten Kellerbereich gefunden, vermutlich durch Nagetiere vertragen. Entdeckt wurden auch Gegenstände wie Buchreste und Kleidungsstücke.

Trauma am Oberkiefer

Gerichtsmediziner Christian Reiter, nach eigenen Angaben seit 35 Jahren mit forensischer Insektenkunde befasst, hat die Besiedelung der Leiche Julia Kührers durch Fliegen untersucht. Seine Schlussfolgerungen: Das oben erwähnte Trauma am Oberkiefer muss passiert sein, bevor die Leiche deponiert wurde. Zwischen Todeszeitpunkt und Verbrennung lagen zwei Tage bis zwei Wochen. Von den klimatischen Bedingungen her waren Fliegenaktivität und Larvenablage möglich. Aus den Spuren schloss Reiter auf ein Wachstum bei niederen Temperaturen. Im Keller hatte es etwa 15 Grad.

Keine Hinweise auf Drogen

Dem toxikologischen Gutachten von Günter Gmeiner zufolge haben sich bei den sterblichen Überresten von Kührer zunächst keine Hinweise auf Drogen oder wesentliche beeinträchtigende Substanzen gefunden. Eine weitergehende Analyse des Gehirnextraktes ergab einen Hinweis auf Metamphetamin "in ganz geringer Konzentration". Ein Konsum sei also nicht auszuschließen, ein einmaliger Konsum wahrscheinlich. Die Menge lasse aber nicht den Schluss zu, dass das Mädchen an einer Metamphetaminvergiftung starb, so Gmeiner. An sichergestellten Haaren waren Rußanhaftungen mikroskopisch nachweisbar.

Der Sachverständige untersuchte auch eine ebenfalls im Keller sichergestellte Red Bull-Dose und die Verpackung eines Schokoriegels auf Spuren von Substanzen eines Hypnotikums. Außer Rückständen des Inhaltsstoffes Koffein wurden keine sonstigen Wirkstoffe gefunden. Auf Fragen der Verteidigung meinte Gmeiner, eine Überdosis sei nie ganz auszuschließen.

Im Keller brannte es

Ein weiterer Gutachter berichtete, dass es eindeutige Spuren gebe, dass es im Keller des Angeklagten eindeutig einen Brand gab. Vermutlich ging ein Molotow-Cocktail hoch, der u.a. eine Pet-Flasche schmelzen ließ. Brandspuren wurden auch an einer Scheibtruhe festgestellt worden, mit der - nach Annahme der Staatsanwaltschaft - die Leiche an den Brandort gebracht worden war.

DNA-Spur des Angeklagten auf Decke

Auf einem der bei der Leiche gefundenen Deckenreste ist eine "eindeutige Spur zu Michael K." festgestellt worden, erklärte Molekularbiologin Christa Nussbaumer. Die diesbezügliche DNA-Analyse war vor einem Jahr in einer weiter verfeinerten Untersuchung gemacht worden, beschrieb sie die akribische Arbeit.

An sonstigen Gegenständen im Keller fanden sich keine verwertbaren Spuren, was angesichts der Zeit und der klimatischen Bedingungen (Feuchtigkeit) aber nicht verwundere, sowie auch nicht im Wohnhaus. Keine Spur zu Julia Kührer gab es auch in zwei untersuchten einstigen Fahrzeugen des Angeklagten. Einer der sichergestellten Zigarettenstummel war dem Ex-Freund zuzuordnen, sagte Nussbaumer auf Frage der Verteidigung.

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